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Artikel 2. März 2009
China bereitet militärische Raumstation vor
Start fällt mit der Ausmusterung des Shuttles zusammen - auch größere Station für Langzeitaufenthalte ab 2020 geplant

Tiangong
Oben: So soll der Tiangong-Außenposten nach Vorstellungen der chinesischen Konstrukteure aussehen. Er besteht aus einem Druckmodul im vorderen Bereich, in dem die Astronauten sich aufhalten können, und einem Sevicemodul im hinteren Bereich mit Steuertriebwerken, Treibstoffbehältern, Solarzellen und Lebenserhaltungssystemen. (Abbildung: CNSA)
China beschleunigt auf aggressive Weise den Fortgang seines bemannten Weltraumprogramms, indem das Land eine 7,7 Tonnen schwere bemannte militärische Raumstation entwickelt, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 gestartet werden soll. Die Mission wird mit der Außerdienststellung der amerikanischen Raumfähren zeitlich zusammenfallen, die eine Pause in der bemannten Raumfahrt der USA bedeuten wird.

Das Projekt wird von der Abteilung für Allgemeine Bewaffnung der Volksbefreiungsarmee geleitet und bietet den Chinesen zwei separate Stationsentwicklungsprogramme.

Shenzhou 8, die erste Mission zum Außenposten, soll Anfang 2011 noch unbemannt fliegen, um die robotischen Andocksysteme zu testen. Nachfolgende Mission werden bemannt sein, um von den neuen Fähigkeiten des Druckmoduls des Tiangong-Außenpostens Gebrauch zu machen.

Bedeutenderweise gibt China offen zu, daß der Betrieb des Tiangong-Außenposten auch die Entwicklung von militärischen Weltraumoperationen und -technologien einschließt.

Auch die Tatsache, daß es mit der Nummer 1 versehen wurde, deutet darauf hin, daß China in den kommenden Jahren mehr als ein solches militärisches Weltraumlabor zu bauen plant.

"Die Abteilung für Allgemeine Bewaffnung der Volksbefreiungsarmee beabsichtigt noch in diesem Jahr die Arbeiten an den Systemen für die Tiangong-1 Mission abzuschließen", heißt es in einer offiziellen Verlautbarung der chinesischen Regierung zu dem neuen Projekt. Die Arbeiten an einem Bodenprototypen seinen nahezu beendet.

Die Konstruktion, die den Chinesen während der landesweit übertragenen Feiern zum chinesischen Neujahrsfest präsentiert wurde, besteht aus einem großen Modul mit einem Andocksystem, das die vordere Hälfte des Raumfahrzeugs einnimmt, und einer Servicemodulsektion mit Solarzellen und Treibstofftanks, die den hinteren Teil ausmacht.

Das Konzept ist ähnlich dem des bemannten Automatisierten Transferfahrzeugs der ESA.

Obwohl sie als Ziel für das Gewinnen von Erfahrungen beim Andocken und Wohnen im All dienen soll, zeigt die militärische Mission des Raumfahrzeugs offensichtliche Parallelen mit dem Bemannten Orbitallabor (MOL) der US-Luftwaffe, das 1969 eingestellt wurde, bevor eine bemannte Mission geflogen werden konnte. Die Ziele von MOL waren hauptsächlich Aufklärung und Technologieentwicklung.

Vorstellung von Tiangong
Oben: Während der landesweit übertragenen Feier zum chinesischen Neujahrsfest, wurdedas Modell des Tiangong-Außenpostens der Öffentlichkeit vorgestellt. (Photo: CNSA)
Während die amerikanischen Militärastronauten mit einer GEMINI-Raumkapsel auf ihren MOLs gestartet werden sollten, wird das chinesische Modul autonom betrieben und in regelmäßigen Abständen von chinesischen Astronauten besucht werden, um möglicherweise Aufklärungsphotos oder andere Sensordaten einzuholen. Zumindest ein unbemanntes Shenzhou-Raumfahrzeug war mit einer militärischen Weltraumaufklärungs-Abhörantennenanlage ausgestattet.

Zusammen mit dem Start des Außenpostens wird China mit der Serienproduktion der Shenzhou-Taxifahrzeugen beginnen, erklärte Zhang Bainan, der führende Shenzhou-Konstruktionsleiter.

Alle bisher gestarteten Shenzhous wurden als individuelle Einzelraumfahrzeuge für ein weites Anwendungsspektrum gebaut. Jetzt geht China aber zu einer Fertigungslinienproduktion über, um die Anzahl der Flüge zu erhöhen.

Zusätzlich zu den operativen Missionszielen haben die chinesischen Missionspläne auch einen massiven Propagandaeffekt im eigenen Lande und senden eine globale geopolitische Nachricht neben der abnehmenden US-amerikanischen Führung in der Raumfahrt.

Das Debut von Tiangong im Herbst 2010 und die Zunahme der chnesischer bemannter Flüge wird mit dem Ausklang des amerikanischen Space Shuttle Programms und der fünfjährigen Pause in den amerikanischen bemannten Raumflügen einhergehen.

Die erste bemannte ORION/ARES-Mission in die Erdumlaufbahn wird voraussichtlich nicht vor 2015 stattfinden und Flüge zum Mond nicht vor 2020.

In dieser Zeit kann China eine ganze Reihe von Missionen aufziehen, die jede Menge Aufmerksamkeit auf sich ziehen werden, während die Amerikaner, die mit Sojus-Kapseln der Russen starten müssen, nur wenig davon auf sich ziehen werden können, solange sie nicht in einen Notfall verwickelt werden.

Mit der Ankündigung von Tiangong gab es noch eine weitere Offenbarung, daß China nämlich zwei bemannte Raumstationsprogramme in der Entwicklung hat.

Zum einen die neue Tiangong-Reihe, die mit dem gleichen Trägerraketentyp gestartet werden kann, wie die Sojus-ähnlichen bemannten Shenzhou-Raumfahrzeuge, der Langer Marsch 2F.

Zum anderen eine größere 20-25 Tonnen Station in der Größenordnung der russischen MIR, die um 2020 mit einer neuen, Wasserstoff-Sauerstoff angetriebenen Langer Marsch 5 Trägerrakete in's All getragen werden soll.

Der Tiangong-Enzwurf ist für kürzere Aufgaben und begrenzte Übernachtungsaufenthalte in einer Druckumgebung in normaler Kleidung gedacht, während die schwerere chinesische Station, die erst in einigen Jahren gebaut werden soll, für längerfristige Aufenthalte ausgelegt sein wird.

Zusätzlich zum bemannten Raumfahrtprogramm hat auch das unbemannte chinesische Raumfahrtprogramm mit dem Mondorbiter Tscheng'e einen größeren Meilenstein erreicht.

Die Raumsonde hat erst vor wenigen Tagen ihre 16-monatige wissenschaftliche Mission beendet, als sie am 1. März ihre Triebwerke für ein Bremsmanöver zündete und schließlich um 9:13 Uhr MEZ auf der Mondoberfläche aufschlug.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 6. März MMIX