Bericht Samstag, 9. September 2006 |
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Perfekter Start von ATLANTIS
Nach mehrfachen Verzögerungen beginnt die Raumfähre ihre ISS-Montagemission - wieder Schaumabplatzer, aber keine Gefahr für Raumfahrzeug
ATLANTIS hob um 17:14:55 Uhr MESZ von der Startrampe 39B des Kennedy Raumfahrtzentrums ab, am letzten Tag seines Startplanungsfensters, das bereits bis zum letzten vertretbaren Termin ausgedehnt worden war. "Nun, Brent, es sieht so aus, als ob euer langes Warten ein Ende hat", meinteb NASA-Startdirektor Mike Leinbach zu Kommandant Brent Jett kurz vor dem Start. "Wir wünschen euch alle nur das beste Glück, alles Gute und wir sehen uns in zwei Wochen." "Danke, Mike, wir wissen diese Worte zu schätzen und auch die Mühen, die es gekostet hat, uns dieses Startfenster zu ermöglichen", sagte Jett und fügte hinzu, daß seine Besatzung und er vier Jahre und zwei Testmissionen abwarten mußten, um ihre Chance zur Weiterführung des ISS-Aufbaus zu bekommen. "Wir sind bereit, an die Arbeit zu gehen." Shuttle-Pilot Chris Ferguson und die Missionsspezialisten Joseph Tanner, Daniel Burbank, Heidemarie Stefanyshyn-Piper und Steven MacLean (letzterer von der kanadischen Raumfahrtagentur), waren zusammen mit Jett in die Umlaufbahn gerast. Die Astronauten der ATLANTIS bringen ein etwa 16 Tonnen schweres Tragwerksegment und Solarzellenflächen zur ISS; es ist der erste Montageflug seit dem COLUMBIA-Unglück im Februar 2003. An Bord der ISS warten Expedition 13 Kommandant Pawel Winogradow und die Flugingenieure Jeffrey Williams und Thomas Reiter auf die Ankunft des Shuttles. Der erfolgreiche Start ist der 116. einer Raumfähre und der 27. für die ATLANTIS.
Der heutige Start kommt nach einer Reihe von Verzögerungen, dessen letzte durch das Fehlverhalten eines der vier Niedrigfüllstandsabschaltsensoren am Boden des Wasserstoffbehälters im Außentank ausgelöst wurde. Dieser Sensor funktionierte nach Angaben von NASA-Verantwortlichen heute einwandfrei. Andere Startverschiebungen wurden durch einen Blitzeinschlag in die Startrampe, schlechtem Wetter aufgrund eines Tropensturms und einem Stromausfall bei einem Pumpenmotor, der die Kühlung einer der drei lebenswichtigen Brennstoffzellen des Raumfahrzeugs betreibt, ausgelöst. Das Brennstoffzellenproblem hat die Verantwortlichen dazu veranlaßt den Startversuch am 6. September abzubrechen, obwohl kein Verstoß gegen die Startkriterien vorlag. Eine arbeitsreiche Mission liegt vor den STS-115-Astronauten, angefangen bei den Aufnahmen des Außentanks, der kurz nach Erreichen der Umlaufbahn abgekoppelt wurde, einer Hitzeschildinspektion morgen, gefolgt vom Anlegen an der ISS am Montag und unmittelbar aufeinanderfolgenden Außeneinsätzen. "Das sind wahrscheinlich die arbeitsreichsten fünf Tage, die wir seit sehr langer Zeit hatten", meinte John McCullogh, der führende ISS-Flugdirektor für die ATLANTIS-Mission. Orbitale Baustelle
