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Bericht 17. Juli 2006
Bilderbuchlandung von DISCOVERY
Erfolgreiches Ende einer perfekten Mission - STS-121 setzt Zeichen für die Fortführung der Shuttle-Flüge und den Ausbau der ISS

DISCOVERY

landet
Oben: Die DISCOVERY unmittelbar nachdem das Bugrad auf der Landebahn aufgesetzt hat. Der Orbiter ist nach einer erfolgreichen 13-tägigen Mission wieder zurück auf der Erde. (Photo: NASA/KSC)
Über drei lange Jahre hat es seit dem Verlust der COLUMBIA gedauert, doch nachdem am Montag Nachmittag sechs Astronauten mit dem 100 Tonnen schweren Orbiter DISCOVERY sicher nach Hause zurückgekehrt sind, ist die Space Shuttle Flotte der NASA endlich wieder im Einsatz.

DISCOVERY und seine STS-121-Besatzung setzte nach insgesamt 202 Erdumrundungen um 15:14 Uhr MESZ auf der Landebahn 15 des Kennedy Raumfahrtzentrums auf und krönte damit eine höchsterfolgreiche 13-tägige Mission, die zweite von zwei Testflügen, die der COLUMBIA-Tragödie vom Jahr 2003 folgten.

"Der Wiedereintritt hat Spaß gemacht, es war wunderschön", berichtete STS-121-Kommandant Steven Lindsey den Flugleittechnikern nach der Landung.

Lindsey erzählte, daß das superheiße Plasma, das während des Wiedereintritts das Raumfahrzeug umströmte, der Besatzung eine tolle Show bot.

"Wir konnten das helle orangene Glühen über uns und die Erde unter uns sehen", sagte Lindsey. "Es war spektakulär. Wir konnten sogar den Mond durch das Plasma hindurch erkennen."

Die DISCOVERY war am 4. Juli zum ersten Start an einem Unabhängigkeitstag in's All aufgebrochen, nahezu ein Jahr nachdem mit der ersten Post-COLUMBIA Mission die Shuttle-Flotte wieder ihren Flugbetrieb aufgenommen hatte. Lindsey und seine Besatzung haben acht Tage an Bord der internationalen Raumstation verbracht, sie mit dringend benötigten Gütern und Experimenten versorgt, wichtige Reparaturen am Orbitalkomplex durchgeführt und neue Inspektions- und Reparaturtechniken für den Hitzeschutzschild der Raumfähre getestet.

"Wir haben das Gefühl, daß es gut gelaufen ist", meinte Lindsey am letzten Sonntag. "Alles, wovon wir hofften, daß es passieren würde, ist auch so passiert."

Zusammen mit Lindsey sind Shuttle-Pilot Mark Kelly und die Missionsspezialisten Lisa Nowak, Stephanie Wilson, Piers Sellers und Michael Fossum zur Erde zurückgekehrt. Die Astronauten haben ein siebtes Besatzungsmitglied, den deutschen ESA-Astronauten Thomas Reiter an Bord der ISS zurückgelassen, wo er die Expedition 13 Besatzung verstärkt.

Die NASA schätzt, daß die COLUMBIA-Untersuchung und die Bemühungen zur Wiederaufnahme der Shuttle-Fluge bis 2006 rund 2,3 Milliarden Dollar (ca. 1,84 Milliarden Euro) verschlungen haben.

"Ich denke, wir können mit dem Aufbau der Station fortfahren, und mit den Shuttle-Flügen, aber wir müssen weiterhin acht geben und aufmerksam bleiben", hatte Lindsey bereits vorher erklärt. "Wir dürfen niemals in unserer Wachsamkeit nachlassen."

Einwandfreie Mission

Beide

Besatzungen
Oben: Die Beiden Besatzungen von DISCOVERY und der ISS, die acht Tage gemeinsam gearbeitet haben. Vorne die Expedition 13 Besatzung aus Thomas Reiter, der deutsche ESA-Astronaut, der neu hinzugekommen ist, Kommandant Pawel Winogradow und Flugingenieur Jeff Williams. In der mittleren Reihe: Stephanie Wilson, Steven Lindsey und Lisa Nowak. Hintere Reihe: Piers Sellers, Mike Fossum und Mark Kelly. (Photo: NASA/JSC)
Seien es Missionsleiter, Ingenieure oder Flugleittechniker, alle sind sich einig, daß sie in der 25-jährigen Geschichte des Shuttle-Programms noch keine so sauber verlaufene Mission gesehen haben.

