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Artikel 8. Oktober 2012
DRAGON erreicht Umlaufbahn trotz Triebwerksausfall
Eine von neun MERLIN-Triebwerken erfährt Druckabfall, aber keine Explosion - erste reguläre kommerzielle Frachtmission zur ISS kann wie geplant weitergehen

Start von

SpaceX CRS-1
Oben: Start der FALCON 9 Trägerrakete mit der Frachtkapsel DRAGON zur ersten regulären Frachtmission SpaceX CRS-1. (Photo: NASA/Tony Gray und Rick Wetherington)
Die erste kommerzielle Frachtkapsel DRAGON von SpaceX hat erfolgreich die Erdumlaufbahn erreicht, obwohl eines von neun MERLIN- Triebwerken der ersten Stufe der FALCON 9 Trägerrakete während des Aufstiegs ausfiel. Das Frachtraumfahrzeug ist auf dem Weg zur Internationalen Raumstation, um die erste kommerzielle Versorgungsmission SpaceX CRS-1 im Rahmen eines Liefervertrages mit der NASA zu erfüllen.

Die FALCON 9 hatte in der Nacht zum Montag, 8. Oktober um 2:35 Uhr MESZ vom US- Luftwaffenstützpunkt Cape Canaveral in Florida abgehoben und erreichte rund zehn Minuten später die Erdumlaufbahn, um die privatwirtschaftlich entwickelte DRAGON auszusetzen, so daß sie die 59 Stunden lange Verfolgung der ISS aufnehmen konnte.

Obwohl die Kommentatoren von NASA und SpaceX die Fehlfunktion in ihrer Live- Berichterstattung vom Start nicht erwähnten, hatte Triebwerk Nr. 1 der ersten Stufe der FALCON unerwarteterweise abgeschaltet, kurz bevor die Rakete auf ihrer Flugbahn den maximalen Staudruck (Max Q) erfuhr. Hierbei wirken besonders hohe aerodynamische Lasten auf das Fluggerät.

"Etwa bei einer Minute und 19 Sekunden nach dem Start gestern Nacht, registrierte die FALCON 9 Trägerrakete eine Anomalie in einem der Erststufentriebwerke", berichtete SpaceX in einer Stellungnahme, die am Montag veröffentlicht wurde. "Erste Daten deuten daraufhin, daß eines der neun MERLIN-Triebwerke der Rakete, Nr. 1, plötzlich einen Druckabfall [in der Brennkammer] erfuhr und sofort ein Triebwerksabschaltkommando ausgegeben wurde."

Optische Verfolgungskameras im Bereich um das Kap Canaveral zeigten eine deutliche Veränderung in der Farbe und Form der Abgasfahne von der ersten Stufe der Rakete. In Zeitlupenaufnahmen sind Teile zu sehen, die offenbar von der Rakete wegfallen.

SpaceX aber erklärte, daß Telemetriedaten zeigten, daß das Triebwerk intakt blieb.

"Wir wissen, daß das Triebwerk nicht explodiert ist, weil wir weiter Daten von ihm empfangen haben", erklärte SpaceX in der Stellungnahme. "Unsere Durchsicht der Daten deutet aber daraufhin, daß die Schutzabdeckung, die das Triebwerk vor den aerodynamischen Lasten schützt, während des Druckverlustes abgerissen wurde, und das keines der übrigen acht Triebwerke von dem Ausfall [der Nr. 1] in Mitleidenschaft gezogen wurde."

SpaceX hat schon seit langem die Fähigkeit der FALCON 9 hervorgehoben, auch bei einem Ausfall eines Triebwerkes die Mission dennoch erfolgreich abzuschließen.

Der Start Montag früh war der vierte Start einer FALCON 9 Trägerrakete. Alle waren erfolgreich verlaufen.

Das Triebwerk MERLIN 1C verbrennt Kerosin und flüssigen Sauerstoff. Die neun Triebwerke der ersten Stufe wurden so ausgelegt, daß sie beim Start etwa drei Minuten lang brennen, aber am Sonntag hat man nach dem Ausfall der Nr. 1 die übrigen acht Triebwerke etwa 30 Sekunden länger brennen lassen, um den Schubverlust auszugleichen.

