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Artikel 30. September 2010
US-Repräsentantenhaus stimmt Senatsvorlage zur NASA-Zukunft zu
Weiterer Shuttle-Flug, Schwerlastträgerrakete und kommerzielle Raumfahrzeuge abgesegnet

US-Kongreß
Oben: Der Kongreß der Vereinigten Staaten von Amerika in der Hauptstadt der USA, Washington. In ihm tagen der US-Senat, die Vertetung der US-Bundesstaaten, und das US-Repräsentantenhaus, die Vertretung des amerikanischen Volkes. (Photo: nb, Spaceflight Now)
Das US-Repräsentantenhaus hat am 29. September in einer Abstimmung der Version des US-Senats zum 19 Milliarden Dollar schweren NASA-Haushalt für das Jahr 2011 zugestimmt. Damit werden Gelder für einen weiteren Space-Shuttle-Flug, für den sofortigen Beginn der Entwicklung einer Schwerlastträgerrakete für die bemannte Weltraumerkundung und die Förderung der Entwicklung kommerzieller bemannter Raumfahrzeuge für Flüge in die niedrige Erdumlaufbahn freigegeben.

Die Abstimmung fiel mit 304 : 118 Stimmen für die Vorlage aus, für die keine Zusätze erlaubt waren.

"Dies ist eine große Nacht für unser nationales Raumfahrtprogramm", erklärte US-Senator Bill Nelson, Demokrat aus Florida, in einer Stellungnahme. "Diese Vorlage ist eine Blaupause, wie wir in den nächsten drei Jahren fortfahren werden und wird es der NASA ermöglichen, für einen zusätzlichen Shuttle-Flug zu planen. Jetzt müssen wir sicherstellen, daß die Behörde die Mittel erhält, die notwendig sind, um die Arbeit zu erledigen."

Der vorgeschlagene Haushalt, der die veranschlagten Ausgaben bis in's Jahr 2013 umfaßt, geht verschiedene Probleme an, die von Kritikern von US-Präsident Obamas ursprünglichem Haushaltsentwurf aufgeworfen wurden. Obamas Entwurf sah eine radikale Kursänderung für die NASA vor, eine von der der Präsident meinte, das sie auf lange Sicht nachhaltiger wäre.

Die Regierung hatte vorgeschlagen, das Constellation-Mondprogramm und seine ARES-Trägerraketen und ORION-Raumkapseln der Regierung Bush zu beenden. Sie argumentierte, daß das Programm nicht bezahlbar sei. Stattdessen schlug der Präsident vor, den Betrieb der Raumstation bis in das Jahr 2020 zu verlängern, neue Technologien zu entwickeln, die für zukünftige Schwerlastträgerraketen benötigt würden und, in einem besonders kontroversem Zug, zu kommerziellen Startdienstleistern überzuwechseln, um Astronauten in die Erdumlaufbahn und wieder zurück zu befördern.

Es gab aber keine konkreten Pläne oder gar Zeitpläne für die Weltraumerkundung und keine unmittelbaren Pläne für den Bau einer Schwerlastrakete, die eine solche Erkundung möglich machte.

Als Reaktion auf die breite Kritik flog der US-Präsident im April zum Kennedy Raumfahrtzentrum und stimmte zu, ab 2015 mit der Entwicklung einer Schwerlastrakete zu beginnen, und versprach, bemannte Raumflüge zu erdnahen Asteroiden um 2025 herum, sowie orbitale Marsmissionen um die Mitte der 2030er durchführen zu lassen.

Aber mit der herannahenden Außerdienststellung der amerikanischen Raumfähren, meinten die Kritiker, ginge der revidierte Plan des Präsidenten nicht weit genug. Nelson, der selbst im Jahr 1986 mit dem Space Shuttle in's All gefolgen war, startete eine Kampagne, um die Entwicklung der Schwerlastrakete früher zu beginnen, die Arbeit an der ORION-Raumkapsel fortzusetzen und eine weitere Shuttle-Mission zu finanzieren.

Die Vorlage unterstützt auch die Entwicklung kommerzieller bemannter Raumfahrzeuge, zieht aber die Förderung in die Länge.

