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Artikel 4. März 2011
NASA-Forschungssatellit GLORY bei Fehlstart verloren
TAURUS-Nutzlastkappe wird weiterem NASA-Satelliten zum Verhängnis

TAURUS-Start
Oben: Der Start der TAURUS XL Trägerrakete mit dem Satelliten GLORY und drei CubeSats vom US-Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien verlief nach mehreren Startverschiebung zunächst planmäßig und ohne Probleme. (Photo: Orbital Sciences)
Zum zweiten Mal in Folge hat es eine feststoffbetriebene TAURUS-Trägerrakete nicht geschafft, einen Klimaforschungssatelliten der NASA in die Erdumlaufbahn zu bringen. Bei dem Start am heutigen Freitag, 4. März blieb erneut die Nutzlastkappe an der Oberstufe der Rakete hängen, nachdem sie eigentlich hätte abgeworfen werden sollen.

Durch diese Zusatzlast war die TAURUS-Rakete nicht in der Lage, die erforderliche Geschwindigkeit und Höhe für den Eintritt in die Erdumlaufbahn zu erreichen und die Oberstufe fiel zusammen mit dem $424 Millionen (ca. €300 Millionen) teuren Klimaforschungssatelliten GLORY zurück zur Erde.

"Mit dem Abwerfen der Nutzlastkappe wollen wir auch Gewicht loswerden", erklärte Omar Baez, der Startdirektor der NASA für diese Mission. "Offensichtlich sind wir dieses Gewicht nicht losgeworden und die Rakete kann nicht mit diesem zusätzlichen Gewicht in die Erdumlaufbahn kommen."

Die Rakete und der Satellit GLORY sind wahrscheinlich in den Südpazifik gestürzt, meinte Baez.

Der Fehlschlag stellt einen schweren Schlag für die Firma Orbital Sciences Corp. dar, die sowohl den Satelliten gebaut hat, als auch der Hauptvertragspartner für die TAURUS Trägerrakete ist.

"Ich denke es ist nicht untertrieben, wenn ich sage, daß wir heute nacht alle ziemlich am Boden zerstört sind, aber wir werden uns davon erholen", meinte Ron Grabe, der Generalgeschäftsführer von Orbital Sciences' Trägersystemgruppe. "Aber das Team wird sich wieder fangen, weil sie alle Profis sind. Und Orbital Sciences wird sich auch mit der TAURUS wieder fangen und zurückkehren."

Die aus zwei Halbschalen bestehende Nutzlastkappe sollte eigentlich knapp drei Minuten nach dem Start der TAURUS XL um 11:09:43 Uhr MEZ vom US-Luftwaffenstützpunkt Vandenberg in Kalifornien abgeworfen werden und bis zu diesem Zeitpunkt war der Flug der Trägerrakete nach Angaben der NASA-Verantwortlichen auch völlig normal verlaufen.

"Wir haben die GLORY-Mission verloren", erklärte Mike Luther, der stellvertretende Administrator für Programme in der wissenschaftlichen Abteilung der NASA. "Sie hätte uns wichtige Messungen für das Verständnis der Erde als ein System und die Einflüße des Klimawandels liefern sollen."

Die 1,6 Meter durchmessende Nutzlastkappe, gebaut von Vermont Composites, schützt den empfindlichen Satelliten und seine Sensoren vor atmosphärischen Verschmutzungen auf der Startrampe und vor dem Flugwind in den ersten Minuten des Fluges. Die Kappe wird abgeworfen, sobald die Rakete die obersten Schichten der Atmosphäre erreicht.

Aber irgendetwas verhinderte am Freitag Morgen, daß die Nasenkappe sich von der Oberstufe ablöste.

Sowohl NASA als auch Orbital Sciences berufen Untersuchungskommissionen ein, um herauszufinden, was geschehen ist.

Bereits im Februar 2009 hatte ein Mißgeschick mit der Nasenkappe den Verlust des$273 Millionen teueren NASA-Satelliten OCO (Orbitales Kohlenstoffobservatorium) bedeutet, als eine TAURUS-Trägerrakete gleicher Bauart ebenfalls nicht die Erdumlaufbahn erreichte.

Seit diesem Fehlschlag hatten die NASA und Orbital Sciences akribisch den Abwurfmechanismus für die Nasenkappe überarbeitet, und sind zu einem flugerbrobten System gewechselt, das schon dreimal erfolgreich bei Starts mit der MINOTAUR 4 Trägerrakete der Firma eingesetzt worden war.

Eine Untersuchung des Fehlstarts von 2009 konnte nicht die Hauptursache für den Verlust OCOs ermitteln, aber die Ingenieure deckten vier mögliche Gründe für die Anomalie auf und identifizierten die wahrscheinlichste Ursache. Die Verantwortlichen trugen den Ergebnissen der Untersuchungskommission Rechnung, als sie das Nutzlastkappenabwurfsystem der TAURUS umkonstruierten.

Nach Angabe von Grabe hatten die Ermittler der Kommission den wahrscheinlichsten Grund für den OCO-Fehlstart im Inititierungssystem des Nutzlastkappenabwurfmechanismus bestimmt.

