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Artikel 16. Januar 2004
Keine Wartung mehr für HUBBLE
NASA streicht Wartungsmission SM-4 - Weltraumteleskop ist erstes Opfer von Bush's Raumfahrt-Initiative

Weltraumteleskop 
HUBBLE
Oben: Das Weltraumteleskop HUBBLE zum Abschluß der Mission STS-109, kurz nachdem es aus der Ladebucht der COLUMBIA entlassen wurde. (Photo: NASA/JSC)
Eine letzte geplante Raumfährenmission zur Wartung und Aufwertung des Weltraumteleskops HUBBLE, eines der wissenschaftlich produktivsten Raumfahrzeuge, das jemals in's All gestartet wurde, wurde gestrichen. Die Hauptgründe dafür sind nach Angaben von Verantwortlichen der NASA Sicherheitsbedenken im Nachhall des COLUMBIA-Unglücks und eine neue Direktive, nach der die Shuttle-Flottille bis zum Jahr 2010 außer Dienst gestellt werden soll.

"Diese Ankündigung macht den heutigen Tag zu einem sehr traurigen", erklärte der NASA-Chefwissenschaftler John Grunsfeld, selber Astronaut, der bei der Wartung von HUBBLE im Jahr 2002 mitgeholfen hatte. "Dennoch muß ich ihnen sagen, als jemand, der dem Projekt sehr nahe steht, daß sie die richtige Entscheidung getroffen haben. Sie ist im besten Interesse der NASA."

Diese Entscheidung bedeutet, daß eine weiterentwickelte Kamera und ein lichtbrechender Spektrograph, beide bereits fertiggestellt, nicht mehr in das Teleskop eingebaut werden. Sie überläßt HUBBLE außerdem der Gnade der alternden Lageregelungskreisel, der Batterien und der übrigen Ausrüstung.

Ausgehend von den Erfahrungen bezüglich der Lebensdauer der Kreisel und anderer Geräte sind die Ingenieure der Ansicht, daß eine 50%-ige Chance besteht, daß das Observatorium noch bis Mitte 2007 betrieben werden kann. Das sind drei Jahre früher, als die NASA ursprünglich für die Außerdienststellung angedacht hatte.

HUBBLE's Ersatz, das James Webb Weltraumteleskop, wird voraussichtlich nicht vor 2011 gestartet werden. Das Aussetzen der abschließenden Wartungsmission, bedeutet nun daß die Lücke in der astronomischen Forschungsarbeit zwischen HUBBLE und WEBB wird sich über mehr Jahre erstrecken, als die Wissenschaftler gedacht hatten.

"Wir werden versuchen so viel Leben wie möglich aus dem Weltraumtelekop HUBBLE herauszuholen", meinte Grunsfeld. "Wir haben uns gegenüber dem Büro für Weltraumwissenschaften verpflichtet, die Unterstützung der Forschungs- und Analysearbeiten auch über diesen Zeitpunkt (von HUBBLE's Ende) hinaus fortzusetzen."

NASA Administrator O'Keefe erklärte gegenüber den Technikern und Wissenschaftlern am Goddard Raumflugzentrum der NASA, daß diese Entscheidung auf verschiedenen Faktoren beruhe, einschließlich einer Empfehlung des COLUMBIA-Unfalluntersuchungsausschusses (CAIB), nach der eine Möglichkeit zur autonomen Reparatur von Hitzeschutzkacheln auch für Flüge, die nicht zur internationalen Raumstation gehen, vorhanden sein muß.

Die HUBBLE-Wartungsmission 4 (SM-4) sollte der letzte Flug auf dem Startmanifest der NASA sein, der nicht die ISS zum Ziel hat, wo die Besatzung einer beschädigten Raumfähre einen Reparaturversuch unternehmen oder auf Rettung warten könnte. Die CAIB-Empfehlung hätte bedeutet, daß die NASA Reparaturtechniken hätte entwickeln müssen, die auch auf einem Soloflug hätten eingesetzt werden können.

Grunsfeld erläuterte, daß die Kosten für diese Entwicklung, zusammen mit der jüngsten Direktive der Bush-Administration, dien Aufbau der Raumstation abzuschließen und die Shuttle-Flotte bis 2010 außer Dienst zu stellen, kaum eine andere Wahl gelassen hätten.

Grunsfeld und 
Linnehan
Oben: John Grunsfeld (links) und Richard Linnehan bei der letzten Wartungsmission SM-3B im März 2002. Hier wurde HUBBLE mit neuen Solarzellenflächen, einer verbesserten Energieversorgungsanlage und neuen wissenschaftlichen Instrumenten ausgerüstet. Außerdem wurden die Lageregelungskreisel ausgetauscht. (Photo: NASA/JSC)
"Der Präsident hat uns einen Plan zur Weltraumerkundung dargelegt", meinte Grunsfeld. "Als Teil davon hat er uns angewiesen, diese wertvolle Resource, die Raumfähre, mit Priorität zur Beendigung der Internationalen Raumstation einzusetzen und sie dann außer Dienst zu stellen.

