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Artikel 21. August 2002
Smog auf Titan zeigt Wetterstrukturen
Saturnmond ist der einzige mit dichter Atmosphäre - Geheimnisse sollen bei Besuch von Cassini/Huygens gelöst werden

Titan
Oben: Titan auf einer Aufnahme der Voyager-Sonde. Deutlich ist die Atmosphäre zu erkennen, die die Oberfläche verhüllt. (Photo: space.com)
Ein Tag auf dem Saturnmond Titan ist nahezu 16 Tage lang, und an jedem einzelnen könnte man auf ihm einen Smogalarm mindestens der Stufe 3, wie in Los Angeles, ausrufen. Darüber hinaus bemühen sich die Wissenschaftler mehr Informationen über den geheimnisvollen Mond, der von einem globalen Schleier eingehüllt wird, in Erfahrung zu bringen.

Von Titan's hochfliegender Smoghülle weiß man inzwischen, daß sie sich im Laufe der Jahreszeiten verändert, und die Atmosphäre des Mondes muß ununterbrochen zirkulieren, wie Theoretiker annehmen, aber bisher waren die Astronomen noch nicht in der Lage, die Hülle zu durchdringen und festzustellen, was dort vor sich geht.

Sichere Antworten auf diese Fragen erwartet man in zwei Jahren, wenn die Raumsonde CASSINI Titan im Detail erkundet.

In der Zwischenzeit hilft eine neue Studie, die am 22. August in der Zeitschrift Nature veröffentlicht wurde, zu bestätigen, was Forscher längst vermutet hatten.

Einzigartiger Mond

Titan ist der einzige Mond in unserem Sonnensystem mit einer dichten Atmosphäre.

Wegen der großen Entfernung von der Erde, sind die Beobachtungsmöglichkeiten beschränkt und auch aufgrund der Tatsache, daß die Smogschicht die Oberfläche und selbst Wolken, die in mittlerer Höhe existieren, komplett verdeckt. Einige der besten Daten von Titan sind mehr als zwei Jahrzehnte alt und wurden von den Voyager-Sonden gewonnen.

Titan hat einen Durchmesser von 5150 km, ist damit größer als der Merkur und etwa halb so groß wie die Erde und wird unter den Monden im Sonnensystem nur noch von Jupiter's Mond Ganymed übertroffen.

Luftströmungen auf Titan
Oben: Wärmeunterschiede treiben Zirkulationsströmungen in der Titanatmosphäre von heißen sommerlichen Regionen zu kalten winterlichen Regionen an (schwarze gestrichelte Pfeile). Smogpartikel bilden dabei einen losgelösten Dunstschleier oberhalb der Atmosphäre. Beim Wechsel der Jahreszeiten und der Umkehrung der Zirkulationsströmung (weiße gestrichelte Pfeile) beginnen die Smogpartikel die Atmosphäre in niedrigerer Höhe zu durchqueren (durchgezogene Pfeile) und lassen dabei eine Lücke zur Dunstschicht darüber. (Abbildung: Nature)
Wichtigerweise ist Titan nicht groß genug, um die Art von komplexen, weiträumigen Windstrukturen, wie sie auf der Erde beobachtet werden, zu unterhalten, vermuten die Wissenschaftler. Riesige rotierende terrestrische Strukturen, wie Wirbelstürme, der Schlüssel, um überschüssige Wärme vom Äquator zu den Polen zu transportieren, wären zu groß, um einen praktischen Nutzen auf Titan zu haben.

Dennoch wissen die Astronomen, daß Titan, wie jeder Planet oder Mond, mehr Wärmestrahlung am Äquator als den Polen abbekommt, was zu einer ungleichmäßig erwärmten Welt führt, die irgendeine Art von Zirkulation hervorrufen muß. Die Vermutung liegt daher nahe, daß erwärmte Luft am Äquator aufsteigt, in großer Höhe zu den Polen driftet, dort abkühlt und absinkt, um dann am Boden zum Äquator zurückzufließen.

Man vermutet, daß dieser Prozess, der als meridionales Zirkulationsmuster bezeichnet wird, im Vergleich mit irdischen Zirkulationen langsam abläuft.

Titan's Atmosphäre

Mittels komplexer Zirkulationsmodelle, die auf irdischer Atmosphärendynamik basiert, hat ein Team von Theoretikern der Universität von Paris, geführt von Pascal Rannou, die Bildung, Entwicklung und Bewegung von Smogpartikeln in Titan's Atmosphäre verfolgt.

