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Artikel 11. Juni 2002
ESA entwickelt schlauere Art im All zu reisen
Solarelektrische Antriebe können die Tür zu einer neuen Ära der Weltraumerkundung öffnen

Der Solarelektrische Antrieb (SEP) ist der neue Raumfahrtantrieb der ESA. Er verbrennt keinen Treibstoff wie chemische Raketenantriebe; stattdessen verwandelt diese Technik mit Solarzellen Sonnenlicht in Elektrizität und nutzt diese, um schwere Gasatome elektrisch zu aufzuladen und auf hohe Geschwindigkeiten zu beschleunigen. Diese treiben dann das Raumfahrzeug an. In einem chemischen Raketenantrieb wird durch die Verbrennung des Treibstoffes heißes Gas produziert, das im Vergleich zum Ionenantrieb viel langsamer ausgestoßen wird. Die hohen Geschwindigkeiten, mit denen die ionisierten Gase des SEPs das Triebwerk verlassen, machen diesen Antrieb erheblich effektiver, weshalb deutlich weniger Treibstoff benötigt wird.

Eine Ionenbetriebene Sonde
Oben: Eine Raumsonde mit einem solarelektrischen Antrieb auf Kurs zu einem der inneren Planeten unseres Sonnensystems. (Abbildung: ESA)
Solche Triebwerke sind schon lange das Thema von Science-Fiction Geschichten; jetzt hat die ESA dabei geholfen, sie zu wissenschaftlicher Realität werden zu lassen. Ein kleines Ionentriebwerk hebt zur Zeit den ESA-Telekommunikationssatelliten ARTEMIS auf seinen planmäßigen Orbit um die Erde und im Jahr 2003 wird der kleine Satellit SMART-1 mit einer Ariane vom Raumhafen in Kourou gestartet werden, und dann mit einem Ionentriebwerk bis zum Mond weiterfliegen.

Ionentriebwerke sind auch deshalb so bedeutsam, weil sie bislang für unmöglich gehaltene Missionen nun durchführbar werden lassen. Tatsächlich wird SMART-1 eine Manövriertechnik ausprobieren, bei der der Ionenantrieb zusammen mit der Schwerkraft des Mondes eingesetzt wird, eine Technik, die insbesondere für die Mission der Sonde BepiColombo, die im Jahr 2012 zum Merkur starten soll, wichtig sein wird. Giuseppe Racca, Projektleiter für SMART-1, erklärt, daß "mit chemischen Raketenantrieben kann man nur einen Vorbeiflug durchführen oder in einen sehr in die Länge gezogenen (elliptischen) Orbit um den Planeten einschwenken. Wenn man eine niedrige Umlaufbahn um den Merkur erreichen will und den Planeten wirklich beobachten möchte, dann kann man das nur mit einem elektrischen Antrieb machen."

Ebenso wie BepiColombo wird auch der Solar Orbiter, der von der ESA zur selben Zeit gestartet werden soll, ein Ionentriebwerk einsetzen. Diese Sonde wird den Antrieb benutzen, um aus der Erdbahnebene heraus auf hohe Breiten über der Sonne aufzusteigen, um diese zu studieren. Da sie nicht so viel Treibstoff mitschleppen müssen, bieten ionenbetriebene Raumfahrzeuge mehr Platz für wissenschaftliche Instrumente. Und da mit der Zeit die Technik die Dinge mehr und mehr verkleinert, werden auch die Instrumente kleiner und brauchen so weniger Platz und Masse, was die Effizienz weiter erhöht. Racca meint: "Solarelektrische Antriebe eröffnen einen Weg, das innere Sonnensystem zu erforschen, da man dort die Sonne hat, um sein Raumfahrzeug anzutreiben."

Weiter weg von der Sonne allerdings, wo das Sonnenlicht schwächer ist, wird eine andere Energiequelle, z. B. ein nuklearer Generator, benötigt. Dies wäre der nächste logische Schritt für diese Technologie, gemäß Racca. Er ist der Ansicht, daß "man damit bis zum Kuiper Gürtel und sogar noch weiter kommen kann." Der Kuiper (gesprochen 'Keuper') Gürtel erstreckt sich jenseits der Plutobahn und ist das Traumziel für viele Wissenschaftler, da er Kometen enthält, die seit der Entstehung des Sonnensystems unberührt geblieben sind. Hinter dieser Kometenregion ist das geheimnisvolle Reich der Magnetfelder und seltenen Gase, bekannt als der interstellare Raum, den die Astronomen liebend gern erforschen würden. Solarelektrische Antriebe würden eine solche MIssion möglich machen, denn ein Ionentriebwerk kann nahezu ununterbrochen laufen, so daß es schlußendlich jedes chemische Raketentriebwerk auf solch langen Flügen übertrifft.

"Elektrische Antriebe, einschließlich solarer und nuklearer Typen, werden uns wirklich erlauben, eine neue Ära der Erkundung des Sonnensystems eröffnen," schließt Racca.

Quelle: ESA-Science Artikel


letzte Änderung am 11. Juni MMII