"Es ist ganz klar, daß wir uns mittendrin in der Montage der Internationalen Raumstation befinden", erklärte NASA's Shuttle-Programmleiter Wayne Hale zur STS-115-Mission und fügte hinzu, daß es erfrischend sei, wieder mit orbitalen Bauarbeiten beschäftigt zu sein. "Wir fliegen die Shuttles mit einer Absicht, nämlich Fracht zu transportieren, und diesen wunderbaren Forschungsaußenposten aufzubauen, damit wir einen Brückenkopf im All haben. Das ist wirklich der Zweck, warum wir hier sind." Sobald sie fertiggestellt sit, wird die Raumstation vier flügelartige Solarzellenflächen zur Schau stellen, rund 450 Tonnen Masse auf die Waage bringen und soviel Platz wie ein Haus mit fünf Schlafzimmern bieten. Von einem zum anderen Ende wird sie 106 Meter messen und damit die längste künstliche Struktur im All darstellen. "Der zukünftige Ausbau der Station hängt von der Möglichkeit ab, diese Erweiterungen mit Strom versorgen zu können", erklärte NASA-Astronaut Doug Wheelock, der zur STS-120-Besatzung gehört, die im nächsten Jahr mit der ATLANTIS einen wichtigen Verbindungsknoten an der Station ankoppeln wird. "Deshalb ist dies wirklich ein entscheidendes Bauteil in der Montagereihenfolge." Die Fertigstellung der 100 Milliarden Dollar teuren Station war vorübergehend auf Eis gelegt worden, als die NASA die Sicherheit der Raumfähren verbesserte und zwei Testflüge startete, um sich vom Verlust der COLUMBIA und ihrer siebenköpfigen Besatzung zu erholen. Die NASA will jetzt die Station in Zusammenarbeit mit 15 Partnernationen, darunter Kanada, bis September 2010 fertigstellen, wenn die drei übriggebliebenen Shuttles außer Dienst gestellt werden sollen. "Wir sind froh, da zu sein, wo wir jetzt sind", meinte Benoît Marcotte, Direktor für das Stationsprogramm bei der kanadischen Raumfahrtagentur CSA, die den Robotarm der ISS beigesteuert hat, vor dem heutigen Flug. "Wir sind froh, daß die Montage wieder aufgenommen wird." Mehr als 140 Außeneinsätze, drei davon geplant für STS-115, werden für die Fertigstellung der ISS durchgeführt werden müssen und ein Viertel der ausstehenden Shuttleflüge werden dem Ausbau des Orbitallabors gewidmet sein. "Es ist klar, daß dies die kompliziertesten Außeneinsatz- und Montageaufgaben sind, die jemals bisher durchgeführt wurden", meinte Wayne Hale. Aus der Sicht der NASA ist die Fertigstellung der ISS absolut notwendig für die USA, um ihr Ziel, mit Astronauten zum Mond zurückzukehren und weiter in das All vorzudringen, erreichen zu können. "Was wir wirklich tun, wenn wir die ISS aufbauen, ist, daß wir uns für den Mars und natürlich für den Mond vorbereiten", erklärte Michael Fincke, der selbst als Mitglied der Expedition 9 Besatzung sechs Monate an Bord der ISS verbracht hatte. "Persönlich glaube ich nicht, daß man auf dem Weg dahin auch nur einen dieser Schritte auslassen kann." Fincke fügte hinzu, daß die Anstrengungen zum Bau der ISS noch einen weiteren Nutzen haben, abgesehen von der Erkundung des Alls. Mit 16 Nationen, die an der Fertigstellung der riesiegen Raumststion mitarbeiten, ist das Projekt ein anschauliches Beispiel für internationale Zusammenarbeit. "Ich habe immer gesagt, daß es großartig ist, wenn Menschen auf diesem Planeten konstruktiv zusammenarbeiten und nicht destruktiv." Schaumabplatzer