"Wir haben bei STS-121 [den Hitzschild] umfassender inspiziert, als bei jeder anderen Mission zuvor", erklärte Steve Stitch, NASA-Flugdirektor für den Wiedereintritt, und fügte hinzu, daß die Analysten keine Anzeichen für problematische Schäden an den hitzebeständigen Kacheln und Kohlefaserverbundwerkstoff-Segmenten gefunden hätten.

Dieses einwandfreie Gesundheitszeugnis wurde nach sehr intensiven Ingenieursleistungen ausgestellt, durch die so viel Schaumisolierung wie möglich von der Umhüllung des Außentanks weggenommen wurde, darunter eine große Leiste ähnlich derer, von der beim STS-114-Start im letzten Jahr ein großes Stück abgeplatzt war.

Ein etwas größeres Stück Isolierschaum, etwa koffergroß, war der COLUMBIA zum Verhängnis geworden, als es beim Start am 16. Januar 2003 vom Außentank abfiel und ein Loch in die linke Flügelvorderkante des Orbiters schlug. Der beschädigte Hitzeschild ließ beim Wiedereintritt heißes Gas in die Tragfläche eindringen, das diese schwächte und zur Zerstörung der Raumfähre führte.

Aber nach einer umfassenden Überholung der Außentanks (NASA-Programmdirektor Wayne Hale nannte es den größten aerodynamischen Umbau seit dem ersten Shuttle-Flug im Jahr 1981), kann die Weltraumbehörde nun einen nicht zu verleugnenden Erfolg verbuchen.

Der größte Teil an Isolierschaum, der während des Starts abgeplatzt war, hatte in etwa die Ausmaße eines Blatt Papiers, wog weniger als 30 Gramm und war in sechs einzelnen Stücken abgefallen, wie die NASA berichtete.

Neue Kameras, die an den Feststoffstartraketen angebracht worden waren, zeigten während des Aufstiegs nie dagewesene und atemberaubende Anblicke der Flügelvorderkanten und des kachelbewehrten Unterleibs der DISCOVERY, um jedwedes Schaumstück, das der Tank verlor, zu verfolgen. Ebenso scheinen Anstrengungen erfolgreich gewesen zu sein, um nervige Vögel von der Shuttle-Startrampe fernzuhalten, nachdem die DISCOVERY beim Start von STS-114 mit einem kollidiert war.

Sicherheitscheck
Oben: Nachdem der Orbiter zum Stehen gekommen ist, nähern sich NASA-Mitarbeiter in Schutzanzügen, und versuchen mit speziellen Meßgeräten giftige Substanzen aus der Antriebssektion des Shuttles aufzuspüren. Hintergrund ist ein winziges Leck in einem Hydrazintank einer Hilfskraftanlage, von dem man nicht weiß, ob dadurch Stickstoff oder das hochgiftige Hydrazin ausgetreten ist. (Photo: NASA/KSC)
"Ich hoffe, daß unser Vermächtnis sein wird, daß wir die Ziele, die wir uns für die Flüge nach COLUMBIA gesetzt hatten, erreicht haben", hatte Lindsey am Sonntag Reportern erklärt.

Die DISCOVERY hatte auf ihrer Mission insgesamt rund 12700 kg an Fracht zur ISS gebracht und über 2000 kg an Experimentenproben, nicht benötigter oder defekter Ausrüstung und Müll wieder zurückgebracht. Sellers und Fossum waren dreimal "vor die Tür getreten" und hatten auf ihren Außeneinsätzen das Schienenfahrzeug der Station, den Mobilen Transporter, repariert und wieder voll in Betrieb genommen, eine 30-Meter-Verlängerung des Robotarms als Plattform für Reparaturen am Hitzeschild getestet und Reparaturverfahren für Beschädigungen an Flügelvorderkantensegmenten demonstriert.

"Es gab eine Menge zu tun und haben hart gearbeitet, um es zu schaffen", meinte Fossum.

Eine der wichtigsten Lieferungen war der deutsche ESA-Astronaut Thomas Reiter, durch den die Besatzung der ISS zum ersten Mal seit Mai 2003 wieder auf ihre volle Personalstärke von Drei angehoben wurde.

