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Artikel 25. August 2000
Eine Wasserwelt unter der Eiskruste Europas?
Meßergebnisse der Raumsonde Galileo deuten stark auf einen Salzwasserozean unter der Oberfläche des Jupitermondes hin

Jupitermond Europa
Oben: Diese von Galileo angefertigte Falschfarbenansicht von Jupitermond Europa zeigt verschiedenste Färbungen der vorwiegend aus Wassereis bestehenden Oberflächenkruste. (Photo: NASA)
NASA-Wissenschaftler haben die bisher stärksten Hinweise darauf, daß einer von Jupiter’s rätselhaftesten Monden einen gärenden Wasserozean unter seiner Eiskruste verbirgt. Diese Hinweise ergaben sich aus den Meßergebnissen des Magnetometer-Instruments der Raumsonde GALILEO, über die in der Ausgabe der Zeitschrift „Science“ vom Freitag, dem 25. August 2000 berichtet wird.

Europa, der viertgrößte Satellit des Jupiters, war schon seit längerem als Hort unermesslicher Mengen Wassers in Verdacht. Da Wasser aber auch eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung von Leben ist, macht diese Erkenntnis den Mond zu einem der vorrangigsten Ziele für die Suche von Exobiologen - Wissenschaftlern, die sich mit Leben außerhalb der Erde beschäftigen.

Dr. Margaret Kivelson, eine der fünf Coautoren des Science-Artikels von der Universität von Kalifornien in Los Angeles (UCLA) erklärt, daß die Nadel eines Magnetkompasses auf Europa in einer Weise umherspringen würde, die man nur durch die Anwesenheit einer elektrisch leitenden Flüssigkeit, wie Salzwasser, unter dem Eis erklären kann. Kivelson verkündete diese Schlußfolgerung bereits, als sie das erste Mal verdächtige Meßwerte von Galileos Magnetometer untersuchte, nachdem die Raumsonde im Januar an Europa vorbeigeflogen war. Ihr Team hat jetzt mit dem Bericht diese Vermutung in vielen Details bestätigt.

Eisschollen auf Europa
Oben: Europas eisige Oberfläche ist von Brüchen und Auffaltungen gekennzeichnet, die auf eine dynamische Unterschicht hindeuten. (Photo: NASA/JPL)
Man habe gute Gründe zu glauben, daß die Oberflächenschichten von Europa aus Wasser besteht, daß sich entweder in einem flüssigen, oder in einem gefrorenen Zustand befindet. Dies wird auch durch Schwerefeldmessungungen erhärtet, die auf eine niedrige Dichte, wie die von Wasser, für die äußeren Bereiche des Mondes hindeuten. Allerdings ist Eis ein sehr schlechter Leiter, weshalb sich die Vermutung aufdrängt, daß man es hier mit einem flüssigen Ozean zu tun hat.

Seit Galileo im Dezember 1995 in eine Umlaufbahn um den Jupiter eingeschwenkt ist, ist sie bereits einige Male an Europa vorbeigeflogen. Bilder der Europaoberfläche zeigen Strukturen, die die Wissenschaftler als ein Anzeichen für einen verborgenen Ozean ansehen. Auf einigen Aufnahmen scheint sich das Eis verschoben zu haben, so als schwimme es auf der Oberfläche einer Flüssigkeit. Auf anderen wiederum scheint es, als ob Flüssigkeit von unten an die Oberfläche aufgestiegen und dort wieder gefroren sei. Diese Oberflächenmuster könnten aber auch durch einen in der Vergangenheit existenten Ozean erklärt werden, der inzwischen zugefroren ist. Die einzigen echten Hinweise, daß genau jetzt dort ein flüssiger Ozean existiert, sind die Magnetometeraufzeichnungen der Raumsonde.

Noch ist der Ozean weiterhin nur eine Vermutung, da die Hinweise immer noch zu indirekt sind und noch weiterer Schritte bis zur endgültigen Bestätigung bedarf, aber eine definitive Antwort könnte von präzisen Messungen der Schwerkraft und der Eishöhen kommen, durch die der Effekt von Gezeitenauswirkungen bestimmt werden kann.

Eismodelle
Oben: Ein Schnitt durch das Innere von Eismond Europa. Der metallische Kern wird von einem dicken homogenen Gesteinsmantel umgeben. Zwei Modelle existieren, die Bewegungen und Brüche und Faltungen auf der vereisten Oberfläche erklären können. Zum einen quasifluides konvektierendes Eis unter der brüchigen Oberfläche, das durch Wärme aus dem Inneren zu ständigen Auf- und Abstiegsbewegungen veranlaßt wird und so die Kruste an einer Stelle auseinandertreibt und an einer anderen Stelle wieder zusammenschiebt. Die Zweite geht von einer Schicht flüssigen Wassers aus, auf der die feste Eiskruste schwimmt und sich durch warme vulkanische Aufwärtsströmungen ebenfalls auseinander- und zusammenschieben läßt. Da Eis aber keine elektrische Leitfähigkeit besitzt und dort somit kein vom Jupitermagnetfeld induzierter Strom fließen könnte, wird aufgrund der Magnetometermessungen die Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des zweiten Modells groß. (Abbildung: NASA/JPL/UCLA)
Die NASA plant deshalb einen Europa Orbiter, der Instrumente mit sich tragen soll, die diese Informationen gewinnen können. Magnetfeldmessungen können deshalb als Beweis für eine flüssige Salzwasserschicht herangezogen werden, weil sich Europa noch innerhalb der Magnetosphäre des Jupiters bewegt. Dadurch wird in den leitenden Schichten nahe der Oberfläche des Mondes ein elektrischer Strom induziert, der wiederum ein zweites Magnetfeld um Europa herum erzeugt.

Der Schlüssel in der Beweisführung, daß das Magnetometer der Raumsonde beim Vorbeiflug die Feldstärke dieses zweiten Typs gemessen hat, liegt im richtigen Timing. Die Richtung des Jupitermagnetfeldes ändert sich nämlich spürbar, wenn sich die Position des Mondes innerhalb des Magnetfeldes ändert. Während des Januar-Vorbeifluges hat Galileo genau die entgegengesetzte Feldrichtung wie bei den Vorbeiflügen in 1996 und 1998 gemessen. Kivelson und ihr Team haben für diesen Fall vorausberechnet, wie dies die Richtung des Europa-Magnetfeldes ändert für den Fall, daß sich ein Salzwasserozean unter der Oberfläche befindet. Galileos Messungen stimmten mit diesen Vorhersagen fast genau überein.

Galileos Magnetometer wird auch in diesem Herbst und Winter eine große Rolle spielen, wenn in einer vereinten Studie mit der Saturnsonde CASSINI, die dann den Jupiter passieren wird, der Planet untersucht wird. Galileo wird dann innerhalb des Magnetfeldes sein, während Cassini gerade außerhalb in dem Partikelstrom des von der Sonne fortgeschleuderten Sonnenwindes vorbeifliegen wird. Wissenschaftler erhoffen sich daraus neue Erkenntnisse darüber, wie der Sonnenwind auf das Magnetfeld einwirkt. Galileo hat seine Ursprüngliche Mission bereits vor drei Jahren beendet, und befindet sich nun in einer dreijährigen Erweiterungsmission, in der das Raumfahrzeug das dreifache an Strahlung überlebt hat, für das es ursprünglich ausgelegt war.

Quelle: NASA Science Artikel, Galileo Presseerklärung
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 6. Mai MMX