Kameras, die am Außentank der ATLANTIS angebracht waren, dokumentierten zwischen vier und sechs Minuten nach dem Start zwei Schaumabplatzereignisse, von denen bei einem auch der Orbiter getroffen worden zu sein scheint, berichtete NASA-Astronaut Tony Antonelli, der als Kommunikator mit dem Raumfahrzeug fungiert, dem Kommandanten Brent Jett. Auf der Pressekonferenz um 22 Uhr MESZ berichtete Space Shuttle Programmleiter Wayne Hale, daß ein erster Blick auf die Videos und Bilder von ATLANTIS' Start tatsächlich sogar fünf Ereignisse gezeigt hatte, von denen aber nicht eines unter Verdacht stehe, den orbiter beschädigt zu haben. "Nicht nur, daß ich nicht alarmiert bin, ich bin richtiggehend erleichtert, nachdem ich dieses Video gesehen habe" erzählte er den Reportern am Kennedy Raumfahrtzentrum (KSC). Jedes Schaumereignis, das von einer Kamera mit Fischaugenobjektiv an der Spitze der 430 mm durchmessenden Flüssigsauerstoffleitung an der Außenseite des Tanks, die die Triebwerke der Raumfähre speist, registriert worden war, geschah nach der kritischen Marke von 2 Minuten 15 Sekunden nach dem Abheben. Vor dieser Marke können Teile schnell genug zurückgeworfen werden, um das Shuttle zu treffen und maßgeblichen Schaden zu verursachen. "Was wir bislang heute gesehen haben ist sehr gut", meinte hale. "Wir haben nichts von Konsequenz oder eines Berichtes würdig vor vier Minuten und 7 Sekunden nach dem Abheben gesehen." Vier Minuten und sieben Sekunden nach dem Start hatte das Shuttle bereits eine Höhe von 90 km überschritten (das ist rund neun mal höher, als die Reiseflughöhe eines Verkehrsflugzeug) und war nahezu im Orbit. "Alles was so spät abfällt, bleibt ohne Konsequenz bezüglich einer Beschädigung des Hitzeschutzsystems", fügte Hale hinzu. Die NASA hat ein waches Auge auf abfallende Scahumstücke seit ein großes Stück Isolierschaum beim Start der COLUMBIA den Hitzeschild an der Flügelvorderkante durchschlagen hatte, was zum Verlust des Orbiters und seiner siebenköpfigen Besatzung beim Wiedereintritt am 1. Februar 2003 geführt hatte. Folgende Ereignisse wurden von der Fischaugenkamera aufgenommen:
Es ist noch zu früh, um die Massen der einzelnen Bruchstücke zu bestimmen, aber weitere Videoaufnahmen von einer Kamera im Treibstoffleitungsanschlußschacht der ATLANTIS werden dabei helfen, Größen und Massen festzustellen. Mehr als 100 Kameras hatten den Start vom Boden und aus der Luft aufgenommen. Analysten werden durch diese Aufnahmen gehen, um auch andere wichtige Bereiche von Interesse herauszusuchen. In der Zwischenzeit übermittelte die STS-115-Besatzung Video- und hochauflösende Photoaufnahmen, die sie vom Außentank unmittelbar nach der Abtrennung angefertigt hatte zu den Flugleittechnikern. Dieses Handkameravideo schien bei der Übertragung auf NASA TV unscharf zu sein, aber die hochauflösenden Aufnahmen würden durchaus von Wert sein, erklärten die Shuttle-Verantwortlichen. Die STS-115-Astronauten werden am Sonntag auch eine detaillierte Untersuchung ihres Hitzeschildes mit einem sensorbestücktem Ausleger für den Robotarm durchführen. Abhängig vom Ergebnis dieser Untersuchung werden die Flugleittechniker entscheiden, ob der Mission ein weiterer Tag für eine genauere Untersuchung bestimmter Stellen hinzugefügt wird. "Natürlich bin ich voller Hoffnung, daß es keine Stellen gibt, wo wir noch einmal genauer hinschauen müssen, aber es ist im Augenblick noch zu früh, etwas dazu zu sagen", erklärte Hale. Quelle:
Space.com
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