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Bericht 10. Juli 2018
PROGRESS-Transporter absolviert bisher schnellsten Flug zur ISS
Russischer Frachter erreicht in der Nacht nach nur zwei Erdumläufen sein Ziel und koppelt am PIRS-Modul an

Start von 

PROGRESS MS-09
Oben: Start der SOJUS 2.1a mit dem PROGRESS MS-09 auf der Spitze. Photo: Roskosmos, NASA TV
Ein russischer PROGRESS-Versorgungsfrachter ist in der Nacht zum Dienstag auf der Spitze einer SOJUS-Trägerrakete vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan gestartet und hat auf einer perfekt gezeiteten Flugbahn nach nur 3 Stunden und 40 Minuten die Internationale Raumstation erreicht.

Der Transporter PROGRESS MS-09 hob auf dem SOJUS-2.1a Träger um 23:51:34 Uhr MESZ von der historischen Startrampe in der kasachischen Steppe ab. Direkt nach dem Start neigte sich seine Spitze Richtung Nordwest und beschleunigte schnell auf Überschallgeschwindigkeit, wobei er den Himmel über dem Kosmodrom grellorange erleuchtete.

Die dreistufige SOJUS-Trägerrakete gab den PROGRESS MS-09 nach 8:48 Minuten frei. Vorprogrammierte Kommandos sorgten sobald danach für das Entfalten der stromerzeugenden Solarzellen und der Navigations- und Kommunikationsantennen des Frachters.

Eine Reihe von Triebwerkseinsätzen des Raumfahrzeugs begann in der ersten Stunde der Mission, darunter ein größeres Bahnänderungsmanöver 44 Minuten nach dem Start, um die Umlaufbahn des Raumfahrzeugs der der Raumstation anzupassen.

Der Transporter führte schließlich ein radargesteuertes Rendezvousmanöver aus, das mit einer Kopplung am Modul PIRS um 3:31 Uhr MESZ sogar noch 8 Minuten vor dem Zeitplan abgeschlossen wurde.

Die russischen Ingenieure hatten den PROGRESS MS-09 auf die schnellste Flugbahn zur ISS überhaupt gebracht. Das Rendezvous nach nur zwei Erdumrundungen war nur durch einen präzise gezeiteten Start der SOJUS, kurz bevor die Station das Kosmodrom überflog, möglich.

Zum Zeitpunkt des Starts befand sich die Station gerade an einem Punkt auf ihrer Bahn rund 595 Kilometer südwestlich von Baikonur. Als der PROGRESS die Umlaufbahn erreichte, war er dann nur 1614 km hinter der ISS, auf seiner niedrigeren Einschußumlaufbahn aber schneller als die Station.

Alle Missionen zur Raumstation starten, wenn die Erdrotation die Startrampe genau in die Bahnebene des Orbitallabors hineinträgt, aber bislang befand sich die Station zu diesem Zeitpunkt dann an einem Punkt auf ihrer Bahn, der das anfliegende Raumfahrzeug zwang, eine deutlich größere Distanz zu ihr zu überwinden.

PROGRESS MS-09 an der ISS
Oben: Der PROGRESS MS-09 unmittelbar nach dem Anlegen am Kopplungs- und Schleusenmodul PIRS. Der Frachter hat für den Flug nur 3 STunden und 40 Minuten gebraucht. Photo: NASA TV
Bis 2012 waren russische Raumfahrzeuge auf Flugbahnen gestartet, auf denen sie zwei Tage zur ISS unterwegs waren. Das gemächliche Rendezvous-Profil zog die Zeiten zwischen den notwendigen Bahnmanöver für den Anflug auf den 400-Tonnen schweren orbitalen Forschungskomplex weit auseinander.

Aber dann begannen die russischen Verantwortlichen PROGRESS-Transporter auf einer beschleunigten sechsstündigen Flugbahn zu starten und übernahmen dieses Flugprofil im Jahr 2013 zum ersten Mal auch bei einem bemannten SOJUS-Raumfahrzeug. Dabei erreichten die Raumfahrzeuge die Station immerhin schon nach vier Erdumläufen. Montag Nacht brauchten sie nur noch zwei dafür.

