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Artikel 28. Januar 2009
SPIRIT zeigt unerwartetes Verhalten
Marserkundungsfahrzeug führt Fahranweisung nicht aus - Ursache vermutlich fehlerhafte Beschleunigungsmesser

Marserkundungsfahrzeug 

SPIRIT
Oben: Das Marserkundungsfahrzeug SPIRIT in einer künstlerischen Darstellung (Abbildung: NASA/JPL-Caltech/Cornell Universität)
Das Team, das das Marserkundungsfahrzeug SPIRIT betreibt, plant einige diagnostische Tests, nachdem SPIRIT keine Bereichte über einige seiner Wochenendaktivitäten gesendet hatte, darunter eine Bestimmung seiner Orientierung nach einer nicht vollständig abgeschlossenen Tagesfahrt.

Am Sonntag, während seines 1800. Marstag, oder Sol, seiner ursprünglich auf nur 90 Sol angesetzten Mission, zeigten zurückgesendete Informationen von SPIRIT, daß das Fahrzeug seine Fahranweisungen für den Tag erhalten, sich aber nicht von der Stelle gerührt hatte. Dies kann aus vielen Gründen passieren, darunter auch, daß der Rover sich selbst als nicht fahrbereit einstuft. Aber SPIRIT zeigte noch andere, ungewöhnlichere Verhaltensauffälligkeiten an Sol 1800: SPIRIT hatte offenbar nicht seine täglichen Haupaktivitäten im nichtflüchtigen Speicher aufgezeichnet, dem Teil seines Datenspeichers, der auch erhalten bleibt, wenn seine Stromversorgung abgeschaltet ist.

Am Montag entschieden die Flugleittechniker von SPIRIT am Strahlantriebslabor (JPL) der NASA im kalifornischen Pasadena, den Rover anzuweisen, am Dienstag, den Sol 1802, die Sonne mit seiner Kamera zu finden, um so seine Orientierung exakt zu bestimmen. Daß er seine Orientierung nicht kennt, könnte nämlich eine der möglichen Erklärungen dafür sein, daß SPIRIT seine Fahrt am Wochenende nicht durchgeführt hat. Am Dienstag Morgen berichtete SPIRIT, daß er die Anweisungen ausgeführt und die Sonne auch tatsächlich gefunden hatte, aber nicht an der erwarteten Stelle.

"Wir haben noch keine gute Erklärung dafür, warum SPIRIT sich die letzten Tage so verhalten hat", erklärte Sharon Lautbach, Leiterin der Gruppe am JPL, die die Anweisungen für die Rover schreibt und überprüft. "Als nächstes werden wir jetzt diagnostische Aktivitäten anweisen."

Unter anderen möglichen Ursachen denkt das Team auch über eine Hypothese nach, die vorübergehende Effekte von kosmischer Strahlung auf die Elektronik sieht. Am Dienstag setzte SPIRIT jedenfalls seinen nichtflüchtigen Speicher offenbar wieder richtig ein.

Trotz des unerklärlichen Verhaltens des Fahrzeugs erklärte der Projektleiter für die Marserkundungsfahrzeuge, John Callas vom JPL, am Mittwoch: "Im Augenblick ist SPIRIT im normalen sequentiellen Steuerungsmodus, berichtet eine gute Verfassung und reagiert auf Anweisungen vom Boden."

Diagnostische Aktivitäten, die von SPIRIT am Donnerstag, 29. Januar durchgeführt wurden, grenzten danach die Faktoren ein, die zu dem unerwarteten Verhalten beigetragen haben könnten. Aber bis dahin gab es noch keine schlüssige Erklärung. SPIRIT ist in guten Zustand und reagiert weiterhin auf Anweisungen. Er hat Bilder von nahegelegen wissenschaftlich interessanten Objekten aufgezeichnet und zur Erde gesendet. Das Rover-Team plante für Freitag weitere Diagnosen von SPIRITS Trägheitsmeßsystem, einer Kombination aus Kreiselkompaß und Beschleunigungsmesser, das die Bewegungen und die Ausrichtung des Fahrzeugs mißt, durchzuführen. Man hoffte, daß SPIRIT am Wochenende seine Fahrt fortsetzen könnte.

Dies gelang. Am Samstag, 31. Januar, nachdem die Ingenieure mehr Zuversicht aus den diagnostischen Daten vom Donnerstag darüber gewonnen hatten, wie gut der Rover seine Orientierung bestimmt, wies man ihn an, seine Fahrt fortzusetzen.

