Zurück zur Startseite Jupiter
Zurück zur Startseite Zurück zur Jupiter-Indexseite
Artikel 5. August 2011
Raumsonde JUNO verläßt Erde für Reise zum Jupiter
Bilderbuchstart nach leichter Verspätung wegen Problems mit der Heliumdruckanlage - Raumsonde soll Fragen über die Entstehung des Planeten und des Sonnensystems beantworten

Start der ATLAS V mit JUNO
Oben: Die ATLAS V Trägerrakete mit JUNO hebt von der Startrampe 41 des US-Luftwaffenstützpunktes Cape Canaveral ab. (Photo: Pat Corkery/United Launch Alliance)
Eine kraftvolle ATLAS V von United Launch Alliance hat heute die solarbetriebene Raumsonde JUNO auf eine fünfjährige Reise zum Jupiter geschickt. Der Start war der erste Schritt in einer $1,1 Milliarden (ca. €770 Millionen) teuren Mission, die Hinweise auf den Ursprung des Sonnensystems sucht, die tief verborgen im Herzen des riesigen Planeten liegen.

"Wo wir wirklich hinterher sind, sind einige der fundamentalsten Fragen über unser Sonnensystem: wie sich Jupiter gebildet hat, wie er sich entwickelte, was wirklich ganz früh im Sonnensystem geschehen ist, das schließlich zu unserer Existenz und den terrestrischen Planeten geführt hat", erklärte Scott Bolton, der hauptverantwortliche Wissenschaftler der Mission JUNO. "Das sind wirklich grundlegende Fragen: Wer sind wir; woher kommen wir, und wie sind wir hierher gekommen?"

"Wir sind hinter diesem Rezept her, woraus Planeten gemacht sind. Wir bekommen die Zutaten für Jupiter, wir werden verstehen, wie seine Struktur im Innern aussieht, wie er sich so entwickelt hat, und das wird uns weiterführen zu dem, was in der frühen Zeit passiert ist, das schließlich zu uns geführt hat."

Die enorme 59 Meter große ATLAS V mit fünf angeflanschten Feststoffstartraketen für zusätzlichem Schub, zündete mit einem gewaltigen Brüllen um 18:25 Uhr MESZ, produzierte dabei 10,94 Meganewton an Schub und drückte das Raumfahrzeug von der Startrampe 41 des US-Luftwaffenstützpunktes Cape Canaveral in die Höhe. Dies war erst der zweite Start einer ATLAS V mit fünf Startraketen, die stärkste Variante dieses Trägerraketentyps von United Launch Alliance.

Der Start hatte sich allerdings um 51 Minuten verzögert, weil zwei technische Probleme gelöst werden mußten, und weil sichergestellt werden mußte, daß die Gefahrenzone auf dem Meer frei war.

Während sie auf dem leuchtenden Schweif heißer Abgase emporstieg, beschleunigte die Rakete so sehr, daß sie bereits nach 34 Sekunden die Schallmauer durchstieß, dabei Richtung Osten abbog und eine spektakuäre Mittagsshow für Touristen und Bewohner der Region bot. Die Startraketen brannten nach nur einer Minute aus und fielen wie geplant von der ersten Stufe weg, die selbst nach viereinhalb Minuten ihrerseits ihren Treibstoff verbraucht hatte und ihren Betrieb einstellte.

Die mit Flüssigwasserstoff betriebene CENTAUR-Oberstufe führte nach der Stufentrennung eine ersten sechsminütige Schubphase aus, die das Raumfahrzeug in einen Übergangsorbit brachte. Eine zweite neunminütige Schubphase 31 Minuten später brachte die Raumsonde schließlich auf 40.125 km/h oder 11,146 km/s, deutlich über der Fluchtgeschwindigkeit der Erde, und weitere drei Minuten später trennte sich die vier Tonnen schwere Sonde von der CENTAUR-Oberstufe ab, um allein weiterzufliegen.

"Und zu diesem Zeitpunkt haben wir jeden Hinweis darauf, daß wir einen erfolgreichen Start der ATLAS V, der ATLAS-CENTAUR-Rakete hatten, und daß JUNO jetzt auf ihrem Weg zum Jupiter ist", erklärte George Diller, der Startkommentator der NASA auf NASA-TV.

Die ATLAS V war nicht stark genug, um die Raumsonde direkt zum Jupiter zu schießen. Stattdessen wird JUNO über die Umlaufbahn des Mars hinausfliegen und dann mit ihrem Bordtriebwerk im September 2012 ein Manöver ausführen, daß sie zurück in's innere Sonnensystem fallen läßt, wo sie bei einem Vorbeiflug an der Erde zusätzlichen Schwung holt, der sie schließlich am 5. Juli 2016 den Jupiter erreichen läßt.

Die Hauptziele der Mission sind, den größten und vermutlich ältesten Planeten des Sonnensystems zu nutzen, um fundamentale Fragen über die Entwicklung des frühen Sonnensystems und die laufenden Prozesse im verborgenen Herz der Gasgiganten wie Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und den vielen, die in Umlaufbahnen um ferne Sterne entdeckt wurden, zu beantworten.

