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Artikel 23. Mai 2009
Obama nominiert Charles Bolden als neuen NASA-Administrator
Nominierung einhellig begrüßt - Chef in spe war selbst Astronaut und Shuttle-Kommandant

US-Präsident Barack Obama hat am Samstag Charles Bolden als neuen Administrator der NASA nominiert. Damit endet eine mehr als viermonatige Zeit der Spekulationen, in denen die NASA nur kommissarisch geleitet wurde.

Bolden im Gespräch mit Obama
Oben: Charles Bolden (rechts) beim Gespräch mit US-Präsident Barack Obama am 19. Mai im Roosevelt-Zimmer des Weißen Hauses. (Photo: Weißes Haus/Pete Souza)
Neben Bolden wurde auch Lori Garver zum stellvertretenden Administrator nominiert. Beide Nominierungen müssen erst noch vom zuständigen Kongreßausschuß bestätigt werden. Da aus entsprechenden Kreisen aber die Nominierung bereits einhellig begrüßt wurde, scheint die Zustimmung sicher zu sein.

Obama begründete seine Nominierung in seiner Erklärung mit folgenden Worten: "Diese talentierten Personen werden dabei helfen, die NASA auf einen Kurs zu bringen, der die Grenzen von Wissenschaft, Luft- und Raumfahrt und Weltraumerkundung im 21. Jahrhundert wagemutig noch weiter ausdehnt und die Lebendigkeit des amerikanischen Raumfahrtprogramms sicherstellt."

Obama hatte Bolden am Dienstag in das Weiße Haus eingeladen, um mit ihm die Nominierung zu besprechen, am selben Tag als die Astronauten der ATLANTIS das Weltraumteleskop HUBBLE nach einem fünftägigen Überholungsmarathon wieder in's All entließen.

Bolden ist ein früherer NASA-Astronaut, der dritte Afroamerikaner, der in's All geflogen ist und der erste, der das Space Shuttle kommandierte. Seine Karriere begann er als Kampfpilot mit über 100 Kampfeinsätzen während des Vietnamkrieges für das Korps der US-Marinelandungstruppen, das er im Jahr 2002 als Generalmajor verließ. In seiner Zeit von 1980 bis 1994 als NASA-Astronaut nahm er an vier Space-Shuttle-Missionen teil. Die erste als Pilot von STS-61C/COLUMBIA im Januar 1986, zusammen mit dem heutigen US-Senator von Florida Bill Nelson, zum letzten erfolgreichen Flug vor dem CHALLENGER-Unglück. Sein zweiter Flug, ebenfalls als Pilot, war STS-31/DISCOVERY im April 1990, bei der das Weltraumteleskop HUBBLE ausgesetzt wurde. Im März 1992 kommandierte er als erster Afroamerikaner die Raumfähre ATLANTIS auf der Mission STS-45 zur Erforschung der Erdatmosphäre, und ein viertes Mal flog er als Kommandant von STS-60/DISCOVERY im Jahr 1994 in's All, der ersten gemeinsamen russisch-amerikanischen Mission seit Apollo-Sojus im Jahr 1975. Auf dieser Mission war unter anderem auch Sergeij Krikaljow mit an Bord.

Lori Garver ist ein ehemaliger beigeordneter NASA-Administrator für Politik und Planung und ein Berater für Weltraumpolitik in der Obama-Wahlkampagne.

Unter NASA-Mitarbeitern und Kennern der Raumfahrtszene wurde die Nominierung von Bolden begrüßt. US-Senator Bill Nelson, ein früherer Astronautenkollege und Freund Boldens, hatte sich seit Monaten bei Präsident Obama für ihn eingesetzt. Nelson ist unter anderem auch Mitglied des Kongreßausschusses, der Boldens Nominierung bestätigen soll. Nelson erklärte gegenüber CBS News, "bei all den Problemen, denen sich der Präsident gegenübersieht, ist es sehr schwer, seine Aufmerksamkeit für diese eine kleine Behörde zu bekommen. Er wird es sicher von mir hören, aber er wird es dann auch aus seiner eigenen Regierung hören (nachdem Bolden's Nominierung bestätigt wurde). Und ich denke wir haben eine echte Chance zu den glorreichen Tagen zurückzukehren."

Nelson erklärte weiter, Bolden werde es mit "Budgetbeschränkungen, technischen Problemen, den übrigen Shuttle-Starts und der anhängigen Beendigung des Shuttle-Programms zu tun bekommen. Und mit der Erneuerung des Wunders, das uns die Weltraumerkundung bereitet, sowie damit sicherzustellen, daß die Mission des Präsidenten erfüllt wird.

Charlie ist die Art eines dynamischen Führers, nach der, wie ich denke, der Präsident gesucht hat, und ich weiß, daß er diese Herausforderungen mit vollem Elan annehmen wird."

Die Ankündigung der Nominierung Boldens als Kandidat für das oberste Amt der zivilen Raumfahrtbehörde kam vier Monate nach dem Ausscheiden des letzten Administrators Mike Griffin, einem Raketenwissenschaftler, der von der Bush-Regierung eingesetzt worden war, um die Außerdienststellung der Shuttles bis 2010 und die geplante Rückkehr zum Mond zu leiten.

Gegenüber CBS News erklärte Griffin, daß "der Präsident keine bessere Wahl hätte treffen können. Charlie Bolden ist ein erfahrener Pilot, Astronautenvetran und ein alter Freund. Er hat sein Leben in den Dienst für sein Land gestellt und unser Land wurde besser durch ihn. Die NASA wird in guten Händen sein."

