Artikel 9. März 2008 |
||||||||
Europa startet ersten ATV-Versorgungstransporter zur ISS
JULES VERNE in exzellentem Zustand - stabiler Orbit erreicht und Solarzellen ausgefahren
Der Start erfolgte um 5:03 Uhr MEZ (1:03 Uhr Ortszeit) vom Raumfahrtzentrum Guayana, Europas Raumflughafen in Kourou in Französisch Guayana, aus. Um das ATV - mit beinahe 20 Tonnen mehr als doppelt so schwer wie die letzte von einer Ariane-5 gestartete Nutzlast - auf seine 51,6 Grad gegen den Äquator geneigte niedrige Kreisbahn zu bringen, war eine neue Ausführung von Europas Schwerlastträger Ariane 5 erforderlich. Die speziell auf den ATV-Start zugeschnittene Ariane 5ES wurde mit einer besonderen, erneut zündbaren Oberstufe ausgestattet. Die ungewöhnliche Flugbahn erforderte den Einsatz von zwei neuen Telemetrie- und Bahnverfolgungsstationen: eine auf einem Schiff im Atlantik installierte mobile Station und eine weitere auf den Azoren. Das Oberstufentriebwerk der Ariane 5 wurde ein erstes Mal für acht Minuten über dem Atlantik gezündet, anschließend für einen 45-minütigen antriebslosen Flug über Europa und Asien wieder abgeschaltet und über Australien zur Einbringung in die Kreisbahn 40 Sekunden lang erneut gezündet. Die von einer Bodenstation in Neuseeland überwachte Trennung von JULES VERNE und der Ariane-5-Oberstufe erfolgte um 6:09 Uhr MEZ (2:09 Uhr Ortszeit). Gegen 6:40 Uhr wurde dann gemeldet, daß auch die Solarzellenflächen des Raumfahrzeugs, die es während der nächsten Wochen mit Strom versorgen sollen, sich erfolgreich entfaltet hätten. Das ATV befindet sich in exzellentem Zustand und hat mit der Verfolgung der ISS begonnen. Europas bisher größtes und komplexestes Raumfahrzeug JULES VERNE umrundet nun die Erde auf derselben Flugbahn wie die ISS, allerdings nicht wie die Raumstation in 345 km, sondern nur in 260 km Höhe. Es wird nun rund um die Uhr von dem eigens hierfür eingerichteten ATV-Leitzentrum in Toulouse (Frankreich) überwacht. Das auf dem Gelände der französischen Raumfahrtagentur CNES eingerichtete Leitzentrum übernimmt in Abstimmung mit den ISS-Missionsleitzentren in Moskau und Houston die Flugüberwachung der ATV-Missionen. Nach der Demonstration verschiedener Sicherheitsmanöver im Freiflug wird sich das ATV etappenweise der Umlaufbahn der ISS annähern, um am 3. April nach dem Abflug des Space Shuttles ENDEAVOUR ein erstes Andockmanöver durchzuführen.
Darüber hinaus ist das ATV das weltweit erste Raumfahrzeug, das vollautomatisch und den äußerst strengen Sicherheitsanforderungen der bemannten Raumfahrt entsprechend andocken kann. Hierfür ist es mit hochpräzisen Navigationssystemen und einer Flugsoftware ausgestattet, die wesentlich komplexer ist als etwa die auf der Ariane-5. Ein weiterer Beitrag der ESA zur ISS
Bei diesem ersten ATV-Flug wird JULES VERNE 4,6 Tonnen Nutzlast zur ISS bringen, darunter 1 150 kg Trockenfracht, 856 kg Treibstoff für das russische SWESDA-Modul, 270 kg Trinkwasser und 21 kg Sauerstoff. Für die künftigen ATV-Missionen ist jedoch eine Erhöhung der Nutzlastkapazität auf 7,4 Tonnen geplant. Etwa die Hälfte der Nutzlast an Bord von JULES VERNE entfällt auf den Treibstoff, mit dem das Antriebssystem des ATV in regelmäßigen Abständen die Bahn der ISS anhebt, um den durch den Luftwiderstand in der Atmosphäre verursachten natürlichen Höhenverlust auszugleichen. Am Ende seiner viermonatigen Mission als Raumstationsmodul wird JULES VERNE mit Stationsabfall beladen von der ISS abgekoppelt, über dem Südpazifik aus seiner seiner Umlaufbahn gelenkt und kontrolliert in der Erdatmosphäre verglühen. Eröffnung neuer Perspektiven
Mit den ATV der ESA, den russischen Progress-Versorgungsfahrzeugen und dem japanischen HTV (H-II-Transferfahrzeug) wird der ISS-Betrieb auch nach Beendigung der amerikanischen Shuttle-Flüge im Jahr 2010 über zwei voneinander unabhängige Versorgungssysteme gesichert sein - ein für den nachhaltigen und verlässlichen Einsatz der Raumstation lebenswichtiger Faktor. "Nachdem Europa letzten Monat mit der Montage von COLUMBUS sozusagen seine eigene Wohnung in der ISS beziehen konnte, haben wir mit dem Start des ersten ATV nun auch den dazugehörigen Versorgungslaster“, so Daniel Sacotte, ESA-Direktor für Bemannte Raumfahrt, Schwerelosigkeitsforschung und Exploration. "Wir sind jetzt nicht nur Miteigentümer der ISS, sondern auch vollwertige Partner beim Betrieb der Raumstation, den das ATV durch Frachtlieferungen und Anhebung der Bahnhöhe unterstützen wird.“ "JULES VERNE ist nicht nur das bisher schwerste und komplexeste von der ESA gebaute Raumfahrzeug, sein Start an Bord einer Ariane 5ES ist vielmehr ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg der ESA, sich als unverzichtbarer Partner für die ISS zu etablieren“, gab ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain zu Wort. "Zu verdanken haben wir dies der engen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten, der europäischen Industrie, Arianespace, dem CNES, den Bediensteten der ESA und den internationalen Partnern. JULES VERNE wird jedoch noch einige wichtige Etappen meistern müssen, nämlich die automatischen Anflug- und Andockmanöver an die ISS, die vom ATV-Kontrollzentrum in Toulouse aus gesteuert werden. Wenn auch dieses Ziel erreicht ist, werden wir einen Riesenschritt für die Stärkung der Rolle der ESA im Hinblick auf die künftige internationale Exploration des Sonnensystems vollbracht haben.“ Quelle:
ESA Presseerklärung
|