Rich Straka, der stellvertretende Geschäftsführer für Startoperationen, erklärte, daß die Nutzlastkappe der TAURUS Explosivladungen verwende, um die zwei Hälften voneinander und von der Oberstufe zu trennen. Pneumatische Zylinder drücken dann die Kappenhälften wie an einem Scharnier auseinander.

TAURUS-Trägerraketen hatten bislang einen Heißgasgenerator verwendet, um die Trennzylinder auszufahren. Für den GLORY-Start ist Orbital Sciences aber zu dem Kaltgassystem der MINOTAUR 4 übergewechselt, das eine Hochdruck-Stickstoffgasflasche statt Heißgas dafür einsetzt.

Verpacken von GLORY
Oben: Der Satellit GLORY und die drei CubeSats werden unter die Nutzlastkappe der TAURUS verpackt. Die aus zwei Hälften bestehende Nutzlastkappe hätte knapp drei Minuten nach dem Start abgeworfen werden sollen. (Photo: NASA/Don Kososka/VAFB)
"Wir sind wirklich mit dem Gefühl an diesen Flug gegangen, daß wir das Nutzlastkappenproblem festgenagelt hätten", meinte Grabe auf der Pressekonferenz am Freitag Nachmittag.

Vor dem Start am Freitag hatten die Verantwortlichen gesagt, daß sie alles in ihrer Macht stehende getan hätten, um sicherzustellen, daß GLORYs TAURUS-Rakete gut für den Start wäre. Die GLORY-Mission war der erste TAURUS-Flug nach dem Verlust von OCO.

"Es ist ungefähr so, als wäre da dieses kalte Schwimmbecken und man muß seinen Zeh da hereinhalten. Wir haben alles getan, was wir konnten", hatte Baez vor dem Start gesagt. "Wir fühlen uns so gut dabei, wie es nur geht. Ich denke, daß das ganze Team tief in sich gegangen ist und sich alles, was wir getan haben, ganz genau angeschaut hat. Ich glaube nicht, daß wir noch etwas anderes entdecken können."

John Brunschwyler, Orbital's TAURUS-Programmleiter, erklärte letzten Monat, daß die Ingenieure nicht nur die Nutzlastkappe überarbeitet hätten, sondern auch die Struktur der Rakete, ihre elektrischen Systeme, ihre Flugleitsysteme und die Sprengladungen.

Aber all diese Arbeit war offenbar nicht genug, um den Fehlstart am Freitag zu verhindern.

Dies war der neunte Flug einer TAURUS-Rakete seit 1994. Sechs dieser Starts waren erfolgreich.

Der 528 kg schwere Satellit GLORY sollte in eine 705 km hohe Polarbahn geschossen werden, um sich zu einer Flotte von NASA-Klimaforschungssatelliten zu gesellen, deren Formation als der "A-Zug" bezeichnet wird.

GLORYs zwei wissenschaftliche Sensoren sollten nach Angaben der Forscher den Einfluß der Sonne auf das Erdklima überwachen und winzige Partikel in der Atmosphäre, Aerosole genannt, verfolgen.

Die Mission sollte den politischen Entscheidungsträgern dabei helfen zu entscheiden, wie man mit dem Klimawandel umgehen sollte, wie die GLORY-Programmleiterin am NASA-Hauptquartier Joy Bretthauer erklärte.

Ein Gesamtstrahlleistungsmeßgerät (TIM) wurde entwickelt, um die Sonnenhelligkeit zu messen und so die Datenaufzeichnungen von 32 Jahren fortzusetzen, die als Logbuch für den natürlichen Einfluß der Sonne auf das Erdklima dienen. Die Sonne liefert den größten Beitrag zum Wärmehaushalt des Planeten.

"Während wir versuchen zu entscheiden, welche Politik wir verfolgen sollen, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, ist es notwendig herauszufinden, wieviel wir davon beeinflussen können und wieviel nicht", meinte Greg Kopp, Wissenschaftler für das TIM-Instrument am Laboratorium für Atmosphären- und Weltraumphysik der Universität von Colorado.

GLORYs Aerosol-Polarimetersensor sollte natürliche und vom Menschen produzierte Aerosole identifizieren, winzige Partikel, die Unsicherheiten in die existierenden Klimamodelle einbringen. Zu den Aerosolen gehören u. a. Ruß, Smog und Staub.

Aerosole können vom Wind um die ganze Welt transportiert werden und GLORY wurde entwickelt, um Millionen von Messungen auf der ganzen Welt anzustellen.

Wissenschaftler meinen, daß Aerosole eine Schlüsselmethode darstellen, um die Verteilung der Sonnenenergie in der Erdatmosphäre zu bestimmen.

Die TAURUS-Rakete trug auch drei kleine CubeSat-Satelliten an Bord, die von Studenten in Montana, Colorado und Kentucky gebaut worden waren.

Verantwortliche erklärten, es sei zu früh, um darüber zu diskutieren, wie die aufeinanderfolgenden Fehlstarts die Pläne der NASA beeinflussen werden, weitere Satelliten mit der Trägerrakete zu starten. Die TAURUS hat derzeit eine weitere Mission auf dem Programm, den Start des OCO2-Satelliten Anfang 2013, der Ersatz für den 2009 verlorenen Satelliten.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold

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letzte Änderung am 4. März MMXI