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Artikel 8. Dezember 2010
DRAGON-Kapsel wassert nach erfolgreichem Flug im Pazifik
Bilderbuchstart für FALCON 9 und Fastpunktlandung für Raumkapsel - alle Ziele des Zertifizierungsfluges wurden von erster kommerzieller Wiedereintrittsraumkapsel erreicht

FALCON 9

Start
Oben: Der Start der FALCON 9 vom US-Luftwaffenstützpunkt Cape Canaveral. (Photo: SpaceX/Chris Thompson)
Die erste unbemannte Raumkapsel, die von dem millionenschweren Raketenbauer Elon Musk gebaut wurde, ist heute (8. Dezember 2010) zu seinem Jungfernflug in's All gestartet. Dies ist ein historischer Meilenstein für das private Raumfahrtunternehmen SpaceX und die kommerzielle Raumfahrtindustrie.

SpaceX' Trägerrakete FALCON 9, die die robotgesteuerte Raumkapsel DRAGON auf ihrer Spitze trug, hob um 16:43 Uhr MEZ von der Startrampe 40 des US- Luftwaffenstützpunktes Cape Canaveral ab. Die erfolgreiche Wasserung im Pazifik gut drei Stunden später machte SpaceX zur ersten kommerziellen Firma, die ein Raumfahrzeug aus der niedrigen Erdumlaufbahn intakt zurückgeholt hat.

Kurz nach dem Start, um 16:52 Uhr MEZ wurde die DRAGON von der zweiten Stufe der FALCON 9 getrennt und begann die Erde zu umkreisen.

"DRAGON ist in der Umlaufbahn", meldete ein Flugleittechniker.

"Großer Tag hier bei SpaceX", meinte SpaceX-Marketingdirektorin Emily Shanklin. "Sieht aus, als hätten wird einen großartigen Flug."

Der erfolgreiche Flug erfolgte, nachdem ein erster Startversuch um 15:06 Uhr MEZ nur knapp drei Minuten vor dem geplanten Start wegen eines falsches Computeralarms abgebrochen werden mußte.

MERLIN-Düse
Oben: Die aus einer hochschmelzenden Nioblegierung gefertigte Schubdüse des MERLIN- Triebwerks der Oberstufe glüht orangerot durch die Hitze der Abgase. (Photo: SpaceX)
Die Mission war der erste Flugtest der DRAGON- Kapsel und der zweite Start einer FALCON 9 Trägerrakete. Sie dauerte 3 Stunden und 20 Minuten und endete mit dem Wiedereintritt des Raumfahrzeugs in die Erdatmosphäre und der Wasserung an den drei Fallschirmen im Pazifik rund 800 km vor der Westküste Mexikos. Kurz nach der Wasserung berichteten die Verantwortlichen von SpaceX, daß der Flug ein Erfolg gewesen sei.

"Dies werde einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Raumfahrt darstellen, und den beginn einer neuen Ära ankündigen, in der private Unternehmen nun auch Raumfahrzeuge aus der Erdumlaufbahn zurückbringen können", meinte Elon Musk vor dem Start. "Die erfolgreiche Bergung der DRAGON verheißt auch Gutes für den zukünftigen Transport von Astronauten."

Das in Hawthorne, Kalifornien beheimatete Unternehmen SpaceX, kurz für Space Exploration Technologies, war von Elon Musk gegründet worden, der auch Mitgründer des Online-Bezahlsystems PayPal war. Musk ist außerdem der Geschäftsführer von Tesla, einer Firma, die Elektrofahrzeuge baut.

Bei dem spektakulären Start am Nachmittag trug die FALCON 9 die DRAGON-Kapsel bei ihrem Aufstieg in die niedrige Erdumlaufbahn. Die Kapsel wurde von der zweiten Stufe abgetrennt und vollführte zwei Erdumläufe, während der sie verschiedene Operation demonstrierte, darunter Telemetrie, Navigation und Manövrierfähigkeiten.

DRAGON

am Fallschirm
Oben: Die DRAGON-Kapsel sinkt nach dem heißen Wiedereintritt an ihren drei Fallschirmen dem Wasser entgegen. Der Flug war so präzise verlaufen, daß die Kapsel an einer Stelle nur wenige Kilometer vom zuvor geplanten Wasserungspunkt niederging. (Photo: SpaceX/Michael Altenhofen)
Vor dem Start hatte Musk angegeben, er rechne nur mit einem 60%-igen Erfolg. Nach der Landung hatten die Verantwortlichen erklärt, daß die Ziele des Fluges zu 100 % erfüllt wirden seien. Alan Lindenmeyer vom NASA-COTS-Programm erklärte später auf der Pressekonferenz, daß alle Punkte auf der langen Liste von durchzuführenden Aufgaben abgehakt werden konnten, womit er selbst nicht gerechnet hatte.

Er, Musk und andere hatten vor dem Start immer wieder versucht die Erwartungen zu drücken, indem sie sagten, daß dies nur ein Testflug sei und man immer mit Fehlfunktionen rechnen müsse. Wenn diese aufträten sei dies aber kein Fehlschlag, sondern zeige, wo noch Arbeit hereingesteckt werden müsse, was wichtige Ergebnisse für den weiteren Entwicklungsprozess seien.

So erklärte Musk, daß die Daten, die von der Kapsel beim Wiedereintritt geliefert wurden, zeigten, wo man den Hitzeschild noch reduzieren könnte, ohne die hohe Sicherheitsmarge zu verlieren. Man werde die Kapsel jetzt gründlich untersuchen, um herauszufinden, wo man noch Verbesserungen einführen kann, die die Kapsel leichter und effektiver machen.

