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Bericht 9. Dezember 2007
Start von ATLANTIS auf Anfang Januar verschoben
Wieder versagt ein Füllstandssensor des Außentanks und verletzt die strikteren Startdurchführungskriterien - Zurückrollen des Startaufbaus in VAB zur Reparatur nicht ausgeschlossen

Die Hoffnungen, die Raumfähre ATLANTIS endlich zu ihrer wichtigen Mission zum weiteren Aufbau der Internationalen Raumstation loszuschicken, wurden heute erneut von einem von vier Niedrigfüllstandssensoren, oder ECO-Sensoren, zunichte gemacht, als er bei einem Funktionstest während des Befüllens des Außentanks mit superkalten Flüssigtreibstoffen versagte. Verantwortliche der NASA hatten am Samstag gesagt, daß sie nur, und zwar ausschließlich nur, mit dem Startvorbereitungen fortfahren würden, wenn alle vier Sensoren und die damit zusammenhängende Instrumentierung einwandfrei funktioniere, und so wurden heute um 13:25 Uhr MEZ die Startvorbereitungen offiziell abgebrochen.

Die Entscheidung kam von LeRoy Cain, dem Vorsitzenden des Missionsleitungsteams und Doug Lyons, dem Startdirektor für STS-122, etwa eine halbe Stunde nachdem das erneute Problem mit dem Sensor aufgetreten war.

Im Anschluß an die Besprechung der Missionsleitung um 15 Uhr wurde eine Pressekonferenz um 16 Uhr MEZ abgehalten, auf der der beigeordnete Administrator für Raumfahrtoperationen William Gerstenmaier, sowie LeRoy Cain und Doug Lyons den Beschluß verkündeten, den Start auf Anfang Januar zu verschieben.

Das Befüllen des Außentanks begann heute Mittag um 11:56 Uhr MEZ und um 12:48 Uhr wurde für den Wasserstoffbehälter vom langsamen in den schnellen Befüllmodus übergegangen. Wenige Minuten später berichtete die NASA über die zunächst guten Nachrichten.

Die Sensoren, die kurz zuvor von flüssigem Wasserstoff umspült worden waren, hatten alle korrekt ihre Anzeige von "trocken" auf "naß" umgeschaltet. Etwa 10 Minuten später führten die Ingenieure ihren ersten Funktionstest durch, bei dem die Sensoren gezwungen wurden, sich so zu verhalten, als ob ihre Umgebung plötzlich flüssigkeitsfrei geworden sei. Alle Sensoren schalteten zunächst richtigerweise von "naß" auf "trocken" um, was die Ingenieure mit einiger Erleichterung aufnahmen, da sie dieses Verhalten aufgrund von Erfahrungen bei früheren Starts erwartet hatten. Doch nur zwei Minuten später wechselte der Sensor Nr. 3 wieder von "trocken" auf "naß" zurück, exakt das Fehlverhalten, das er schon am Donnerstag gezeigt hatte.

Die Ingenieure fuhren zunächst mit dem Befüllen des Außentanks fort, um weitere Daten zu sammeln. Die Startdurchführungskriterien der NASA schreiben vor, daß drei der vier Sensoren richtig funktionieren müssen, damit ein Start stattfinden kann, doch am gestrigen Samstag hatten die Verantwortlichen des Shuttle-Programms erklärt, daß sie die Startkriterien dahingehend verschärft hätten, daß jegliches Problem bei auch nur einem einzigen Sensor augenblicklich zu einem Startabbruch führen werde. Und nach dem Sammeln weiterer Daten war dies exakt das, was auch geschah.

Während der Betankung am Donnerstag hatten drei Sensoren, einschließlich Nr. 3, nicht korrekt funktioniert, und so zum Abbruch des ersten Startversuchs der ATLANTIS geführt. Da das System nun als fehlerverdächtig gilt und da Reparaturen nicht bis zum dem Schließen des aktuellen Startfensters am 13. Dezember abgeschlossen werden können, verlangte die Missionsleitung, daß alle vier Sensoren und die damit in Verbindung stehenden Instrumente einwandfrei funktionieren müssen, damit der Countdown heute fortgesetzt werden kann.

Das Ziel der Mission der ATLANTIS ist die Lieferung des europäischen Labormoduls COLUMBUS zur Internationalen Raumstation, zusammen mit dem französischen ESA-Astronauten Léopold Eyharts, der den Expedition-16-Flugingenieur Daniel Tani ablösen soll.

