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Artikel 20. Dezember 2009
Mondsonde mit reichen Ergebnissen nach sechs Monaten
LRO entdeckt unbekannte Strahlungsquelle und tiefste Temperatur im Sonnensystem auf dem Mond

LRO
Oben: Eine künstlerische Darstellung vom Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) in der Mondumlaufbahn. (Abbildung: NASA)
Eine NASA-Raumsonde, die den Mond umkreist, hat eine unerwartete lunare Strahlenquelle entdeckt und den vermutlich kältesten bekannten Ort im Sonnensystem aufgespürt, gaben Wissenschaftler in der Woche vor Weihnachten bekannt.

Der Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) der NASA war im Juni am Mond angekommen, auf einer Mission, den Erdtrabanten zu kartographieren und nach geeigneten Landestellen für zukünftige bemannte Expeditionen zu suchen. Sieben wissenschaftliche Instrumente an Bord des Orbiters lieferten außerdem den Forschern unschätzbare Daten.

Die hochauflösende Kamera des Orbiters, LROC genannt, hat bereits Bilder von allen sechs Apollo Landestellen aufgenommen und dabei die Hinterlassenschaften und die Spuren der Astronauten auf der Oberfläche gesichtet.

Die Kamera soll auch 50 potentielle Landestellen auf dem Mond beobachten und den wissenschaftlichen Wert und die Topographie an den Stellen für die Missionsplaner auf der Erde bestimmen. Die Verantwortlichen müssen sorgfältig die Anforderungen an Forschung und Technik für die zukünftigen Mondlandemissionen abwägen.

"Was wir in den LROC-Bildern sehen hat nicht nur Wert für Erkundung und Wissenschaft, es gibt auch eine Menge natürliche Schönheit auf dem Mond", meinte Mark Robinson, hauptverantwortlicher Wissenschaftler für LROC an der Staatsuniversität von Arizona.

LRO wird während des ersten Jahres seiner Mission von der Abteilung für Exploration der NASA verwaltet. Das Direktorat für Wissenschaftliche Missionen wird im nächsten Jahr den Betrieb übernehmen, aber das Raumfahrzeug liefert bereits eine Schatzkiste für die Wissenschaftler zurück.

"Dies ist ein echtes Beispiel dafür, wie die Erkundung Forschung ermöglicht und die Forschung Erkundung vorantreibt", meinte Michael Wargo, der leitende Mondwissenschaftler am NASA-Hauptquartier in Washington, D. C..

Apollo 11 Landestelle
Oben: Die Landestelle von Apollo 11, aufgenommen von LRO, zeigt die Hinterlassenschaften der Astronauten und ihre Spuren im Mondstaub. (Photo: NASA/GSFC/Arizona State University)
Der Strahlungsdetektor des Orbiters soll die Bedrohung charakterisieren, die kosmische Strahlung und energiereiche Partikeln für Astronauten auf dem Mond darstellen. Das Instrument wertet aus, wie sich Plastik, analog zu menschlichem Gewebe, verhält, wenn es der Strahlung ausgesetzt wird, wie Harlan Spence, der hauptverantwortliche Wissenschaftler für das CRaTER-Instrument an der Universität Boston erläuterte.

Wissenschaftler nutzen Raumfahrzeuge verteilt über das ganze Sonnensystem, um die Auswirkungen des derzeitigen Sonnenaktivitätsminimums zu messen, einem noch nicht zuvor beobachteten ausgedehntes niedrigem Niveau an Aktivität im natürlichen Zyklus der Sonne.

Der abgeschwächte Sonnenwind hat die Heliosphäre, der Einflußzone der Sonne, schrumpfen lassen und zugelassen, daß mehr hochenergetische interstellare Partikel aus entfernten Quellen in der Galaxis in das innere Sonnensystem vordringen können.

Zur Zeit mißt man auf dem Mond 20% mehr kosmische Strahlung als in vorangegangenen solaren Minima, aber die jährlichen Dosen sind noch immer vergleichbar mit denen, die ein Röntgentechniker oder ein Arbeiter in einem Atomkraftwerk aufnimmt, meinte Spence.

"Jeder Quadratzentimeter des Körpers würde jede Sekunde von einem Partikel getroffen, das auf der einen Seite eindringt und auf der anderen wieder herauskommt", erläuterte Spence. "Die gute Nachricht ist, daß es ein erträgliches Niveau ist. Es bewegt sich im Rahmen gewohnter Strahlungsbedingungen für Leute, die in Bereichen mit ionisierender Strahlung arbeiten."

Mit der zunehmenden Sonnenaktivität wird auch der Einfluß der solaren energetischen Teilchen relativ zu den galaktischen kosmischen Strahlen zunehmen.

