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Bericht 29. Dezember 2002
Shenzhou 4 von China gestartet
Lang erwarteter letzter unbemannter Testflug - erster bemannter Flug in 2. Hälfte 2003 - 2 US-Firmen der illegalen Technologiehilfe beschuldigt

Start von Shenzhou

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Oben: Der Start von Shenzhou ("Göttliches Gefährt") 4, auf einer Trägerrakete vom Typ Langer Marsch 2F vom chinesischen Raumfahrtzentrum Jiuquan in der Provinz Gansu. (Photo: Associated Press, CNN)
Nach Berichten chinesischer Nachrichtenagenturen hat China erfolgreich das unbemannte Shenzhou 4 Raumfahrzeug in den Weltraum geschossen, vermutlich ein letzter Rundumtest, bevor eine chinesische Besatzung im neuen Jahr in die Erdumlaufbahn startet.

Diese jüngste Mission bereitet China, als drittes Land nach Rußland in 1961 und den Vereinigten Staaten in 1962, den Weg in den höchstexklusiven Club der Nationen, die Raumfahrzeuge für den Transport von Menschen in's All befördern.

Dieses stetig wachsende Raumfahrtengagement Chinas wird in westlichen Ländern unterschiedlich aufgenommen. Während einige Analysten glauben, daß dies zu einer Eintrittskarte zur internationalen Raumstation für China führen könnte, raten andere zur Vorsicht gegenüber den Chinesischen Bestrebungen.

Laut staatlicher Presseorgane hob Shenzhou 4 auf der Spitze einer Langer Marsch 2F Trägerrakete um 17:40 Uhr MEZ am Sonntag, 29. Dezember 2002 vom wachsenden Satellitenstartzentrum Jiuquan in der nordwestchinesischen Provinz Gansu ab. Dies war der insgesamt 27. erfolgreiche Start einer chinesischen Trägerrakte in Folge seit 1996.

Bereits seit 1999 startet China diese Raumfahrzeuge vom Typ Shenzhou ("Göttliches Gefährt"), die bislang zwar noch unbemannt waren, aber in der Lage seien sollen, bis zu drei "Taikonauten" in die Erdumlaufbahn zu bringen, dort am Leben zu erhalten und sie ebenso sicher zur Erde zurückzubringen. Wie die chinesische Nachrichtenagentur am Jahresanfang mitteilte, ist nun beabsichtigt, den ersten bemannten Start mit Shenzhou 5 in der zweiten Hälfte des Jahres 2003 durchzuführen.

Für diesen Flug trainieren bereits seit einigen Jahren etwa 14 Personen, die aus Tausenden von Militärpiloten ausgesucht worden waren. Einige der Kandidaten für den ersten Raumflug hätten auch schon in Rußland trainiert. Vor dem Start von Shenzhou 4 sollen ein paar von ihnen zu Trainingszwecken die Raumkapsel bestiegen haben. Der Start wurde dann allerdings mit Puppen an Bord durchgeführt.

Laut früheren Berichten ist Shenzhou 4 mit neuer Such- und Rettungsausrüstung, sowie anderen Sicherheitseinrichtungen ausgestattet. Diese Ausrüstung soll in Hinblick auf den bevorstehenden bemannten Flug getestet werden. Außerdem haben die Chinesen, wie schon bei Shenzhou 3, mehrere Experimente an Bord, darunter 100 Pfingstrosensamen, die im All wachsen und blühen sollen. Chinesische Wissenschaftler wollen daran die Auswirkungen sowohl der Mikroschwerkraft, als auch der Strahlungsumgebung untersuchen.

Spekulationen

China hat in den letzten Jahren seine Personentransportraumfahrzeuge mit schnellen Schritten perfektioniert. Tatsächlich fliegen die Chinesen bereits ein Raumfahrzeug der zweiten Generation, verglichen mit den russischen und amerikanischen einsitzigen Raumkapseln, die in den 60er Jahren gestartet wurden.

