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Bericht 9. Oktober. 2009
NASA rammt Raumsonde in Mondkrater
LCROSS folgte seiner CENTAUR-Oberstufe - Auswurfwolke allerdings nicht beobachtbar

CENTAUR Einschlag
Oben: Eine künstlerische Darstellung des Einschlags der CENTAUR Oberstufe gesehen von LCROSS. Der Einschlagblitz und die Auswurfwolke sind tatsächlich wesentlich kleiner ausgefallen als erwartet. (Abbildung: Northrop Grumman)
Eine NASA-Raumsonde ist am Freitag in den Mond gerammt worden, in der Absicht eine Wolke aus Trümmerstücke aufzuwerfen, in der Wissenschaftler Zeichen von Wasser zu finden hoffen.

Die umgerechnet rund €55 Millionen teure LCROSS-Mission, folgte um vier Minuten ihrer CENTAUR-Oberstufe nach, als sie um 13:35 Uhr MESZ in den großen Mondsüdpolkrater Cabeus einschlug, ein Ereignis, das der NASA-Chefwissenschaftler Jim Garvin als "das ultimative Experiment" bezeichnete.

"Wir sehen ständig Hinweise darauf, daß es Wasser [auf dem Mond] gibt", erklärte NASA-Administrator Charles Bolden gegenüber Space.com. Noch mehr zu finden "wären unglaublich gute Nachrichten. Es wäre ein weiterer Ort, wohin wir Menschen schicken könnten", fügte Bolden hinzu. Bolden erzählte, er habe die letzten Schritte der Mission die ganze Nacht über verfolgt.

Die LCROSS-Sonde hatte Livebilder vom Mond gesendet, als die CENTAUR-Stufe ihrem Einschlag entgegenflog, bevor sie selbst auf den Mond herabstürzte. Die beiden Sonden sind eingeschlagen, versicherten die Missionsleiter, aber ob LCROSS den groß angekündigten Blitz des CENTAUR-Einschlags gesehen hat, war nicht sofort klar.

"Ich kann mit Sicherheit berichten, daß wir einen Einschlag hatten", erklärte der hauptverantwortliche Wissenschaftler Tony Colaprete gegenüber Reportern auf der Pressekonferenz nach den €55 Millionen teuren Mondklatschern. "Wir haben den Einschlag gesehen, wir haben den Krater gesehen ... wir haben die Daten, die wir brauchen, um die Fragen anzugehen, die wir auch angehen wollten."

In den übertragenen Bildern wurde der Zielkrater wurde größer und größer und sein unregelmäßiges Relief deutlicher, während LCROSS dem Mond entgegenraste. Die Luft wurde angehalten, dann schlug man sich im Newseum auf die Schultern, als der Bildschirm sich mit dem Bild vom Krater füllte und dann weiß wurde. Es gab Gelächter, als schließlich der Flugdirektor vom Ames Forschungszentrum (ARC) in der Fernsehübertragung den erfolgreichen Einschlag bestätigte und dann stolz aufstand.

LCROSS Anflug
Oben: Krater Cabeus ist hier in der Mitte der Bilderserie (mit kleinem Krater am oberen Rand), die LCROSS nach dem CENTAUR Einschlag und vor dem eigenen Ende geschossen hat. Anzeichen für die Auswurfwolke waren nicht zu sehen. (Photos: NASA TV)
Die Missionswissenschaftler verfolgten den Einschlag hauptsächlich vom Betriebszentrum der Sonde am ARC in Moffett Field in Kalifornien aus, aber auch Astronomen und Amateurhimmelsbeobachter schalteten sich in die Observatorien und anderen Webseiten auf der ganzen Welt ein, darunter am Newseum, wo über 300 Peronen den von der NASA übertragenen Einschlag auf einem 12 Meter-Bildschirm verfolgten.

"Das ist der größte Bildschirm, den ich jemals gesehen habe" meinte einer aus der Menge von NASA-Mitarbeitern, Medienvertretern und sonstigenLeuten, darunter einige verschlafen dreinblickende Kinder.

Unter den Menschen in der Menge waren auch Apollo 11 Astronaut Buzz Aldrin und Chip Cronkite, der Sohn des kürzlich verstorbenen Nachrichtenmoderators Walter Cronkite, dem diese Mission gewidmet worden war.

"Wir hoffen, daß dies nur die erste von vielen Oasen ist, die wir finden", meinte Cronkite.

NASA hatte im Juni LCROSS (die Abkürzung für Lunar Crater Observation and Sensing Satellite - Mondkraterbeobachtungs- und -vermessungssatellit) zusammen mit dem Luanr Reconnaissance Orbiter (LRO) gestartet, um nach Hinweisen auf Wasser und Eis auf der Mondoberfläche zu suchen.