In der Zwischenzeit arbeitete die ganze Besatzung zusammen, um eine genauestens abgestimmte Inspektion des gesamten Hitzeschildes der DISCOVERY mit Hilfe eines sensorbeladenen Auslegers, der am Ende des Robotarm angebracht wurde, durchzuführen.

Mark Polansky, der Kommandant der nächsten Mission der DISCOVERY, STS-116, die am 14. Dezember zur ISS starten soll, sagte in einem Interview: "Für mich war die erstaunlichste Sache, die Aufnahmen vom Start zu sehen, die ersten Bilder der Inspektion."

Ein Tor zur ISS öffnet sich

Die erfolgreiche Mission der DISCOVERY setzt den Startschuß für einen Marathon von Shuttle-Flügen zur ISS, um zuerst die Energieerzeugungssysteme der Station auszubauen und dann neue Module und Laboratorien anzubauen, die lange darauf gewartet haben, daß der Aufbau der Station fortgesetzt wird.

Als nächste Mission steht bereits die STS-115/ATLANTIS in den Startlöchern, deren Start zwischen dem 27. August und dem 5. September geplant ist und ein Tragwerksegment und ein 17,5-Tonnen schweres Solarzellenmodul zur ISS liefern soll. Eine weitere Raumfährenmission, die STS-116/DISCOVERY unter Polanskys Kommando wird ein weiteres Tragwerksegment liefern und das Photovoltaikmodul montieren.

"Jede Mission ist die wichtigste", meinte Polansky. "Jede Mission hängt vom erfolgreichen Abschluß der vorangegangenen ab ... das ist das aufregende daran."

Ein perfekter Tag

Besichtigungstour
Oben: Beim traditionellen Rundgang um die Raumfähre betrachten Steven Lindsey, Lisa Nowak, Mike Fossum, Stephanie Wilson, Mark Kelly (hinter Fossum) und Piers Sellers (neben Wilson) eine Stelle des Hitzeschildes an der Unterseite des Orbiters neben dem linken Hauptfahrwerksschacht. Hier hatte man auf Aufnahmen, die von der ISS aus gemacht wurden, einen hervorstehenden Spaltfüllstreifen entdeckt. (Photo: NASA/KSC)
Daß die Anstrengungen der Ingenieure von Erfolg gekrönt waren, zeigte sich auch Kommandant Lindsey bei dem traditionellen Rundgang um das Raumfahrzeug nach der Landung. "Ich habe noch nie ein so sauberes Raumfahrzeug gesehen, auf keiner meiner drei vorangegangen Flüge. Immer hatte die Unterseite eine Vielzahl von Löchern und Dellen aufgewiesen, aber heute kaum etwas davon", erklärte er auf der Pressekonferenz der Besatzung um 21 Uhr.

Für NASA-Administrator Michael Griffin war es ein perfekter Tag, "... den auch eine Pressekonferenz nicht trüben kann." Er meinte, daß die Modifikationen am Außentank, die der Flugsicherheit des Shuttles dienen sollten, sowie die verbesserten Hitzeschildinspektionstechniken offenbar ein enormer Erfolg gewesen seien. Aber die NASA-Ingenieure müßten noch eine umfassende Analyse durchführen, bevor eine abschließende Beurteilung gemacht werden könne, fügte er hinzu.

"Dies ist der sauberste Orbiter, den jemals irgendjemand gesehen hat", meinte Griffin. "Was dahintersteckt, müssen wir herausfinden. Ehrlich, wenn wir es wissen, sagen wir es ihnen."

Was die Sauberkeit des Orbiters angeht, hatte ein Reporter auch ein besonderes Anliegen. Er wollte von Pilot Mark Kelly wissen, ob das Stück Vogeldreck, das man während der Inspektion im Orbit auf der Flügelvorderkante entdeckt hatte, die Landung überstanden hatte. Kelly antwortete, "Als wir in das Mannschaftstransportfahrzeug übergewechselt sind, hatte ich mir vorgenommen, beim Rundgang um die Raumfähre danach zu schauen, aber dann habe ich es doch wieder vergessen."

"Es war in der Tat Mark, der das als erstes entdeckt hatte", erzählte Lindsey. "Er sah auf die Monitore und meinte auf einmal: 'Hey ist das nicht Vogeldreck da vorne?' Aber was daraus geworden ist, müssen sie später jemand anders fragen. Wir werden jetzt erst einmal zu unseren Familien zurückkehren."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 17. Juli MMVI