SPIRIT fuhr rund 30 Zentimeter während seines 1806. Marstages, kam dann aber wieder zum Stillstand, nachdem sein rechtes Vorderrad, das sich nicht mehr dreht, an einen teilweise vergrabenen Stein stieß. Die Fahrer des Rovers bereiteten nun Fahranweisungen für Montag vor, daß SPIRIT in einer etwas anderen Richtung fortsetzen solle, um um den Stein herum zu kommen.

Der diagnostische Test am Donnerstag ermöglichte es zu ermitteln, wie genau SPIRIT's Beschleunigungsmesser die Orientierung oder Lage des Fahrzeugs messen können. Die Messungen von Sol 1805 zeigen nun, daß die Beschleunigungsmesser eine Meßabweichung von rund drei Grad aufweisen. Dies könnte erklären, warum SPIRIT am Sol 1802 die Kamera rund drei Grad abweichend von der tatsächlichen Position der Sonne ausgerichtet hatte. Dennoch zeigte der Test von Sol 1805 auch, daß der Kreiselkompaß des Rovers einwandfrei funktioniert, was die Ingenieure davon überzeugte, daß der Rover seine Fahrt sicher fortsetzen könnte. Nur die Kreisel werden für die Lageinformationen während der Fahrt benötigt.

Die diagnostischen Tests am Donnerstag überprüften auch mögliche Erklärungen dafür, warum SPIRIT an Sol 1800 seine Informationen nicht in den nicht-flüchtigen Speicher abgelegt hatte, so daß sie beim nächsten Herunterfahren der Roversysteme verloren gingen.

SPIRIT stößt Stein 

an
Oben: Ein Blick von SPIRIT nach vorne auf seine Fronträder am Sol 1806 zeigt, daß das Fahrzeug mit seinem rechten Vorderrad an einem Stein angestoßen ist, was die Automatik dazu veranlaßt hat den Fahrvorgang abzubrechen. (Photo: NASA/JPL-Caltech)
"Wir werden vermutlich keine Daten finden, die erklären können, was an Sol 1800 passiert ist, aber es gibt keine Anzeichen dafür, daß dies an den folgenden Sols erneut geschehen ist", meinte Jacob Matjevic vom technischen Team des Rovers am JPL. Eine Möglichkeit könnte sein, daß ein Treffer aus Kosmischer Strahlung SPIRIT vorübergehend in einen Modus versetzt hat, in dem kein Gebrauch von seinem Flash-Speicher gemacht wird. Das Team hatte diesen Modus vor fünf Jahren bewußt eingesetzt, und dabei sich nur auf den flüchtigen Speicher verlassen, um ein Problem mit der Speicheranlage zu lösen.

SPIRIT ist derzeit nördlich eines flachen Plateaus namens "Home Plate" ("Abschlagpunkt", Begriff aus dem Baseball; Anm. d. Red.). 2008 war er auf einem nördlichen Kurs am Rande von Home Plate unterwegs, so daß seine Solarzellen weiter zur niedrigstehenden Wintersonne ausgerichtet waren, und so möglichst viel Strom produzierten.

SPIRIT hat am 6. Januar 2009 Home Plate verlassen. Im Anschluß hat er überprüft, ob ein Fleck nahegelegener Erde, "Stapledon" genannt, eine hohe Konzentration an Silikaten enthält, wie ein silikatreicher Fleck, den SPIRIT im Jahr 2007 östlich von Home Plate entdeckt hatte. Die vorangegangene Entdeckung war als Indiz für eine frühere heiße Quelle oder einen Dampfschlot an dieser Stelle interpretiert worden. Eine Untersuchung mit SPIRIT's Alphateilchen-Röntgenspektrometer hatte die Silikatvorkommen in Stapledon bestätigt. Dies deutet darauf hin, daß die Umweltbedingungen, die die Silikate abgelagert hatten, nicht auf den vorher gefundenen Ort beschränkt waren.

SPIRIT war im letzten Jahr bereits in ernste Schwierigkeiten geraten, als ein Sandsturm seine Solarzellen soweit bedeckte, daß sie kaum noch Strom erzeugen konnten, um das Fahrzeug am Leben zu halten.


Quelle: Strahlantriebslabor der NASA (JPL) und

Quelle: Strahlantriebslabor der NASA (JPL)
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 4. Februar MMIX