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Artikel 28. Januar 2017
ISS soll Ausgangspunkt für erste kommerzielle Raumstation werden
Firma plant Start des ersten Moduls für 2020 zur ISS - soll später Kern einer eigenständigen Station werden

Axiom-Modul an der ISS
Oben: Das erste Axiom-Modul (unten rechts, mit auf der Hülle montierten Solarzellen) soll mit der Internationalen Raumstation (ISS) verkoppelt werden. Dieses Modul würde einen Kopplungsstutzen der ISS belegen, aber dafür drei zusätzliche Stutzen bereitstellen. (Abbildung: Axiom Space)
Derzeit sind Arbeiten im Gange, um die erste internationale kommerzielle Raumstation der Welt zu errichten, ein Komplex, der einer globalen Gemeinschaft aus nationalen und privaten Astronauten dienen könnte.

Die Erbauer der Axiom Internationalen Kommerziellen Raumstation zielen darauf ab, den Landschaftsraum in der niedrigen Erdumlaufbahn zu vergrößern, um der Raumfahrt einen "historischen Schub" zu versetzen.

Mit der Errichtung eines Außenpostens im All, der Nationen, Organisationen und Einzelpersonen offensteht, könnte das Leben und Arbeiten in der Erdumlaufbahn alltäglich werden und die Erkundung des tiefen Alls unterstützen, wie Vertreter von Axiom erklärten.

Ein arbeitsreiches Jahr 2017

Amir Blachmann, der Vizepräsident für strategische Entwicklung bei der in Houston, Texas beheimateten Firma Axiom Space, erklärte, daß das Unternehmen seine Pläne ausgestalte, den internationalen und im Privatbesitz befindlichen Nachfolger der Internationalen Raumstation (ISS) aufzubauen.

Die Ziele seien laut Blachmann, einen orbitalen Außenposten zu bauen, der Astronauten sowohl staatlicher Organisationen als auch privater Unternehmen, wie auch Einzelpersonen beherbergen soll, um an Bord Forschung zu betreiben, Produkte herzustellen und Systeme zur Weltraumerkundung zu testen, sowie ein gesundes Weltraumtourismusgeschäft zu etablieren. Die Agenda für dieses Jahr ist umfangreich.

Axiom Raumstation
Oben: Nach der Außerdienststellung der ISS, wird das Axiommodul mit zusätzlichen Elementen verkoppelt, die dann gemeinsam zur Axiom Internationalen Kommerziellen Raumstation werden. (Abbildung: Axiom Space)
"Wir befinden uns derzeit im Gespräch mit unserem ersten nichtstaatlichen Astronautenkunden", berichtete Blachmann in einem exklusiven Interview gegenüber Space.com. Axiom habe mit über 20 Ländern Gespräche begonnen, erklärte er weiter, und arbeite auch die (vertraglichen) Details mit seinem ersten Forschungs- und Herstellungsmieter aus.

Noch in diesem Jahr will Axiom erste Verträge abgeschlossen haben, mit denen Einnahmen generiert und Projektfortschritte erzielt werden. Weiterhin, mit dem Abschluß der ersten und zweiten Finanzierungsrunde in diesem Jahr, kann die Gruppe mit dem Bau der Axiom Raumstation ernsthaft beginnen.

"Wir gehen schnell voran", meinte Bachmann. "Wir reagieren auf einen Bedarf, der ganz offensichtlich vorhanden ist."

Die NASA gebe derzeit mehr als $300 Milllionen pro Jahr für die Forschung auf der ISS aus, fügte er hinzu.

Mitte Januar ging Axiom eine Partnerschaft mit dem Unternehmen Made In Space ein, einer in Kalifornien beheimateten Firma, die 3D-gedruckte Produkte auf der ISS hergestellt hat. Einer der Aspekte dieser Partnerschaft sei, die Logistik von weltraumgestützter Fabrikation auszuarbeiten, also wie eine Weltraumfabrik am besten mit Ausrüstung, Betriebsmitteln, Strom und Wärmeregelung ausgestattet sein sollte, um mögliche Kunden zufrieden zu stellen, wie Vertreter von Axiom erklärten.

Axiom Raumstation
Oben: Die Axiom Internationale Kommerzielle Raumstation soll als Einrichtung sowohl für Astronauten wie auch für Forschung und Fabrikation dienen. Sie könnte auch zum Prüfstand zum Testen von Systemen zur Tiefenraumerkundung werden. (Abbildung: Axiom Space)
"Weltraumfabrikation kann eine einzigartige Klasse an Produkten bereitstellen, die der Kommunikations-, Werkstoff- und biomedizinischen Industrie nützen", meinte MIke Suffredini, Präsident und Geschäftsführer von Axiom Space und früherer Leiter des ISS-Programms bei der NASA, in einer Stellungnahme des Unternehmens.

Kommerzielles Modul

Derzeit ist die Finanzierung der ISS bis 2024 gesichert. Obwohl ein Plan für die Ausbringung der ISS aus der Umlaufbahn bereits gezeichnet wurde, hatten Vertreter der NASA verlauten lassen, sie hofften, daß die $100 Milliarden teure Struktur noch eine Lebensverlängerung bis 2028 bekommt. Das wäre dann genau 30 Jahre nach dem Start der ersten Module in die Umlaufbahn.

