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Artikel 2. Dezember 2010
Meteorit vom Mars kein Beweis für außerirdisches Leben
Neue chemische Erkenntnisse gewonnen - dadurch scheint Erforschung der Erdgeschichte viel weiter in die Vergangenheit als bisher möglich

Der Meteorit ALH84001
Oben: Der berüchtigte Marsfelsen, der angeblich Anzeichen über ehemaliges Leben vom Mars mit sich trug. Nach Jahren dreht sich die Diskussion um den Meteorit ALH84001 immer noch darum, ob uralte biologische Prozesse in dem Gestein nun bewiesen werden können oder nicht. (Foto: NASA)
Das, von dem einige behaupten, es sei in einem Meteorit vom Mars der Beweis für uraltes Leben, könnte neuesten Vorschlägen von Wissenschaftlern zufolge auch eine ganz einfache chemische Erklärung haben.

Diese Schlussfolgerung könnte auch etwas Licht in das Dunkel um die komplizierte Chemie bringen, die sich sowohl in der Atmosphäre des Mars wie auch der der Erde abspielt.

Über die Jahre auf dem Mars eingeschlagene Weltraumfelsen haben Trümmer von dem Planeten weg geschleudert, von denen einige auf der Erde gelandet sind. Einer dieser Felsen, der 3,9 Milliarden Jahre alte Meteorit ALH84001, enthielt kugelförmige, mikrometerkleine Karbonatpartikel, die dem Anschein nach kettenförmig angeordnet sind. Dies, so dachten einige, sei durch uraltes Leben auf dem Mars entstanden.

Nun haben Wissenschaftler aber eine neue Möglichkeit entdeckt, Karbonate ohne den Einfluss von biologischen Organismen auf der Erde herzustellen. Sie weisen nun auf die Möglichkeit hin, dass dieser Prozess wahrscheinlich auch auf dem Mars stattfindet.

Eine ungewöhnliche Art von Sauerstoff

Die Karbonate in ALH84001 verfügten über einen ungewöhnlich hohen Anteil des Isotops Sauerstoff-17. (Ein Sauerstoffatom hat in seinem Kern acht Protonen, und während die meisten Sauerstoffatome auch über acht Neutronen verfügen, sind es beim Sauerstoff-17 neun.)

Die Atmosphärenchemikerin Robina Shaheen von der Universität Kalifornien in San Diego hat auch auf der Erde anomal hohe Anteile an Sauerstoff-17 in Karbonaten entdeckt, die auf Staubkörnern, Aerosolen und Schmutz gefunden wurden. Dies deutete darauf hin, dass auf beiden Planeten ein und derselbe Prozess am Werk sein könnte.

Shaheen ermittelte, dass das Ozon in der Atmosphäre mit sauerstoffhaltigen Mineralaerosolen aus Staub und anderen Quellen wechselwirken könnte und sich daraus Wasserstoffperoxid und Karbonate bilden könnten, die die gleiche Sauerstoffisotop-Anomalie aufweisen. "Sie kam zu dem Schluss, dass die winzige Schicht an der Außenseite des Kerns die Stelle ist, an der diese ganze Chemie stattfindet", sagte der Forscher Mark Thiemens, ein Planetenwissenschaftler an der Universität Kalifornien in San Diego.

Shaheens Analyse der ALH84001-Karbonate kam zu dem Ergebnis, dass diese sich auf Aerosolpartikel in der uralten Marsatmosphäre gebildet haben könnten. Der PHOENIX-Lander der NASA hatte vor kurzem die Verbindung von Karbonaten mit Feinstaub in der staubigen Atmosphäre des Mars aufgespürt. "Wir denken, dass dies der gleiche Mechanismus sein könnte, der da an der Arbeit ist", äußerte sie.

Obwohl die Wissenschaftler meinen, dass die Karbonatpartikel in ALH84001 wahrscheinlich nicht biologischen Ursprungs sind, "bedeutet das nicht, dass Leben auf dem Mars unmöglich ist", warnte Thiemens.

Dieser chemische Prozess könnte nicht nur Licht in das Dunkel über die Vergangenheit und Gegenwart des Mars bringen, sondern auch über unseren Planeten. So nehmen zum Beispiel derzeitige Modelle über atmosphärische Prozesse auf der Erde an, dass die Vermischung großer Gasmengen untereinander die Chemie der Erdatmosphäre bestimmt. Diese neue Arbeit könnte ein Umdenken dieser Idee zur Folge haben, erklärten Wissenschaftler, ganz besonders im Hinblick darauf, dass die Erdatmosphäre aufgrund des Klimawandels immer wärmer und staubiger wird, was immer mehr Gelegenheiten dafür schafft, dass solche Arten von chemischen Prozessen in Aerosolen stattfinden können.

"Die chemischen Umwandlungen, die Aerosole durchmachen können, könnte sie zum Keim für Wolkenbildung werden lassen. Früher dachten wir, das ginge nicht, aber dass das nun doch für möglich zu halten ist, hat große Bedeutung für den Wasserkreislauf und die Regenwahrscheinlichkeit", erörtete Shaheen gegenüber Space.com.

Fenster zur Vergangenheit der Erde

Einige Forscher sagten, dass Wissenschaftler die Erdatmosphäre der Vergangenheit mit besonderem Blick auf die Sauerstoffmenge ebenfalls untersuchen könnten, indem sie Karbonate in Felsen untersuchen könnten, die hunderte von Millionen Jahre alt sind. Dies könnte ein Fenster zur frühen Erde öffnen und viel weiter in die Vergangenheit reichen, als die ca. 60.000 Jahre, die Wissenschaftler heutzutage anhand von Eiskernproben erforschen können.

"Wir haben eine neue Möglichkeit gefunden, die Erdatmosphäre für Zeiträume zu messen, die früher nicht möglich waren", äußerte Thiemens. "Was passierte mit den Ozon- und Sauerstoffmengen vor 65 Millionen Jahren zur Kreidezeit als die Dinosaurier und viele andere Lebensformen vom Massensterben betroffen waren? Wer starb zuerst? Verschwand die Nahrungskette vor den Dinosauriern? Was passierte vor 251 Millionen Jahren während des Perm-Trias-Zeitalters, der schlimmsten Zerstörung des Lebens auf der Erde, als 85% des Lebens verschwand und keiner weiß warum? Es gibt keine Aufzeichnungen darüber, was in der Atmosphäre passierte. Wenn man aber eine Aufzeichnung darüber finden kann, was mit den Sauerstoffmengen passierte, kann man solche Fragen beantworten."

Uraltes Karbonat könnte sogar Aufschluss über die Ursprünge komplexen Lebens geben, führte Thiemens weiter aus.

"Wenn man den Ursprung und die Evolution des komplexen Lebens verstehen will, ist der Sauerstoff der Hauptverdächtige", meinte Thiemens zu Space.com. "Die interessanteste Zeit, um auf Karbonate zu schauen, wäre so um die Zeit vor ungefähr 500 Milllionen Jahren, als die Erde komplett gefroren war. Vor dieser Zeit gab es außer Algen und Bakterien kein Leben. Danach jedoch trat all das Leben auf, das vom Sauerstoff abhängt, doch wie dies geschah, das ist immer noch unklar."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher

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letzte Änderung am 7. Dezember MMX