Der Start war ursprünglich für den 7. Dezember vorgesehen gewesen, aber wegen zweier Risse in der Düsenverlängerung des Oberstufentriebwerks um 24 Stunden verschoben worden, um den Technikern Zeit zu geben, das Problem zu untersuchen.

DRAGON im Wasser
Oben: Die DRAGON dümpelt nach der Wasserung im Pazifik, während Bergungskräfte sie stabilisieren und sichern. (Photo: SpaceX/Michael Altenhofen)
Das Problem war schließlich dadurch gelöst worden, daß ein Mechaniker die aus einer hochschmelzenden Nioblegierung bestehende Düse einfach mit einer Handschere um mehrere Zentimeter gekürzt hatte, wie Musk berichtete. Tests, die am Dienstag durchgeführt wurden, hatten gezeigt, daß die Reaparatur erfolgreich gewesen sei.

Die FALCON 9 Trägerrakete ist nach Angaben des SpaceX-Datenblatts rund 55 Meter hoch und 3,6 Meter im Durchmesser. Die DRAGON-Kapsel ist zusammen mit ihrem drucklosen Zusatzladeraum über 6 Meter lang und hat eine Innenkabine mit einem größten Durchmesser von drei Metern.

Die DRAGON-Raumkapseln sind nach dem Lied "Puff The Magic Dragon" von der Gruppe Peter, Paul und Mary benannt, weil viele Kritiker der Ansicht waren, daß dies nicht möglich sei, wie Vertreter von SpaceX erläuterten. Die Trägerrakete FALCON 9 und ihr kleinerer Bruder FALCON 1 wiederum sind nach dem "Rasenden Falken" aus der Weltraumabenteuer-Filmserie "Krieg der Sterne" benannt, dem Schiff von Hauptfigur Han Solo.

Der heutige Testflug war auch der erste eines Unternehmens, das am Kommerziellen Orbitaltransportdienstprogramm (COTS) der NASA beteiligt ist. COTS wurde in's Leben gerufen, um die Entwicklung privater Raumfahrzeuge für den Transport von Frachten und Besatzungen zur Internationalen Raumstation zu stimulieren.

Vergleich

DRAGON Fracht und bemannt
Oben: Vergleich der unbemannten Frachtversion der DRAGON (links) mit der geplanten bemannten Version (rechts). Die Frachtkapsel besitzt unter der Druckkapsel noch einen externen Laderaum für Außenfrachten. Ganz links die FALCON 9 Trägerrakete, die die Kapseln in's All befördern soll. (Abbildung: SpaceX)
Im Rahmen des COTS-Vertrages hat die NASA SpaceX mit $278 Millionen (ca. €208 Millionen) für einen erfolgreichen Demonstrationstest eines Raumfahrzeuges und zugehöriger Ausrüstung gefördert, mit denen Fracht zur Raumstation transportiert werden kann.

Unabhängig davon hat SpaceX einen Vertrag im Gesamtwert von $1,6 Milliarden (ca. €1,2 Milliarden), um nach der Außerdienststellung der Raumfähren mit der DRAGON mindestens 12 Frachtflüge zur Raumstation durchzuführen. SpaceX plant diese Flüge zwischen 2012 und 2016 durchzuführen.

Die NASA hat auch einen $1,9 Milliarden (gut 1,4 Milliarden Euro) schweren Vertrag mit der im US-Bundesstaat Virginia beheimateten Firma Orbital Sciences Corp., die acht Frachtflüge mit ihrem unbemannten Raumfahrzeug CYGNUS auf TAURUS 2 Trägerraketen zur ISS durchführen sollen. Die Erstflüge dieser beiden Raumfahrzeuge sollen im Jahr 2011 erfolgen.

SpaceX will dieser Demonstration eine Reihe weiterer Testflüge folgen lassen, jeder mit mehr und mehr anspruchsvolleren Testzielen. Wenn die Anforderungen des COTS- Programms erfüllt werden, könnte SpaceX schon gegen Ende nächsten Jahres mit den Frachtflügen zur und von der ISS beginnen.

Letztlich hofft SpaceX auch einen Vertrag über die Entwicklung eines bemannten Raumfahrzeuges für den Transport von Besatzungen zur und von der Raumstation zu gewinnen. Dafür muß die DRAGON-Kapsel aber erst noch für den Transport von Menschen zertifiziert werden. Musk hatte aber bereits erklärt, daß die DRAGON von Anfang an auch unter dem Gesichtspunkt, einmal Menschen befördern zu sollen, konstruiert worden sei.

Hier würde SpaceX mit Lockheed-Martin konkurrieren, die an der ORION-Raumkapsel weiterbauen, die für das ursprüngliche Constellation-Programm der NASA für Flüge über die Erdumlaufbahn hinaus entwickelt worden war. Nach der neuen Richtung der NASA soll es jetzt nur noch dem Transport von Personen in die niedrige Erdumlaufbahn dienen.

Musk meinte auf der Pressekonferenz, daß die DRAGON bereits alles könne, was auch die ORION könne. Tatsächlich könne sie sogar Dinge, die die ORION nicht könne. So sei der Hitzeschild der DRAGON bereits in der Lage, auch die wesentlich höheren Wärmebelastungen, die bei einer Rückkehr vom Mond oder Mars beim Wiedereintritt auftreten, auszuhalten.

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 9. Dezember MMX