In einer Abhandlung, die Guoting Wu vom Pekinger Institut für Raumfahrtsystemtechnik auf dem Raumfahrtweltkongress im letzten Oktober präsentierte, berichtete, er, daß chinesische Ingenieure einen neuen hitzebeständigen Wiedereintrittswerkstoff für Shenzhou entwickelt hätten, der eine 35%ige Verringerung im Gewicht bedeute, verglichen mit dem Material, das die Russen an ihren Sojus verwenden.

Noch bevor die ersten chinesischen Raumfahrer in's All aufbrechen, feilen die Raumfahrtstrategen des Landes bereits an den Plänen für eine eigene Raumstation, für eine neue Schwerlastträgerrakete und für Flüge über die Erdumlaufbahn hinaus. Auch ein mögliches Mondlandeprogramm sei im Gespräch.

Jetzt, da Shenzhou 4 die Erde umkreist, rückt der Moment näher, da China die Arena der Nationen mit bemannter Raumfahrt betritt und die Spekulationen mehreren sich, was denn die Absichten des Landes bezüglich der Raumfahrt im 21. Jahrhundert seien.

Einige Analysten sehen in dem schrittweisen Vorgehen Chinas den Versuch, die Tür zu Partnerschaften mit anderen raumfahrtbetreibenden Nationen zu öffnen. Die Kooperationen in der Raumfahrt haben nämlich eine lange Tradion als Beziehungsbarometer zwischen den Staaten.

China hat seit 1999 einen entscheidenden Fortschritt in der Technologie bemannter Raumflüge gemacht. Und berücksichtigt man die verbesserten politischen Beziehungen zwischen China und den USA als Folge der Anschläge des 11. Septembers 2001, wäre es nicht verwunderlich, China immer häufiger als teilnehmenden Partner an internationalen Raumfahrtprogrammen, wie der internationalen Raumstation, zu sehen.

Die Teilnahme an internationalen wissenschaftlichen Raumfahrtprogrammen könnte eine Vorstufe zu einem ausgedehnten bemannten Raumflugprogramm werden, bei dem chinesische Shenzhou-Kapseln sogar an der ISS anlegen könnten. China würde dadurch politisch viel gewinnen, während es die USA politisch nur sehr wenig kosten würde.

Chinesische Touristenflüge?

Auch die Möglichkeit, daß China Touristenflüge mit ihren Shenzhou Raumfahrzeugen anbieten könnte, wird von Analysten als realistische Möglichkeit gesehen. Bisher hat nur Rußland mit Dennis Tito und Mark Shuttleworth zahlende Privatleute in ihren Sojus-Taxis zur Internationalen Raumststion geflogen. Die dadurch erzielte zusätzliche Finanzspritze konnte die von Finanznöten arg gebeutelte russische Raumfahrtindustrie gut gebrauchen. Mit China käme dann aber ein Konkurrent auf dem Markt, der unter Umständen sogar die Preise purzeln lassen könnte.

Indes hatten andere Raumfahrtnationen, wie Japan und Europa, ihre Pläne für bemannte Raumfahrzeuge aufgegeben. Projekte, wie der europäische Raumgleiter Hermes oder das japanische Raumflugzeug Hope, wurden trotz riesiger bereits getätigter Entwicklungsinvestitionen gestrichen. Raumfahrer aus diesen Ländern fliegen dehalb seit jeher nur bei den Amerikanern und den Russen mit, wobei in jüngster Zeit gerade die Kooperation zwischen der ESA und Rußland wächst. So sind bereits auf zwei Taxi-Missionen europäische Wissenschaftsastronauten mitgeflogen und in 2003 sollen wiederum zwei mitfliegen.

Der militärische Faktor

Fortschritte im bemannten Raumfahrtprogramm Chinas sind aber nicht allein durch wissenschaftliches und zivilpolitisches Interesse motiviert. Auch die Militärtechnologie des Milliarden-Einwohner-Staates profitiert davon enorm und treibt die Entwicklung weiter voran. Das gesamte Raumfahrtprogramm ist darauf ausgelegt, auch Programme zur Entwicklung von Interkontinentalraketen und von U-Booten abschießbaren Raketen, sowie andere weltraumgestützte Verteidigungsprogramme zu unterstützen.