"Wir befindet uns in einer Phase während dieses historischen Sonnenminimums, in der die Strahlungsraten erhöht aber erträglich in Bezug auf das Strahlenrisiko sind", meinte Spence.

Thermische Karte vom Mondsüdpol
Oben: Eine Wärmebildkarte vom Mondsüdpol mit dem Krater Hermit (links) in dem die tiefste Temperatur im Sonnensystem gemessen wurde. (Abbildung: NASA/GSFC/UCLA)
Aber das CRaTER-Instrument hat auch Strahlungsquellen entdeckt, die viel näher an der Mondoberfläche sind, wo der Mond die kosmische Strahlung abblocken sollte.

Viele Wissenschaftler glaubten, daß die Mondmasse die auf der Mondoberfläche arbeitenden Astronauten abschirmen würde, aber die Entdeckung von LRO zeigt, daß irgendetwas auf dem Mond selbst eine zweite Quelle an Strahlung produziert.

"Unter dem Strich könnte das bedeuten, daß der Mond nicht sehr viel Hilfe bieten wird", meinte Spence. "Tatsächlich könnten einige der sekundären Partikel sogar noch gefährlicher in Bezug auf die Strahlendosis sein könnten."

LRO macht seine Messungen aus einer Höhe von 50 Kilometern, weshalb die Wissenschaftler nicht sicher sind, welchen Strahlendosen die Astronauten auf der Oberfläche ausgesetzt sind. Spence sagte, daß das Strahlungsniveau auf der Oberfläche von der sekundären lunaren Strahlungsquelle genauso hoch sein könnte, wie die Dosis von der galaktischen kosmischen Strahlung.

Eine der führenden Hypothesen sieht die Ursache der lunaren Strahlungsquellen in der Wechselwirkung zwischen der kosmischen Strahlung und dem Erdreich. Wenn energiereiche Teilchen auf das Regolith treffen, könnten diese Kollisionen andere Teilchen freisetzen und in die Höhe über den Mond schleudern.

Spence erläuterte, daß diese Enthüllungen nicht die bemannte Erkundung des Mondes unterbinden, aber die Forscher wollen unbedingt mehr über diese überraschenden Strahlungsflüsse in Erfahrung bringen.

Mit der Zunahme der Sonnenaktivität wird LRO mehr Informationen über die Strahlungsgefährdung aufgrund von Sonnenwindpartikeln sammeln. LRO-Daten, zusammen mit den Ergebnissen einer Flotte von Weltraumwetter- und Sonnenobservatorien, werden hoffentlich zu noch verläßlicheren Vorhersagen über Sonnenereignisse führen, die starke Strahlung freisetzen, wie Wargo erklärte.

Solche Vorhersagen sind der "Heilige Gral" der Mondwissenschaftler, meint Wargo.

"Es gibt sehr häufig Vorstufen zu den solaren Protonenereignissen, deshalb gibt es einige Hoffnung, daß man, wenn man sich außerhalb einer geschützten Umgebung befindet, sich rechtzeitig an einen sicheren Platz begeben kann, der die Strahlung genügend abschirmt", erläuterte Spence. "Ich denke, daß es am Mond Möglichkeiten gibt, mit beiden Strahlungsrisiken umzugehen und sie zu mindern."

Ein anderes Instrument an LRO sammelt Daten für die detaillierteste Wärmekarte, die jemals vom Mond zusammengestellt wurde.

"Der Mond hat eine der extremsten thermischen Umgebungen im Sonnensystem", führte David Paige, der hauptverantwortliche Wissenschaftler für die Diviner-Nutzlast an der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA), aus.

Im Oktober hatte das Diviner-Instrument eine Kältefalle im Krater Hermit mit einer Temperatur von -248 °C entdeckt.

"Um diese Temperatur in's rechte Licht zu rücken, muß man sagen, daß noch nirgendwo im Sonnensystem eine so tiefe Temperatur gemessen wurde", erklärte Paige. "Man müßte schon weit über den Kuiper-Gürtel hinaus reisen, um ein Objekt mit einer ähnlich tiefen Temperatur zu finden."

Hermit liegt nahe des Mondsüdpols und ist umgeben von Hochlanden, die das Sonnenlicht davon abhalten, die tiefsten Stellen des Kraters zu erreichen. Diviner hatte die Temperaturen zu Mitternacht in der Mitte des Winters auf der Nordhalbkugel des Mondes gemessen.

Paige zufolge sind so tiefe Temperaturen, wie die in Hermit, tief genug, daß sich dort Wasser und andere flüchtige Verbindungen für längere Zeiträume halten könnten.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 4. Januar MMX