Und wenn sie deshalb mal schauen, was es kosten würde, diese einzelne Mission zu unterstützen ... wenn man in Betracht zieht, daß die Raumfähre außer Dienst gestellt werden soll, dann hat das für die Entscheidung des Administrator den endgültigen Ausschlag gegeben. Diese Entscheidung wird sich auch im Budget des Präsidenten wiederspiegeln, das am 2. Februar veröffentlicht wird."

Die HUBBLE-Anhänger waren geschockt.

Am Weltraumteleskop-Forschungsinstitut (STSI) der Johns Hopkins Universität in Balimore, Maryland, sind die Leute besorgt darum, wie es für sie weitergehen wird. "HUBBLE war bislang immer eine Kronjuwele der NASA gewesen und ich hätte gehofft, daß dies die Entscheidung zur anderen Seite beeinflußt hätte. ... Dies ist ein trauriger Tag. Es ist, als ginge man durch eine Leichenhalle."

Vor dem COLUMBIA-Unglück hatte die NASA geplant, eine letzte Wartungsmission zu starten, um den Spektrographen zur Erforschung der kosmischen Ursprünge und eine neue Weitwinkelkamera der dritten Generation einzubauen. Die Astronauten planten außerdem auf ihren Außeneinsätzen die lagestabilisierenden Kreisel, die alternden Batterien und andere Geräte auszutauschen und so HUBBLE bis etwa 2010 am Leben zu erhalten.

Bereits jetzt sind nur noch vier der sechs Lageregelungskreisel im Betrieb und mindestens drei werden benötigt, um die wissenschaftliche Arbeit fortzusetzen. Ingenieure hoffen, eine Software zu entwickeln, die es erlaubt, das Teleskop auch mit nur zwei Kreiseln zu steuern, aber diese Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen.

Wie lange HUBBLE ohne eine weitere Wartungsmission noch im Betrieb bleiben kann, kann nur geschätzt werden.

"Wie lange HUBBLE noch durchhalten kann ist eine Frage der Wahrscheinlichkeitsrechnung", meinte ein Projektwissenschaftler, der nicht genannt werden wollte. "Wer weiß schon, was als erstes ausfallen wird? Unsere größten Sorgenkinder waren immer die Kreisel und die Batterien, die beide auf der SM-4 ausgetauscht worden wären." Ausgehend von der Leistungsbilanz der Kreisel n der Vergangenheit, "schätzen wir, daß wir mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit noch rund zwei Jahre haben, bevor wir nur noch zwei Kreisel zur Verfügung haben", meinte er. "Aber es kann genauso gut auch schon morgen oder erst in acht Jahren soweit sein."

"Wir brauchen drei Kreisel um so wie bisher zu arbeiten. Wir glauben, daß wir Software entwickeln können, mit der wir mit nur zwei Kreiseln noch 70% der Forschung durchführen können, die die wissenschaftliche Gemeinschaft gerne sähe. Und in der Tat hat das Hauptquartier selbst bereits vor einigen Monaten Goddard und das Institut damit beauftragt, einen solchen Zwei-Kreisel-Modus zu entwickeln. Und natürlich werden wir das auch tun."

Astronauten der 
SM-3B
Oben: Die Astronauten Richard Linnehan, Jim Newman, John Grunsfeld und Michael Massimino (von links) waren die letzten, die das Weltraumteleskop HUBBLE aus der Nähe gesehen und berührt haben. (Photo: NASA/JSC)
Damit könnte HUBBLE noch bis Mitte 2007 betriebsfähig sein, aber Garantien dafür gibt es nicht. Die Batterien stellen ein anderes Problem dar

Die Batterien sind immer noch die originalen Batterien, und die sind inzwischen weit über ihre veranschlgte Lebensdauer hinaus", erklärte der Astronom. "Sie zeigen inzwischen kleine seltsame Anzeichen der Alterung, die keiner von uns so richtig deuten kann. Das ist eine weitere Unbekannte. Und dann kann man natürlich noch eine Reihe von anderen Dingen nennen, die den Betrieb unterbrechen können."

Buchstäblich in den Sternen steht das Schicksal des Weltraumteleskop Forschungsinstitutes und der teuren Instrumente, die bereits für die SM-4 gebaut wurden.

"Der Spektrograph zur Erforschung der kosmischen Ursprünge und die weitwinkel 3 sind so gut wie fertig und es sind beides phantastische Instrumente. Wir werden uns jetzt die Haare raufen müssen, um eine gute Möglichkeit zu finden, noch wissenschaftliche Erkenntnisse mit diesen Geräten zu produzieren", meinte Grunsfeld.

"Die verschiedenen Optionen, die wir zur Zeit untersuchen, nichts definitives, aber eine Möglichkeit wäre, daß wir einen Weg finden diese Instrumente auf einer unserer ... Mittelklasse-Erkundungsmissionen unterzubringen", sagte er.

"Der Spektrograph, zum Beispiel, könnte mit einem relativ kleinen Spiegel kombiniert werden, mit einem oder anderthalb Meter Durchmesser, und immer noch höchst wichtige wissenschaftliche Forschung machen."

Quelle: Spaceflight Now


letzte Änderung am 24. Januar MMIV