Daß dies Kooperationen mit Firmen anderer Länder schwierig gestalten kann, zeigt das jüngste Beispiel, bei dem das amerikanische Außenministerium, laut Washington Post vom 26. Dezember, den Elektronikkonzern Hughes, sowie den Luft- und Raumfahrtriesen Boeing beschuldigte, China illegal technologisch unterstützt zu haben. Hughes und Boeing wurden 123 Verstöße gegen die Waffenausfuhrbeschränkungsverordnung vorgeworfen, von denen jedes einzelne zu einer Geldstrafe von 500.000 Dollar führen kann, wenn auch noch überprüft werden muß, ob es sich bei allen Verstößen um voneinander unabhängigen Fälle handele.

Das US-Justizministerium hat bereits die Einleitung eines Strafverfahrens gegen Boeing und Hughes angekündigt.

In einem anderen Fall, bei dem dem Satellitenbauer Loral Space & Communications Ltd. ebenfalls Verstöße gegen die Verordnung vorgeworfen wurden, war es möglich, sich außergerichtlich zwischen dem Konzern und dem Außenministerium zu einigen. Loral zahlt 20 Millionen Dollar Strafe, von denen 6 Millionen eingesetzt werden sollen, um Verfahren zu entwickeln, durch die ein Verstoß gegen die Ausfuhrverordnung nicht so leicht geschehen kann.

Offiziell war man bei Hughes und Boeing bislang nicht bereit, die Beschuldigungen zu kommentieren. Die Washington Post zitiert aber einen Sprecher von Hughes dahingehend, daß man sich dort keines Verstoßes bewußt sei, und geglaubt habe, im Rahmen geltender Gesetze gehandelt zu haben.

Hughes und Boeing hätten den Angaben des Außenministeriums zufolge technische Daten an China weitergegeben, nachdem in 1995 und 1996 zwei chinesische Raketenstarts mit amerikanischen Satelliten an Bord fehlgeschlagen waren.

Bisherige Shenzhou Starts:

Shenzhou 1, 19. November 1999
Jungfernflug des Shenzhou Raumfahrzeugs. Das unbemannte Fahrzeug umkreist die Erde 14 Mal, bevor es am nächsten Tag in der inneren Mongolei niedergeht. An Bord Pflanzensamen, mit denen die Auswirkungen der Strahlungsumgebung in der Umlaufbahn untersucht werden sollen.

Shenzhou 2, 9. Januar 2001
Dieser Flug erweiterte die Fähigkeiten des Raumfahrzeuges. Mehr als 5 Dutzend Experimente waren in der Kapsel untergebracht. Nach einer Woche landete das Wiedereintrittssegment am 16. Januar in der inneren Mongolei, möglicherweise mit Problemen bei der Landung. Das vordere Orbitalmodul verbleibt im All, versorgt durch eigene Solarzellenflächen, und führt in den folgenden sechs Monaten verschiedenste Bahnmanöver aus.

Shenzhou 3, 25. März 2002
Mit an Bord sind diesmal mit Instrumenten bestückte Puppen und eine Reihe von Experimenten. Ähnlich wie bei dem Shenzhou 2 Flug bleibt auch diesmal das Orbitalmodul im All, während das Rückkehrmodul am 1. April an Fallschirmen in der inneren Mongolei niedergeht. Das Orbitalmodul umkreist die Erde bis November und wird dann in die Erdatmosphäre gesteuert.

Shenzhou 4, 29. Dezember 2002
Der geglückte Start ist vielleicht das Signal für den ersten bemannten Flug im 2. Halbjahr 2003.

Quelle: Space.com, cnn.com


letzte Änderung am 2. Januar MMIII