Die NASA-Haushaltsversion des Repräsentantenhauses strich die Förderung für die kommerzielle bemannte Raumfahrt zusammen und wollte die größeren Elemente des Constellation-Programms beibehalten. Senator Bart Gordon aus Tennessee, der sich an die Spitze der Repräsentantenhaus-Initiative gestellt hatte, bot in der letzten Woche einen Kompromiß an, der die beiden Seiten näher zueinander brachte. Es blieben aber dennoch größere Differenzen.

Gordon meinte, die Senatsvorlage beinhalte "ein nicht finanziertes Mandat", um das Shuttle-Programm auch im Jahr 2011 noch am Leben zu erhalten, bei Kosten von $500 Millionen, und daß die Vorverlegung des Entwicklungsbeginns der Schwerlastrakete so wirke, als ob "der Senat versucht eine Rakete zu konstruieren".

Er brachte auch seine Besorgnis über das Fehlen von regierungseigenen Raketensystemen für den Fall, daß die kommerziellen Programme in Probleme laufen, zum Ausdruck.

"Es ist nun klar, daß wir keine Zeit mehr haben, um eine Kompromißvorlage durch das Haus und den Senat zu bringen", erklärte Gordon am Montag in einer Stellungnahme. "Um nun Sicherheit, Stabilität und Klarheit für die Arbeiterschaft der NASA und der größeren Raumfahrtgemeinschaft zu schaffen, denke ich daß es besser ist eine fehlerbehaftete Vorlage durchzubringen, als gar keine, bevor das Haushaltsjahr beginnt. Ich werde mich weiterhin bei den Bewilligern für einen Kompromiß stark machen."

Der Abgeordnete Ralph Hall aus Texas pflichtete dem bei, als er am Mittwoch sagte: "Obwohl ich nicht vollständig zufrieden mit der Senatsvorlage bin, bin ich doch sehr froh, daß sie verabschiedet wurde."

"Der fehlgeleitete Plan der Regierung für die bemannte Raumfahrt hätte die NASA auf einen gefährlichen und nicht abgesicherten Weg gebracht", meinte er in einer Stellungnahme. "Für den Kongreß ist es notwendig, hier abzuwägen und eine Vorlage zu verschieden, die diesen politischen Zielen entgegenwirkt. Ansonsten würden wir nur den Plan des Weißen Hauses absegnen."

Die Senatsversion des Haushalts "beläßtn wichtige Programme in der Finanzierung, richtet die NASA auf die Entwicklung eines bemannten Mehrzweckraumfahrzeuges und eines Schwerlastträgersystems aus und ermöglicht es den kommerziellen Raumfahrtunternehmen ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen", meinte Hall. "Ohne diese Vorlage würden die Arbeitsplätze der Weltklasse-NASA-Arbeiterschaft und tausender hochqualifizierter Mitarbeiter privater Vertragsfirmen, die die bemannte Raumfahrt mit unterstützen, verloren gehen."

NASA-Administrator Charles Bolden erklärte am Mittwoch Abend, das die Verabschiedung der Vorlage "eine lebenswichtige neue Zukunft für den Kurs der bemannten Weltraumerkundung aufzeichnet.

Der Präsident hat einen ehrgeizigen neuen Plan für die NASA dargelegt, der die Grenzen von Innovation und Entdeckung erkunden soll", erklärte er. "Dieser Plan investiert mehr in die NASA; verlängert die Lebensdauer der Internationalen Raumstation; startet eine kommerzielle Raumtransportindustrie; fördert die Entwicklung bahnbrechender neuer Technologien; und hilft bei der Schaffung tausender neuer Arbeitsplätze. Die Verabschiedung dieser Vorlage stellt einen bedeutenden Schritt vorwärts dar und hilft uns dabei die zentralen Ziele zu erreichen, die der Präsident uns gestellt hat."

Boldens Vorgänger Mike Griffin vertritt dagegen eine vollkommen andere Ansicht. Griffin war der Chefarchitekt des Constellation-Programms und ein leidenschaftlicher Unterstützer der ARES-Trägerraketen, die das Shuttle hätten ersetzen sollen.

"Obwohl es stimmt, das die Senatsvorlage einige Verbesserungen zum unklugen Plan der Regierung Obama enthält, ist er meiner wohlüberlegten Meinung nach nicht genügend besser, um eine rechtliche Unterstützung zu garantieren", teilte er Anfang der Woche der Huntsville Times mit.