Die Missionsziele beinhalten:

  • Die Bestimmung, wieviel Wasser in der Jupiteratmosphäre vorhanden ist, ein Schlüsselfaktor in den Theorien darüber, wie sich das Sonnensystem gebildet hat und die Verteilung der Elemente im solaren Urnebel;
  • Das Messen der Zusammensetzung, die Temperatur und die Bewegung der Wolken tief in der Jupiteratmosphäre;
  • Die Charakterisierung des Magnet- und Schwerfeldes, um mehr über die innere Struktur des Planeten zu erfahren, und ob ein fester Kern vorhanden ist;
  • Das Studium der Magnetosphäre des Jupiters und die intensiven Auroren an den Polen des Planeten, um mehr über die Magnetosphäre und ihre Auswirkungen auf die Atmosphäre zu erfahren.

Mit dem Bremsmanöver in die Jupiterumlaufbahn im Jahr 2016 wird JUNO bis auf 5000 km Höhe über den oberen Wolkenschichten pro Umlauf an den Planeten heranschwingen, um präzise Daten über die Stärke seines Magnet- und Schwerefeldes zu sammeln. Dabei wird sie sich in einer Polarbahn befinden und sich unter die intensiven Strahlungsgürtel ducken, die hochenergetische subatomare Partikel in Gebieten um den Äquator konzentrieren.

JUNO am Jupiter
Oben: JUNO am Jupiter. (Abbildung: NASA/JPL)
"Somit sind wir nicht nur über den Polen, sondern wir kommen dem Jupiter auch näher als irgendein anderes Raumfahrzeug zuvor", erläuterte Bolton. "Wir kommen bis auf 5000 km an die Wolkenobergrenze herunter und wir fliegen direkt über diesen Wolken hinweg und tauchen dabei tief unter die Strahlungsgürtel hinunter, was sehr wichtig für uns ist. Weil nämlich diese Strahlungsgürtel die gefährlichste Region im ganzen Sonnensystem sind, abgesehen davon, in die Sonne selbst zu fliegen."

Aber selbst in diesem Polarorbit wird JUNO in einem Jahr dem Äquivalent von 100 Millionen Zahnarzt-Röntgenuntersuchungen an Strahlung ausgesetzt. Um in dieser höllischen Umgebung zu überleben, ist die Elektronik der Raumsonde praktisch in einem "Bunker" aus Titan eingeschlossen.

"Wir gehen im Grunde mit einem Panzer zum Jupiter", meinte Bolton.

Aber auch bei reduziertem Strahlungsniveau wird die Lebensspanne der Raumsonde rund ein Jahr oder 33 Umläufe kaum überschreiten können. An diesem Punkt wird JUNO dann angewiesen, in die Jupiteratmosphäre hineinzusteuern und dort zu verglühen, um eine mögliche Kollision mit einem der Jupitermonde in der Zukunft zu vermeiden. Damit soll eine Verschmutzung der unter der Oberfläche der Eismonde vermuteten Ozeane verhindert werden.

Gebaut von Lockheed Martin Raumfahrtsysteme in Denver im US-Bundesstaat Colorado und verwaltet vom Laboratorium für Strahlantriebe (JPL) der NASA im kalifornischen Pasadena bei Los Angeles wird JUNO die neunte Raumsonde sein, die den Jupiter besucht und erst die zweite, die in eine Umlaufbahn um die riesige Welt einschwenkt.

Alle vorangegangenen Raumsonden wurden von Thermoelektrischen Radioisotopgeneratoren (RTGs) mit Strom versorgt. RTGs verwenden Strahlungsthermoelemente, um die beim radioaktiven Zerfall erzeugte Wärme in elektrischen Strom umzuwandeln. JUNO ist die erste solarbetriebene Raumsonde, die entworfen wurde, um einen äußeren Planeten in 750 Millionen km Entfernung zu studieren, wo das Sonnenlicht 25 Mal schwächer ist als an der Erde.

Als Resultat werden drei riesige Solarzellenflügel benötigt, jedes von der Größe eines Sattelzugaufliegers, die sternförmig um den Hauptkörper der Sonde angeordnet sind. In erdnähe produzieren diese Flächen rund 14 Kilowatt an Strom, aber am Jupiter stellen sie nur noch 400 Watt bereit. Das reicht dennoch aus, um die Instrumente und Subsysteme der Sonde zu versorgen.

Während sie aus Stabilitätsgründen mit zwei Umdrehungen pro Minute um ihre Achse rotiert, wird JUNO das starke Magnetfeld des Jupiters vermessen, seine enormen Auroren, die energiereichsten im Sonnensystem, studieren, die Bewegungen seines farbenreichen Wolkengürtels, des großen roten Flecks und anderer Oberflächenstürme kartieren und das extrem starke Schwerefeld des Planeten nutzen, um das verborgene Innere des Planeten zu untersuchen, wo die Wissenschaftler unter den 40 Millionen bar Druck der Atmosphäre einen zerkleinerten festen Kern vermuten.

