Artikel 25. Oktober 2002 | ||||
Belgischer ESA-Astronaut bereit für ISS-Mission
Frank De Winne bestreitet Jungfernflug mit neuer Sojus TMA-1 - Verschiebung wegen Unglücks in Plesetsk
De Winne, ein ehemaliger Pilot der belgischen Luftwaffe und nun Mitglied des 16köpfigen Astronautenkorps der ESA, tritt in die Fußstapfen einer Reihe europäischer Astronauten, die bereits zur Internationalen Raumstation geflogen sind und auf ihr gearbeitet haben. Hauptzweck der elftägigen Mission Odissea ist der Austausch des gegenwärtig an der Raumstation angedockten Sojus-Fahrzeugs TM-34 gegen den neuen Typ Sojus TMA-1, um sicherzustellen, daß das im Notfall zur Evakuierung der ISS-Bordmannschaft dienende Raumfahrzeug immer in bestem Zustand ist. De Winne wird an diesem Erprobungsflug des neuen Sojus-Fahrzeugs TMA-1 als Sojus-Flugingenieur teilnehmen. Zur Bordmannschaft zählen außerdem der Sojus-Missionskommandant Sergej Saljetin und der Sojus-Flugingenieur Jurij Walentinowitsch Lontschakow. „Es ist eine Ehre, als erster Belgier zur Raumstation zu fliegen und als erster Nicht-Russe am Jungfernflug eines neuen russischen Sojus-Fahrzeugs teilzunehmen“, sagte De Winne in den letzten Tagen seiner Ausbildung vor dem Start in der Sternenstadt bei Moskau. „Die Mehrzweckmission Odissea ist ein Zeichen für die wachsende Rolle Europas in der raschen Entwicklung der Raumstation, und die Ausbildung für diese Mission war eine große Herausforderung und sehr lohnend. Ich warte mit Spannung auf meine Ankunft nächste Woche in der Station, wo ich meine Astronauten- und Kosmonautenkollegen treffen werde und schließlich die monatelange Ausbildung in die Praxis umsetzen kann“, fügte er hinzu. Zwei Tage nach dem Start wird sich die Sojus TMA-1 mit De Winne, Saljetin und Lontschakow dem in einer Umlaufbahn in rund 400 km Höhe über der Erde befindlichen Komplex nähern und an ihn andocken.
„In nur zwei Jahren, wenn das Columbus-Modul der Internationalen Raumstation hinzugefügt ist, wird Europa ein eigenes ständig verfügbares Labor im Weltraum für wissenschaftliche und anwendungsorientierte Experimente, Technologieerprobungen und kommerzielle Dienste haben“, sagte der ESA-Direktor für Bemannte Raumfahrt und Schwerelosigkeitsforschung, Jörg Feustel-Büechl. „Dieser Flug ist ein weiterer wichtiger Schritt nicht nur in der Zusammenarbeit mit unseren russischen Partnern, sondern auch für die praktische Vorbereitung der europäischen Astronauten auf ihre künftige Rolle als Flugingenieure und wissenschaftliche Experimentatoren auf der Internationalen Raumstation.“ Während seines achttägigen [neuntägigen] Aufenthalts auf der Raumstation wird De Winne ein Programm aus 23 Experimenten in den Bereichen lebenswissenschaftliche und physikalische Forschung sowie Bildung durchführen, davon vier in einer neuen, wichtigen Versuchseinrichtung - dem Handschuhkasten für Schwerelosigkeitsforschung (MSG) -, die in Europa entworfen und entwickelt wurde. Der MSG ist eine hermetisch abgeschlossene Einrichtung zur Durchführung von Verbrennungs-, fluidwissenschaftlichen und biotechnischen Experimenten in einer sicheren und kontrollierten schwerelosen Umgebung. „Die Experimente im MSG sind recht komplex und haben positive einschlägige Auswirkungen auf die Wissenschaft und kommerzielle Technologie auf der Erde. Sie betreffen eine Palette verschiedener Fachbereiche und Anwendungen und haben alle letztlich das Ziel, die Lebensbedingungen auf der Erde zu verbessern“, sagte De Winne. „Bei diesem Flug soll echte Forschung betrieben werden, und es ist eine Ehre, an diesem umfangreichen Wissenschafts- und Technologieprogramm teilzunehmen.“ De Winne hatte erst im Sommer 2001 erfahren, daß er seine Ausbildung für diesen Sojus-„Taxiflug“ aufnehmen soll, und hatte Houston (USA) verlassen, wo er sich als ESA-Astronaut auf einen möglichen Raumtransporterflug vorbereitet hatte. „Es war zunächst eine große Überraschung, aber die russischen Ausbildungsmethoden unterscheiden sich gar nicht so sehr von den europäischen und amerikanischen - der Grundsatz unserer Ausbildung besteht darin, gute Lernbedingungen zu schaffen, nachdem die harte Auswahlphase abgeschlossen ist“, erklärte er. Die größte Herausforderung dieser Mission war, innerhalb von acht Monaten ein umfassendes Nutzlastprogramm aus 23 Experimenten zusammenzustellen. Die Mission Odissea schließt sich an die Mission Marco Polo vom
vergangenen April mit dem italienischen ESA-Astronauten Roberto Vittori an
und gehört zu einer Reihe europäischer bemannter Missionen zur
Raumstation. So bereitet sich der schwedische ESA-Astronaut Christer
Fuglesang gegenwärtig für Juli 2003 auf eine Raumtransportermission zur
Internationalen Raumstation vor, bei der er mehrere Außenbordeinsätze
durchführen soll, um neue Segmente am Fachwerkgerüst der Raumstation zu
befestigen. |