Die Obama-Administration hatte sich schwer getan, einen akzeptablen Nachfolger zu finden, nachdem sie entschieden hatte, Griffin nicht zu bitten, auf seinem Posten zu bleiben, und hat Berichten zufolge mehrere Kandidaten in Betracht gezogen, bevor sie sich auf Bolden festlegte.

Weithin respektiert innerhalb der NASA für sein ingenieurstechnisches Verständnis, seine Führungsqualitäten und seine geradlinige Herangehensweise an schwierige technische Probleme, wurde seine Nominierung von Mitarbeitern der Raumfahrtbehörde weithin begrüßt.

Ich kann mir niemanden vorstellen, der eine bessere Wahl gewesen wäre, als Charlie", meinte Jay Honeycutt, der frühere Direktor des Kennedy Raumfahrtzentrums (KSC) in Florida. "Er weiß wie es ist, in's All zu fliegen und wie man sich in Washington durchnavigiert. Er hat gute Beziehungen zum Kongreß, ebenso wie zu den Leuten in der [NASA-]Administration."

Die NASA hat zur Zeit mit der Fertigstellung der Internationalen Raumstation während der letzten acht Space-Shuttle-Missionen bis Ende 2010 zu kämpfen. Zur selben Zeit versucht die Behörde ein neues Raketensystem für das Constellation-Programm der Bush-Administration zu entwickeln, das darauf abzielt, bis 2020 wieder Menschen auf dem Mond zu landen.

Die Constellation-Architektur sieht die Entwicklung einer unbemannten Schwerlastträgerrakete vor, der ARES 5, einem Mondlandefahrzeug und einer kleineren ARES-1-Trägerrakete, die die bemannten ORION-Erkundungsraumfahrzeuge in die Erdumlaufbahn bringen soll. Sie geriet allerdings unter Beschuß von Kritikern, die behaupten, daß alternative Raketensysteme schneller und mit geringeren Kosten entwickelt werden könnten.

Was das politische Bild noch verkompliziert, ist, daß das ARES 1/ORION-System, das die Raumfähren ersetzen soll, nicht vor 2015 einsatzbereit sein wird, was die NASA dazu zwingt, Sitze in russischen SOJUS-Raumfahrzeugen zu kaufen, um US-Astronauten zu und von der ISS zu transportieren. Griffin hatte den Kongreß wiederholt vor dieser "Lücke" gewarnt, aber die Geldmittel, die für eine Beschleunigung der Entwicklung von ARES 1/ORION benötigt würden, wurden niemals bewilligt.

Der erste Haushalt der Obama-Regierung unterstützte das Constellation-Programm im Allgemeinen und befürwortete die Außerdienststellung der Shuttles bis Ende 2010 und eine Rückkehr zum Mond bis 2020. Aber der Haushaltsentwurf für 2010, obwohl er er die Geldmittel in der unmittelbaren Zukunft für die NASA erhöht, kürzte die Ausgaben für die Jahre 2011 bis 2013 um $3,1 Milliarden. Sollten diese Geldmittel nicht wieder zur Verfügung gestellt werden, würde die Entwicklung der ARES 5 darunter leiden und die geplanten zukünftigen Mondlandungen würden sich verzögern, wenn nicht ganz gestrichen.

Anfang des Monats hatte Obama eine 90-tägige unabhängige Begutachtung des bemannten Raumfahrtprogramms angeordnet, die von dem früheren Vorstandsvorsitzenden von Lockheed-Martin Norman Augustine geleitet werden soll. Später diesen Sommer soll die Kommission Präsident Obama ihre Vorschläge vorlegen, wie am besten weiterzuverfahren sei. Abhängig davon, was die Augustine-Kommission feststellt, könnte einiges oder alles von den gestrichenen Geldern wieder in den langfristigen Haushalt der NASA zurückfließen.

Oder überhaupt nichts davon.

Trotz der unsicheren Aussichten meint Senator Nelson, daß er daran zweifle, daß Constellation eingestellt werde.

"Das wird nicht passieren", erklärte er gegenüber CBS. "Man wird nicht einfach vier Jahre Arbeit an der ARES wegwerfen. Darüber bin ich auch nicht besorgt. Ich denke, daß die Augustine-Kommission ARES [1] absegnen wird. Worüber ich wirklich besorgt bin, ist, in welchem Ausmaß die ARES 5 schnell entwickelt werden kann, so daß am Ende eine Mondlandung herauskommt und all das bis 2020. Und eine Menge davon hängt von der Augustine-Kommission ab.

Doch obwohl wir besorgt sind, daß die Zahlen in zukünftigen Haushalten kleiner ausfallen, bin ich dennoch optimistisch, das wir das wieder erhöhen können", meinte Nelson. "Ich denke, daß da Politik eine große Rolle spielen wird, weil Präsident Obama in 2012 wieder Präsidentschaftskandidat Obama sein wird, und ich denke Florida wird sehr wichtig sein. Florida wird dann größer sein und 29 Wahlmännerstimmen haben und ich denke ... sie werden uns Aufmerksamkeit schenken. Somit bin ich zwar besorgt, aber nicht in Panik wegen der kommenden Jahre."

Auch Honeycutt rät zur Vorsicht und meint: "Ich weiß nicht, ob irgendjemand diese ganze Sache in den Griff bekommt, aber wir werden sehen, was bei der Augustine-Prüfung herauskommt. Wenn sie den Kurs einigermaßen beibehalten können, dann kann Charlie gut damit leben."

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 24. Mai MMIX