"Wenn man zum Beispiel von Alpha Centauri aus unser Sonnensystem betrachtet, würde man nur die Sonne, vier Planeten und einige Bruchstücke sehen", erklärte Toby Owen, ein JUNO-Wissenschaftler von der Universität von Hawaii. "Wir sind mitten in den Bruchstücken. Deshalb fühlt man sich wie ein Archäologe, der von Splittern und Stücken aus Marmor und einigen Gefäßen umgeben ist, und man versucht herauszufinden, wo sie herkommen, welche Art von Zivilisation sie hergestellt hat, und wir sind hier in der gleichen Situation mit dem Sonnensystem.

Wir sind in den Trümmern, den Splittern und Bruchstücken, und der Grund, warum wir zum Jupiter wollen, ist, daß erdas Originalmaterial aus dieser Scheibe konserviert hat, von diesem solaren Nebel, wie wir ihn nennen. Und deshalb haben wir mit dem Studium von Jupiter die Chance, in die Zeit zurückzugehen und uns die Bedingungen und die Zusammensetzungen anzuschauen, die damals existierten."

Eines der größeren Missionsziele JUNOs ist zu bestimmen, wieviel Sauerstoff dort vorhanden ist. Jupiter sollte in etwa die gleiche Menge wie die Sonne haben, aber Daten der NASA-Raumsonde GALILEO wiesen daraufhin, daß dies nicht der Fall war.

"Einige der schweren Elemente, insbesondere Kohlenstoff und Stickstoff, sind in der Jupiteratmosphäre höher konzentriert als in der Sonne", erläuterte Owen. "Bei Sauerstoff könnte es genauso sein, oder auch nicht, und das ist einer der Gründe, warum wir so gespannt sind, es herauszufinden. Wenn Sauerstoff in der Jupiteratmosphäre reicher vorhanden ist als der Kohlenstoff und der Stickstoff, dann müssen wir herausfinden, warum das so ist."

JUNO im Jupiterorbit
Oben: Die JUNO-Raumsonde wird in dieser künstlerischen Darstellung in der Umlaufbahn über den farbreichen Wolken des Jupiters gezeigt. (Abbildung: NASA/JPL)
Wenn das der Fall ist, dann bedeutet, dies, daß sich Jupiter weiter draußen im Sonnensystem gebildet hat, wo mehr Eis im solaren nebel vorhanden war, und dann nach Innen gewandert ist. Wenn sich Jupiter dort gebildet hat, wo er jetzt ist, sollte JUNO in etwa die selben Mengen an Sauerstoff, Kohlenstoff und Stickstoff messen.

"Wenn aber stattdessen die Sauerstoffkonzentration niedriger ist als die des Kohlenstoffs und des Stickstoffs, dann würden wir erwarten, daß sich der Sauerstoff mit Silizium verbunden hat, um Felsgesteinmineralien zu bilden", meinte Owen. "Diese Felsen hätten sich abgeschieden und zu einer riesigen Masse zusammengefügt, diese 10 Erdmassen, die den Kern ausmachen. Wir wissen nicht, ob das so passiert ist. Aber wir haben ein Experiment, das uns etwas über die Konzentration der Materie im Zentrum erzählen kann."

Durch die sorgfältige Überwachung der Radiosignale von JUNO sind die Wissenschaftler in der Lage geringste Änderungen in der Geschwindigkeit der Raumsonde anzumessen, die vom Schwerefeld des Jupiters verursacht werden. Dies stellt eine Methode zur Verfügung, um die Verteilung der Masse im Innern des Planeten direkt zu messen.

"Wenn wir zusätzlich noch die Informationen vom Sauerstoff über die Bildung von Felsgestein haben, dann steuern wir ziemlich genau auf die tatsache zu, daß Jupiter einen Kern hat und das wird ein sehr wichtiges Ergebnis sein", meinte Owen. "Weil uns das sagen wird, ob dieses Modell, daß Jupiter aus einem 10-Erdmassen-Objekt entstanden ist, richtig ist."

Schaut man sich das Gesamtbild an, meinte Bolton, dann ist die Geschichte Jupiters direkt mit der der Erde verbunden, "weil die Stoffe, die im Jupiter angereichert sind, diese schweren Elemente, alles was schwerer als Helium ist, die sind, aus denen wir gemacht sind, aus denen die Erde gemacht ist, aus denen das ganze Leben gemacht ist."

"Wir versuchen herauszufinden, wie diese Geschichte ausgesehen hat, damals am Anfang des Sonnensystems, wie diese Dinge in den Jupiter gekommen sind, und wie die Planeten mehr davon abbekommen haben, als die Sonne, weil es ganz offensichtlich zu uns geführt hat."

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

Kommentar abgeben


letzte Änderung am 6. August MMXI