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Artikel 16. Februar 2011
Europäisches ATV JOHANNES KEPLER auf dem Weg zur ISS
Nach eintägiger Verspätung perfekter Start auf Ariane 5 ES - Raumfrachter soll am 24. Februar an der ISS anlegen

Start von Ariane V200 mit ATV2
Oben: Die Ariane 5 ES mit dem ATV-2 JOHANNES KEPLER hebt vom Weltraumbahnhof Kourou in Französisch Guyana in den Nachthimmel ab. (Photo: Arianespace)
Das auf den Namen JOHANNES KEPLER getaufte zweite automatische Transferfahrzeug (ATV) der ESA ist an Bord einer Ariane-5 erfolgreich in seine geplante niedrige Erdumlaufbahn gestartet. Das unbemannte Versorgungsfahrzeug soll wichtige Frachtgüter zur Internationalen Raumstation (ISS) bringen und während seiner knapp viermonatigen Mission von Zeit zu Zeit die Flugbahn der Station anheben.

Der Countdown für den Ariane-5-Start von Europas Raumflughafen in Kourou in Französisch-Guayana lief am Mittwoch, den 16. Februar um 22.50 Uhr MEZ (18.50 Uhr Ortszeit) ab.

Die Ariane mit ihrer mehr als 20 Tonnen schweren Nutzlast nahm anschließend ihre Flugbahn über dem Atlantik in Richtung Azoren und Europa ein. Eine erste, achtminütige Zündung des Oberstufentriebwerks brachte den Raumfahrzeugträger mitsamt ATV dann in eine um 51,6 Grad zum Äquator geneigte niedrige Erdumlaufbahn ein. Dies war die größte Nutzlast, die je mit einer Ariane in's All befördert wurde.

Für das ATV2 hat Arianespace die Trägerversion Ariane 5 ES eingesetzt, die speziell für den Start der europäischen Frachter entwickelt wurde. Diese Version besteht aus der kryogenen Standard-Ariane-5-Basisstufe und den Feststoffstartraketen, sowie der wiederzündbaren EPS-Oberstufe mit lagerbaren Treibstoffen. Dies war der zweite erfolgreiche Start dieser Trägerversion nach der ersten Mission von ATV1 JULES VERNE im März 2008.

Nach einem 42-minütigen ballistischen Flug wurde die EPS-Oberstufe des Trägers erneut für 30 Sekunden gezündet, um die Umlaufbahn in einer Höhe von 260 km zu stabilisieren. Nach 64 Minuten Flug konnte das unbemannte Versorgungsfahrzeug erfolgreich von der leergebrannten Oberstufe getrennt werden.

Kurz danach entfaltete JOHANNES KEPLER seine vier Solarzellenflächen. In den folgenden Stunden wurden erste Funktionstests vorgenommen, damit das ATV anschließend allmählich auf die Flugbahn der ISS angehoben werden kann.

Abwerfen der Startraketen
Oben: Gut zwei Minuten nach dem Abheben der Ariane-Trägerrakete wurden die beiden Feststoffstartraketen abgeworfen und fallen hinter die weiterfliegende Basisstufe mit der Nutzlast, dem ATV JOHANNES KEPLER, zurück. (Photo: Arianespace)
"Dieser Start findet inmitten eines reichlich gefüllten und immer wieder Änderungen unterworfenen Flugterminkalenders statt, mit dem das An- und Ablegen der verschiedenen Raumfahrzeuge - HTV, Progress, ATV und Space Shuttle - an bzw. von der ISS geregelt werden muss. Die Startplanung für das ATV wurde mit unseren internationalen Partnern im Oktober letzten Jahres festgelegt", so ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain, "und dank des Know-hows und des Engagements der europäischen Industrie und der Teams von Arianespace, der ESA und des CNES sowie unserer internationalen Partner konnte diese Planung auch eingehalten werden. Das ATV-2 ist eines von insgesamt 4 geplanten ATV-Missionen. Möglich gemacht wurde die Meisterung dieser weiteren Etappe durch technische Kompetenz und die politische Unterstützung der Mitgliedstaaten für die ESA und die internationale Zusammenarbeit. Jetzt erwarten wir mit Spannung das erfolgreiche Anlegen des ATV an die ISS."

"Mit dem ATV JOHANNES KEPLER leiten wir nun eine Reihe regelmäßiger Frachtflüge zur ISS ein", ergänzte Simonetta Di Pippo, ESA-Direktorin für bemannte Raumfahrt.