Eis auf dem Mond

CENTAUR nach der Abtrennung
Oben: Die CENTAUR-Oberstufe von LCROSS' ATLAS 5 Trägerrakete wurde wenige Stunden vor dem Absturz abgetrennt. LCROSS führte anschließend ein Bremsmanöver aus, um genügend Abstand von der Oberstufe zu bekommen, die vier Minuten vor LCROSS auf dem Mond einschlug. (Photo: NASA/ARC)
Wissenschaftler denken, daß Taschen aus Wassereis in den ständig im Schatten liegenden Kratern am Mondsüdpol existieren könnten. Man hält diese Stellen für die kältesten Orte im ganzen Sonnensystem. Wasser wurde bereits von einem NASA-Instrument auf der inzwischen ausgefallenen indischen Raumsonde Chandrayaan-1 und von anderen Sonden auf dem Mond entdeckt, wenngleich nur in sehr geringen Konzentrationen und an dem Dreck und Staub der Mondoberfläche gebunden.

Die NASA plant bis 2020 Astronauten erneut zum Mond zu schicken. Diesmal für ausgedehnte Aufenthalte auf der Oberfläche des Trabanten. Nutzbare Mengen von Wassereis zu finden, wäre ein Segen für diese Anstrengung, denn dies könnte ein lebenswichtiger Rohstoff für eine Mondbasis sein.

Selbst wenn LCROSS keinen eindeutigen Beweis für Wassereis finden sollte, wäre dies eine größere Entdeckung, meinen die Missionswissenschaftler. Es könnte bedeuten, daß das Eis auf dem Bond nicht gleichförmig verteilt ist, wie man bislang vermutete, oder daß das Wasser in Konzentrationen vorkommt, die zu gering sind, um sie mit den Instrumenten von LCROSS messen zu können, was eine Rückwirkung auf seinen Wert als Rohstoff für Astronauten hätte, fügten sie hinzu.

Der Einschlag von LCROSS wurde auch von mehreren Satelliten verfolgt, die normalerweise die Erde beobachten, und Raumfahrzeugen wie das Weltraumteleskop HUBBLE, dem schwedischen Observatorium ODIN und der Schwestersonde von LCROSS, LRO, die die aufgewirbelten Trümmerstücke nach Anzeichen für Wassereis analysieren sollten.

Mondsüdpol
Oben: Die Region des Mondsüdpols, wie er von der Erde aus gesehen wird. Von Cabeus, dem Ziel LCROSS', ist nur der Kraterrand zu sehen. Eingezeichnet ist die Position, in der man die Auswurfwolke zu sehen erwartet ("Expected plume area"). Doch auch in den Stunden nach dem Einschlag konnte kein Observatorium über eine positive Sichtung berichten. (Photo: NASA/ARC)
"Alle Augen sind heute auf LCROSS gerichtet", sagte Bolden während seines Kommentars vor dem Einschlag.

Bei den Abstürzen erwartete man, daß Tonnen an Mondstaub aufgewirbelt werden und neue Krater innerhalb des 98 km durchmessenden Cabeus eingegraben werden. Der neue Krater könnte rund 20 Meter durchmessend und bis zu vier Meter tief sein. Bei seinem nächsten Überflug über dem Mondsüdpol später am Tag wird LRO die LCROSS-Einschlagstelle photographieren.

Rund 350 Tonnen an Mondstaub sollten bis zu 10 Kilometer über die Mondoberfläche emporgeschleudert werden, erwarteten die Wissenschaftler. Anders als bei vorangegangenen Abstürzen anderer Sonden, wie der japanischen Mission KAGUYA, ist LCROSS in einem steilen Winkel auf die Mondoberfläche aufgeschlagen und sollte Material hoch genug emporschleudern, um von der Sonne angestrahlt und von der Erde und anderen Raumfahrzeugen gesehen zu werden.

Erfahrene Himmelsbeobachter auf der Erde, die mit 10 bis 12 Zoll Teleskopen ausgerüstet sind, sollten eine Chance gehabt haben, den Absturz beobachten zu können, wenn sie wußten, wohin sie blicken mußten.

"Es wird nicht diese großartigen spektakulären Bilder von Auswurfmaterial, das umherfliegt, geben, die sie in den Animationen oder Cartoons gesehen haben", erklärte Colaprete den Reportern am Donnerstag. "Es wird eher wie ein gedämpfter Lichtschimmer sein, aber dieser gedämpfte Lichtschimmer enthält alle Informationen, die wir benötigen, um unsere Fragen zu beantworten."

Die Wissenschaftler wissen noch nicht, ob sie Wasser in dem Auswurfmaterial von LCROSS entdeckt haben. Um das festzustellen, wird es noch einige Zeit benötigen, um die Daten zu analysieren.

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 9. Oktober MMIX