"Wie schon nach dem Verlust der Raumfähre COLUMBIA ist es erneut an der Zeit sich zu fragen, ob wir ein echtes Raumfahrtprogramm haben wollen, oder nicht. Wenn ja, dann bringt uns das die Senatsvorlage nicht. Wenn wir es nicht besser machen können als das, dann bin ich überzeugt, daß wir den Punkt erreicht haben, an dem es besser ist, den Schaden, der durch die Regierung bereits angerichtet wurde, bis zu seiner letzten Konsequenz zu verfolgen, als in einem Versuch nachzubessern, halbe Sachen zu akzeptieren."

Die Abgeordnete Gabrielle Giffords aus dem US-Bundesstaat Arizona meinte in ihrer Rede vor dem Plenum vor der Abstimmung, daß es der Gesetzesvorlage "an ernsthafter Haushaltsdisziplin" fehle und ein "nicht finanziertes Mandat zur Aufrechterhaltung des Shuttle-Programms auch im Haushaltsjahr 2011, selbst über die Außerdienststellung der Raumfähren hinaus" enthalte, welches die NASA nach eigenen Schätzungen der Behörde mehr als eine halbe Milliarde Dollar kosten werde.

Die mit Space-Shuttle-Kommandant Mark Kelly verheiratete Giffords kritisierte die vorgeschlagene Schwerlastrakete als eine Trägerrakete, die "nicht von unseren besten Ingenieuren, sondern von unseren Kollegen im Senat" entworfen worden sei. NASAs eigene interne Analyse schätzt bereits, daß die Kosten für diese Rakete Milliarden Dollar höher ausfallen werden, als der Senat zur Verfügung stellt.

Kurz gesagt: Der Senat zwingt die NASA dazu, eine Rakete zu bauen, die sie nicht braucht, mit einem Budget, das dafür nicht ausreicht und das nach einem Zeitplan, der nach der NASA's eigenen Analyse als unrealistisch angesehen werden muß. Das ist nicht gerade meine Vorstellung von einem ausführbaren und nachhaltigen bemannten Raumfahrtprogramm."

Im Gegensatz dazu meinte Abgeordneter John Culberson aus Texas, daß "wenn wir diese Vorlage heute nicht verabschieden, wird es gar kein bemanntes Raumfahrtprogramm mehr geben.

Die Regierung verfolgt eine Politik, die schnell und aggressiv Amerikas bemanntes Raumfahrtprogramm auf bürokratischem Wege und durch Verfügungen des Präsidenten beenden soll; und all das geschieht bereits während wir hier miteinander reden", meinte er. "Wenn wir diese Vorlage nicht verabschieden, wird es vor Jahresende keine weitere geben und mit dem Ende des Jahres wird es dann auch kein bemanntes Raumfahrtprogramm mehr geben."

Elliot Pulham, der Vorstandsvorsitzende der Raumfahrtstiftung (Space Foundation), einer Interessensvertretung für die Raumfahrt, erklärte, daß die Gesetzgebung die notwendige Stabilität für die NASA und die kommerzielle Raumfahrtindustrie liefern soll.

"Es mußte eine Art von Kompromiß gefunden werden, oder die Führungsrolle der USA in der Weltraumerkundung wäre gefährdet gewesen", erklärte er in einer Stellungnahme. "Die NASA hatte im Kongreß immer eine starke Unterstützung aus beiden Lagern, und es ist erfreulich zu sehen, daß der Kongreß die NASA auch weiterhin als eine wichtige Investition in die Zukunft der Nation ansieht."

Die Version des Senats für den NASA-Haushalt würde im Haushaltsjahr 2011 $3,99 Milliarden für die Exploration, $1,3 Milliarden für eine neue Weltraumkapsel und $1,9 Milliarden für die Anfangsentwicklung einer neuen Schwerlastrakete bereitstellen.

Das Gesetz würde außerdem $144 Millionen für die Unterstützung der laufenden Entwicklung unbemannter Raumfahrzeuge für den Frachttransport zur Internationalen Raumstation und $312 Millionen für kommerzielle bemannte Raumfahrzeuge zur Verfügung stellen. Der Raumfahrtbetrieb würde $5 Milliarden erhalten, davon allein $2,8 Milliarden für die Internationale Raumstation.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 7. Oktober MMX