Die ESA bringt dabei zum ersten Mal eine spezielle Vorrichtung für noch in letzter Minute zu verstauende Fracht zum Einsatz. "Mit dieser neuen Funktion stellt das ATV einmal mehr seine für die Versorgung der Raumstation entscheidende Bedeutung unter Beweis", so Di Pippo.

"Zurzeit wird der für August 2011 geplante Abschluss der Integration des nächsten, EDOARDO AMALDI genannten ATV vorbereitet, während sich die ATV-4 und -5 bereits in der Fertigung befinden."Di Pippo bestätigte außerdem, "dass EDOARDO AMALDI innerhalb der nächsten 12 Monate gestartet werden soll. Die beiden anderen ATV sollen bis 2014 folgen."

Das zwar auf paralleler Bahn, jedoch deutlich unterhalb der in einer Höhe von 350 km befindlichen Raumstation fliegende ATV wird rund um die Uhr von dem eigens hierfür eingerichteten, von der ESA und dem CNES betriebenen ATV-Flugleitzentrum (ATV-CC) in Toulouse überwacht, das seine Arbeit gemeinsam mit den ISS-Missionsleitzentren in Moskau und Houston koordiniert.

In der kommenden Woche wird das ATV seine Umlaufbahn schrittweise anpassen, damit es am Donnerstag, den 24. Februar an der ISS anlegen kann.

Ein hochkomplexes Raumfahrzeug

Schnitt durch das ATV
Oben: Ein Schnitt durch das ATV zeigt seine einzigartigen Transportkapazitäten: Rechts im Bug befindet sich der druckbeaufschlagte Frachtraum, der die Versorgungsgüter für die Internationale Raumstation enthält. Im kleineren Mittelteil befinden sich Lagertanks mit Treibstoff und Gasen; der hintere Teil ganz links ist der Maschinenteil mit den Aggregaten, die das ATV für den selbständigen Flug im All benötigt, darunter die Triebwerksanlage, mit der das ATV auch die Bahnanhebungsmanöver der ISS ausführt, wie auch die Stromerzeugungsanlage mit den vier Solarzellenflächen. (Abbildung: ESA/D. Ducros)
Simonetta Di Pippo braucht keine Sondermanöver zur Demonstration seiner Funktionsfähigkeit mehr durchzuführen, wie das noch 2008 bei seinem Vorgänger, dem ATV JULES VERNE, der Fall war. Das ATV-2 wird gleich automatisch am russischen Servicemodul SWESDA ankoppeln, um so die ISS mit Fracht, Treibstoff und Sauerstoff zu versorgen.

Die ATV tragen zur Versorgung und Aufrechterhaltung des Betriebs des orbitalen Außenpostens bei, eine Aufgabe, die sie zusammen mit den russischen PROGRESS-Transportern und den japanischen H-II-Transferfahrzeugen, deren zweites Exemplar zurzeit an dem in Europa gebauten Verbindungsknoten Nr.2 angekoppelt ist, erfüllen.

Diese drei voneinander unabhängigen Versorgungssysteme ermöglichen eine sichere Logistikplanung, auch angesichts der von der NASA bis Ende dieses Jahres auslaufenden Space-Shuttle-Flüge.

Mit dem ATV ist der Raumfahrzeugträger Ariane seit dem 24. Dezember 1979 zum nunmehr 200sten Mal abgehoben. Davon entfielen 116 Flüge auf die Ariane 4 zwischen 1988 und 2003 und 56 Flüge auf die Ariane 5 seit 1996.

In ihren mehr als 30 Einsatzjahren haben europäische Trägersysteme insgesamt etwa 330 Nutzlasten in den Erdorbit und auch auf über diesen hinausgehende Flugbahnen gebracht. 31 davon wurden im Auftrag der ESA gestartet, darunter Sonden für interplanetare Forschungen, astronomische Observatorien, Wetter-, Fernerkundungs- und Kommunikationssatelliten und nicht zuletzt die ATV-Fahrzeuge zur Versorgung der Internationalen Raumstation.

Ein erster Startversuch der Ariane wurde gestern wegen der Fehlfunktion eines Volumenstromsensors abgebrochen. In der Folge wird auch der Start der Raumfähre DISCOVERY zur Mission STS-133 um einen Tag auf den 25. Februar verschoben, um der Besatzung der ISS zwischen dem Ankoppeln beider Raumfahrzeuge drei Tage Zeit zu geben.

Quelle: ESA Pressemitteilung Nr. 07-2011
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 17. Februar MMXI