"Wie man sich gut vorstellen kann, halten wir da unser Ohr ganz dicht an's Gleis", meinte Blachmann. "Unsere Arbeit muß sich auf der Annahme ausrichten, daß die ISS 2024 aufgegeben wird ... vielleicht auch etwas später als das. Es gibt da strukturelle und betriebsorganisatorische Grenzen, insbesondere die ständig wachsenden Wartungskosten der ISS."

Blachmann erklärte, daß ein Astronaut an Bord der ISS zurzeit rund $7,5 Millionen pro Tag kostet. "Wir werden wesentlich kostengünstiger sein." Axiom will schon MItte 2019 die ersten Raumfahrer zur ISS bringen, "und das bedeutet, daß wir schon in 2017 mit ihrer Ausbildung dafür beginnen müssen", erläuterte er. "Sie werden dieselbe Qualität an Ausbildung bekommen, wie NASA-Astronauten. Sie sollen die Qualifikation besitzen, alle Elemente der Station zu nutzen."

Axioms Plan, der von der NASA abgesegnet wurde, sieht vor, daß das Unternehmen sein erstes kommerzielles Modul gegen Ende des Jahres 2020 an der Station ankoppelt. Zwischen 2024 und 2028 soll das Modul dann von der ISS abgekoppelt und als Kernmodul der neuen Axiom kommerziellen Raumstation dienen.

"Das hängt alles davon ab, ob die Station 2024 oder später außer Dienst gestellt wird", meinte Blachmann. "Es ändert die Form unserer Einnahmenkurve, aber es ändert nichts an der Durchführbarkeit des Geschäfts. Es bleibt ein hochprofitables und sehr großes Geschäft."

Axiom Raumstation
Oben: Die Axiom Internationale Kommerzielle Raumstation könnte, wie ihre Entwickler meinen, einen "historischen Schub" in der bemannten Raumfahrt einleiten. (Abbildung: Axiom Space)
Erprobte Technologien

Die Axiom Internationale Kommerzielle Raumstation würde auch erprobte Technologien anwenden. Die privatfinanzierte Orbitaleinrichtung würde von den Jahren an Erfahrung mit dem Betrieb der Lebenserhaltungssysteme auf der Internationalen Raumstation profitieren und sich die modernisierte Soft- und Hardware zunutze machen.

"Wir sind das private Unternehmen, das, sozusagen, das Vermächtnis der ISS weiterführen wird", meinte Blachmann. Das Fehlen eines Plans, um die staatlich betriebene Internationale Raumstation zu ersetzen, stütze diese Sicht, fügte er hinzu. "Unsere Regierung und unsere Behörden erkennen an, daß Kommerzialität der Weg ist, wie es weitergehen sollte."

Einnahmenströme

Eine private Raumstation sei wohl eine Idee, deren Zeit gekommen sei, meint Dylan Taylor, ein führender Investor in private Raumfahrtunternehmen.

"Es gibt mehrere naheliegende und gegenwärtige Einnahmeströme, die eine privatfinanzierte Raumstation stützen könnten", erklärte Taylor, "darunter weltraumbasierte Herstellung, Mikroschwerkraftsforschung und Tourismus, sowohl für Einzelpersonen als auch für Astronauten souveräner Staaten, sowie weltraumgestützte Versorgungslogistik."

Internationale Raumstation
Oben: Sie läuft und läuft und ist bald ein Auslaufmodell? Die $100 Milliarden teure Internationale Raumstation wird derzeit noch bis 2024 finanziert. (Photo: NASA)
Taylor erläuterte gegenüber Space.com, daß es sich hierbei um eine kapitalintensive Übung handele, "aber mit dem richtigen Team und der richtigen Architektur, kombiniert mit geduldigem Kapital, sind die Einnahmeströme vorhanden."

"Wenn die internationalen Regierungen [d.h. die Regierungen der ISS-Partner] nicht für eine Betriebsverlängerung der ISS stimmen, dann muß ein kommerzieller Ersatz die Lücke füllen", meint Derek Weber, der Autor des kürzlich erschienenen Buches "No Bucks, No Buck Rogers: Creating the Business of Commercial Space" (Curtis Books, 2017).

Axiom is aber nicht die einzige Firma, die diesen kommerziellen Nachfolger stellen will. Die in Las Vegas im US-Bundesstaat Nevada beheimatete FIrma Bigelow Aerospace zum Beispiel baut große aufblasbare Weltraumhabitate, die einer breiten Masse von Kunden dienen könnten. Das Unternehmen testet derzeit einen Modulprototypen, das Bigelow Expandierbare Aktivitätsmodul (BEAM), an der ISS.

"Bigelow hat einen großartigen Start für die Weltraumtourismushotelinitiative hingelegt, sowohl mit der Demonstration freifliegender Prototypen in der Erdumlaufbahn (Genesis 1 und 2), als auch mit dem koordinierten Betrieb mit der NASA im Fall von Bigelows BEAM-Initiative", erläuterte Webber.

"Axiom würde darauf aufbauen", erklärte Webber, "und ich freue mich schon darauf zu sehen, wie sie den Bedarf zukünftiger orbitaler Weltraumtouristen decken wollen. Die Etablierung privater Weltraumhotelstationen wird neue Gelegenheiten schaffen, und auch Rollen für die Astronauten der nächsten Generation."

Mehr Informationen über Axiom findet man auf ihrer Webseite (nur Englisch): www.axiomspace.com

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 9. Februar 2017