Bruchstücke von der FALCON
Oben: Auf dieser Aufnahme von dem Verfolgungsvideo sind Bruchstücke zu sehen, die von der Rakete abfallen. Nach Aussage von SpaceX handelt es sich dabei um die Schutzabdeckung des Triebwerks Nr. 1, die unter den hohen aerodynamischen Lasten abgerissen wurde und dabei das Triebwerk beschädigt hat (mglw. eine Treibstoffleitung). Das Triebwerk erfuhr daraufhin einen Druckabfall in der Brennkammer und wurde vom Bordrechner abgeschaltet. (Photo: SpaceX, NASA)
Die von einem einzigen MERLIN-Triebwerk angetriebene zweite Stufe, optimiert für den Betrieb im Vakuum, beschleunigte weiter in die Erdumlaufbahn und setzte die DRAGON und einen Orbcomm-Kleinsatelliten, der huckepack auf der FALCON mitflog, 10 Minuten und 24 Sekunden nach dem Abheben, rund 38 Sekunden später als geplant, im All aus.

"Wie vorgesehen hat der Bordrechner in Echtzeit ein neues Aufstiegsbahnprofil errechnet, um sicherzustellen, daß die DRAGON die Umlaufbahn für das nachfolgende Rendezvous und das Anlegen an die ISS erreicht", berichtete die SpaceX Stellungnahme weiter. "Dies wurde erreicht und es gab keine Auswirkungen auf die DRAGON oder ihre Versorgungsmission."

Auch bei zwei Starts der SATURN 5 Trägerrakete hatte es Triebwerksausfälle beim Start gegeben, darunter auch bei APOLLO 13, die später aufgrund eines damit nicht in Zusammenhang stehenden Ereignisses abgebrochen werden mußte, und anschließend für ihre riskante Rückkehr zur Erde berühmt wurde.

Ebenfalls hatten bei zwei Space-Shuttle-Flügen in den Jahren 1985 und 1998 die Haupttriebwerke während des Starts vorzeitig abgeschaltet. Die Raumfähren konnten aber dennoch die Erdumlaufbahn erreichen und ihre Missionen erfolgreich ausführen.

"Wir werden die Flugdaten weiter auswerten, um den Grund für die Anomalie herauszufinden und unsere gesamten Resourcen darauf verwenden, das Problem zu identifizieren, und den Fehler für zukünftige Flüge zu beheben", erklärte SpaceX. "Wir werden weitere Informationen veröffentlichen, sobald sie zur Verfügung stehen."

Die DRAGON ist auf Kurs, um die Raumstation am Mittwoch zu erreichen. Sie soll dann gegen 13:22 Uhr MESZ mit dem von Expedition 33 Kommandantin Sunita Williams und Flugingenieur Akihiko Hoshide bedienten Robotarm der Station CANADARM2 eingefangen und am zur Erde gerichteten Kopplungsstutzen des Knotenmoduls HARMONY festgemacht werden.

Die DRAGON hat rund 450 kg an Nahrungsmitteln, Kleidung, wissenschaftliche Gerätschaften und Proben, Ersatzteile und andere Versorgungsgüter an Bord, die in den Tagen nach dem Anlegen von der Besatzung entladen werden sollen. Anschließend wird der Transporter mit Fracht beladen, die zur Erde zurückgebracht werden soll, vorwiegend Proben von abgeschlossenen Experimenten, die auf der Erde genauer analysiert werden sollen, und Geräten von der ISS, die untersucht, überholt und für einen neuen Einsatz im All vorbereitet werden sollen.

Dafür ist unter anderem ein Tiefkühlschrank an Bord, der tiefgefrorene organische Proben (u. a. Blut- und Urinproben von der Besatzung) unbeschadet zur Erde bringen soll.

Die DRAGON soll am 28. Oktober zurückkehren und im Pazifik vor der Küste Kaliforniens wassern.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 9. Oktober MMXII