Die Wissenschaftler fanden heraus, daß die Idee der meridionalen Zirkulationsmuster und anderer interessanter atmosphärischer Rotationsmuster durch ihre Ergebnisse unterstützt wird.

Titan's Atmosphäre besteht hauptsächlich aus Stickstoff mit einer Spur von Methan und einer faszinierenden Sammlung von sogenannten organischen Molekülen, die wichtig für Leben sind. Obwohl dies nicht bedeutet, daß auf Titan Leben möglich ist, wird der Mond von Astrobiologen als eine Welt betrachtet, die sehr der frühen Erde ähneln könnte und deshalb einige Antworten bereit halten könnte, wie Leben entsteht.

Da die Schwerkraft von Titan nur etwa ein Siebtel der der Erde beträgt, mag es überraschen, daß es dort überhaupt so etwas wie eine Atmosphäre gibt.

Allerdings ist es dort kalt (die Oberflächentemperatur beträgt nur etwa -178°C), und kalte Dinge sind weniger geneigt, der relativ schwachen Gravitation zu entfliehen. Der atmosphärische Druck an der Oberfläche ist dafür etwa anderthalb Mal so groß, wie auf der Erde.

Wetterzyklus auf Titan
Oben: Ein Vergleich des Wetters auf Titan mit dem auf der Erde. Da auf dem Saturnmond die Sonneneinstrahlung einhundert Mal schwächer ist, als hier auf der Erde, wird das Wetter dort in erster Linie durch Wärme angetrieben, die bei Kondensationsprozessen frei wird. (Abbildung: Nature)
Hoch im Himmel Titans sorgt die Sonnenstrahlung für chemische Reaktionen, bei denen der Stickstoff und das Methan zerbrochen und in andere Stoffe umgewandelt werden. In geringerer Höhe können diese Stoffe dann als Saatkörner für Wolken dienen. Methan kondensiert an diesen Körnern aus, um dann als Regen oder Hagel auf die Oberfläche niederzufallen. Im allgemeinen sind Wolken auf Titan aber eine Seltenheit und der Niederschlag fällt eher schwach aus, wie andere Forschungsergebnisse gezeigt haben.

Smogverfolgung

Während der ganzen Zeit bilden große Moleküle in etwa 400 km Höhe eine losgelöste Schicht von dunstigem Smog (bestehend hauptsächlich aus Methan und Ethan), wie Robert Samuelson, Astronom der Universität von Maryland, erzählt, der zwar nicht an der Studie selbst beteiligt ist, aber für Nature eine Analyse darüber zusammenstellt.

"Der Smog und die organischen Gase auf Titan haben alle eine gemeinsame Charakteristik," erklärt Samuelson, der auch für das Goddard Raumflugzentrum der NASA arbeitet. "Beides wird in einer größeren Höhe geboren, als es dann letztlich stirbt."

Rannou und seine Kollegen benutzten diese Smogmoleküle als Anzeiger für die Bewegung der gesamten Atmosphäre und stellten so ein numerisches Modell zur Verfügung, das das unterstützt, was die Theoretiker und die wenigen beschränkten Beobachtungen vermuten ließen.

Die Smogpartikel bleiben intakt, während sie sich vom Äquatorgebiet zu den Polen bewegen und bilden dabei die hohe globale Hülle. An den Polen sinken sie ab und formen eine ringförmige Kappe, die von Voyager 2 beobachtet worden war.

Als nächstes: CASSINI

Samuelson schreibt aber auch, daß einige Aspekte von Rannou's Modell mit aktuellen Beobachtungen nicht übereinstimmen.

Ein vollständigeres und genaueres Verständnis über Titan könnten wir bekommen, wenn im Jahr 2004 CASSINI am Saturn ankommt. Die gemeinsame Mission von NASA und ESA wird eine Sonde mit Namen HUYGENS in die Atmosphäre Titans absetzen, um für kurze Zeit Wind, Temperaturen und mit etwas Glück auch Bodenbedingungen zu erkunden. In der Zwischenzeit wird CASSINI den Mond aus der Höhe mit Instrumenten, die viel fortschrittlicherer Technologie entspringen, als die der Voyager Sonden, studieren.

Samuelson und andere Wissenschaftler erwarten deshalb, daß die Mission neue Daten zur Verfügung stellen wird, die helfen werden, das geheimnis um das Titanwetter zu entschleiern.

Quelle: Space.com


letzte Änderung am 29. August MMII