Drei Außeneinsätze sind für die Mission geplant, um erstens COLUMBUS für das Ankoppeln an der ISS vorzubereiten, zweitens zwei Außenexperimente an seiner Hülle zu montieren und drittens einen nicht mehr benötigten Ammoniaktank zu erstezen, der für die Druckbeaufschlagung des Ammoniakkühlsystems der Station verwendet wurde. Der Stickstofftank und ein fehlerhafter Lageregelungskreisel sollen zur Erde mit zurückgenommen werden. Außerdem möchte die Leitung des Stationsprogramms die Mission gerne noch um einen weiteren Tag verlängern und einen weiteren Außeneinsatz einfügen, um das fehlerhafte Drehgelenk eines der Solarzellenmodule genauer zu untersuchen.

Dies ist aber abhängig von dem Füllstand in den Versorgungstanks des Brennstoffzellensystems der ATLANTIS beim Start. Da der Orbiter nicht mit dem neuen Station-zu-Shuttle-Stromtransfersystem (SSPTS) ausgerüstet ist, das es ihm erlaubt, seinen Strombedarf aus dem Versorgungssystem der ISS zu decken, während er an der Station angedockt ist, muß er dies mit seinen bordeigenen Brennstoffzellen gewährleisten und die Menge an Reaktanten in den Tanks bestimmt so über die maximale Dauer der Mission einschließlich der Sicherheitsmarge für Landeverschiebungen aufgrund von schlechtem Wetter oder technischen Problemen. Da bei der Countdowndurchführung die Brennstoffzellen bereits frühzeitig eingeschaltet werden, werden bei jedem Startversuch Wasserstoff und Sauerstoff aus den Versorgungstanks verbraucht, die dann im All nicht mehr zur Verfügung stehen. Ein Nachfüllen der Wasserstofftanks dauert üblicherweise zwei Tage; wenn auch die Sauerstofftanks nachgefüllt werden, drei Tage.

Dazu kommt, daß die NASA nur bis zum 13. Dezember Zeit hat, um die ATLANTIS vom Boden zu bekommen, da sonst die Raumstation während der gedockten Phase keine günstigen Winkel für ihre Solarzellenflächen in Bezug zur Sonne einnehmen kann, um genügend Strom zu produzieren. Das Startfenster öffnet sich wieder am 30. Dezember, aber jede Verschiebung über den 13. Dezember hinaus würde auf Anfang Januar hinauslaufen, um Probleme mit der Countdown-Software aufgrund des Jahreswechsels zu vermeiden.

Da die Ingenieure nicht zu allen mit den ECO-Sensoren zusammenhängenden Stromkreise auf der Startrampe Zugang hat, besteht durchaus die Möglichkeit, daß der STS-122-Startaufbau in das Montagegebäude zurückgerollt werden könnte, wo er vom Außentank abgenommen würde, um eine intensivere Untersuchung der problembehafteten Systeme durchzuführen. Aber bis zu diesem Augenblick ist dazu noch keine Entscheidung gefallen und derzeit prüfen die Ingenieure noch alle Optionen, die notwendigen Untersuchungen und Reparaturen noch auf der Startrampe auszuführen.

Die ECO-Sensoren sind Teil eines Notabschaltsystems, das dazu gedacht ist, einen unzureichend niedrigen Füllstand im Tank rechtzeitig anzuzeigen, um die Triebwerke abzuschalten, bevor die Turbopumpen statt Flüssigkeit nur noch Gas ansaugen. Da beim regulären Abschalten der Haupttriebwerke (MECO) im allgemeinen immer noch mehr als genug Treibstoff im Tank verbleibt, sollte dieses Notsystem nicht ansprechen, doch für den Fall, daß z.B. durch ein Leck mehr Wasserstoff verbraucht wird, als geplant, stellt es eine lebenswichtige Sicherung dar, die eine Katastrophe verhindern kann.

Nachdem die NASA bereits bei früheren Startkampagnen Probleme mit den Abschaltsensoren bekommen hatte, führte sie Flugregeln ein, die eine Fortsetzung des Countdowns ermöglichen, wenn drei der vier Sensoren korrekt funktionieren und gleichzeitig bestimmte Bedingungen erfüllt sind.

Aber die Ingenieure wissen noch immer nicht, was der Grund für die falsche "naß"-Anzeige während der Betankung am Donnerstag war, und warum später während des Entleerungsvorgangs ein dritter Sensor ebenfalls zu spinnen begann. Da das System als fehlerverdächtig anzusehen ist, hatte das Flugbesatzungsbüro vorgeschlagen, mit dem Start am Sonntag fortzufahren, wenn, und nur wenn, alle vier Sensoren normal funktionieren. Dies wurde von der Missionleitung als verbindliches Startdurchführungskriterium übernommen.

Als frühestmöglicher Starttermin wird jetzt der 2. Januar 2008 um 11:45 Uhr MEZ angepeilt.

Quelle: SpaceflightNow.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 9. Dezember MVII