Die amerikanischen Frachtraumfahrzeuge von SpaceX und Northrop Grumman Innovation Systems (früher Orbital ATK) brauchen typischerweise mehrere Tage, um nach dem Start die Raumstation zu erreichen.

Zwei zuvor erfolgte Versuche im letzten Oktober und im Februar, einen PROGRESS- Transporter auf diese besonders schnelle Flugbahn zur ISS zu bringen, mußten wegen technischer Probleme jeweils in der letzten Minute vor dem Start abgebrochen werden. In beiden Fällen ersetzten die russischen Techniker nach den erfolglosen Startversuchen eine fehlerhafte Steuereinheit in den SOJUS-Trägern.

Da mit den Startabbrüchen die besondere Gelegenheit zum Start auf die superschnelle Transferbahn, für die unter anderem auch die Bahn der ISS angepaßt werden mußte, verpaßt wurde, starteten die PROGRESS MS-07 und MS-08 dann jeweils einen Tag später auf deutlich längeren, aber flexibleren Zwei-Tage-Transferbahnen.

Rußland plant nun, diese superschnelle Transferbahn auch für die bemannten SOJUS-Raumfahrzeuge zu nutzen. Allerdings will man diese Technik erst mehrere Male mit den unbemannten Frachtern testen, bevor man sie bei den bemannten Transportern anwendet.

Die nächsten zwei bemannten Starts SOJUS MS-10 am 11. Oktober und SOJUS MS-11 am 20. Dezember werden aber die bereits bewährte sechsstündige Transferbahn nutzen. SOJUS MS-12 soll dann auch der erste bemannte SOJUS-Transporter sein, der auf einem SOJUS-2.1a-Träger startet.

Konfiguration der ISS
Oben: Die aktuelle Konfiguration der ISS (Stand 10. 7. 2018). Derzeit sind sechs Raumfahrzeuge am Außenposten angekoppelt, davon vier Frachtraumfahrzeuge. Neben den beiden russischen Transportern PROGRESS MS-08 am Ende von SWESDA und PROGRESS MS-09 an PIRS noch eine DRAGON von SpaceX am Knotenmodul HARMONY und eine CYGNUS am Knotenmodul UNITY. Die bemannten Raumfahrzeuge sind die SOJUS MS-08 am Miniforschungsmodul POISK und die SOJUS MS-09 (mit der Alexander Gerst letzten Monat zur ISS gekommen ist) am Miniforschungsmodul RASSWET. Abbildung: NASA
Der Start auf diesem Träger war für die PROGRESS-Transporter nach dem Fehlstart des PROGRESS MS-04 im Dezember 2016 eingeführt worden. Für die SOJUS- Raumfahrzeuge wollten aber die Amerikaner weiterhin die bewährte SOJUS-FG eingesetzt sehen, obwohl sie wie die SOJUS-U Träger das Oberstufentriebwerk RD-0110 verwendet, das zum Fehlstart und Absturz des PROGRESS MS-04 geführt hatte.

Der PROGRESS MS-09 ist mit 2.566 kg an Fracht gestartet. Darunter

  • 530 kg Treibstoff
  • 51 kg Sauerstoff und Luft
  • 420 kg Wasser
  • 1565 kg Nahrungsmittel, Kleidung, Ersatzteile und Experimentenausrüstung

Die russischen Kosmonauten Oleg Artemjew und Sergeij Prokopjew saßen während der automatischen Annäherung des PROGRESS am Steuerpult im Servicemodul SWESDA, bereit einzugreifen, sollte eine Störung dies erforderlich machen.

Dies war aber nicht der Fall und der Transporter wurde vom automatischen Rendezvoussystem KURS perfekt in den Kopplungsstutzen des PIRS-Moduls hineingelenkt.

Die Kosmonauten haben wenige Stunden nach dem Anlegen, nach Abschluß der erforderlichen Dichtigkeitstests, die Luken zum Transporter geöffnet und mit dem Entladen begonnen.

Der PROGRESS soll rund ein halbes Jahr an der Station angekoppelt bleiben. Anfang nächsten Jahres wird er mit Müll beladen und nach dem Ablegen auf einen Kurs gebracht, bei dem er beim Wiedereintritt über dem Pazifik verglüht.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 10. Juli 2018