Zurück zur Startseite Astronomie
Zurück zur Startseite Zurück zur Astronomie-Indexseite
Artikel 29. September 2010
Forscher entdecken bislang erdähnlichsten Exoplaneten
Gliese 581g ist 20 Lichtjahre entfernt - befindet sich in der Lebenszone seines Sterns

Gliese 581
Oben: Eine künstlerische Darstellung von Gliese 581g, seinem Heimatstern, einem roten Zwerkstern, und den drei inneren Planeten des Systems. (Abbildung: Lynette Cook)
Ein etwa erdgroßer Planet wurde in der Umlaufbahn eines nahen Sterns entdeckt, in der er es nicht zu kalt und nicht zu warm hätte, sondern gerade richtig, daß dort Leben existieren könnte, wie Forscher am 29. September bekanntgaben.

Sollte sich dies bestätigen, dann wäre der Exoplanet mit der Bezeichnung Gliese 581g die erste erdähnliche Welt, die in der bewohnbaren Zone eines Sterns, der Region, wo die die Temperatur auf der Oberfläche des Planeten flüssiges Wasser ermöglicht, gefunden wurde.

Und die Entdecker des Planeten sind auch optimistisch über die Möglichkeit, dort Leben zu finden.

"Was mich persönlich betrifft, wenn man die Allgegenwärtigkeit und den Hang des Lebens berücksichtigt, überall dort zu gedeihen, wo es geht, dann sagt mir mein Gefühl, daß die Chancen für Leben auf diesem Planeten 100 Prozent sind", meinte Steven Vogt, Professor für Astronomie und Astrophysik an der Universität von Kalifornien in Santa Cruz während einer Pressekonferenz. "Darüber habe ich so gut wie keine Zweifel."

Sein Kollege Paul Butler vom Carnegie Institut von Washington in Washington D. C., war nicht so bereit, eine Prozentzahl für die Wahrscheinlichkeit auf Leben anzugeben, obwohl er zugab, daß er optimistisch sei.

"Es ist sowohl eine schrittweise erfolgte, als auch eine monumentale Entdeckung", erklärte Sara Seager, Astrophysikerin vom Massachussetts Institut für Technologie (MIT) gegenüber Space.com. Schrittweise deshalb, weil man mit der Methode, die man bei der Entdeckung von Gliese 581g eingesetzt hatte, bereits die meisten der bekannten Planten in der Umlaufbahn des Sterns entdeckt hatte, darunter zwei Supererden, massereicher als unser Planet, außerhalb der Lebenszone von Gliese 581. Außerdem noch weniger erdähnliche Planeten innerhalb der Lebenszone.

"Und es ist eine wirklich monumentale Entdeckung, wenn man dies als den ersten erdähnlichen Planeten ansieht, der in der Lebenszone des Sterns gefunden wurde", meinte Seager, die nicht direkt an der Entdeckung beteiligt war.

Vogt, Butler und ihre Kollegen berichten ausführlich über die Entdeckung des Planeten im Astrophysikalischen Journal.

Der neuentdeckte Planet gesellt sicht zu über 400 anderen außerirdischen Welten, die bisher bekannt sind. Die allermeisten davon sind riesige Gasplaneten, aber es gibt auch einige, die nur ein paar Erdmassen haben.

Sternanziehung

Vergleich der Planetensysteme
Oben: Ein Vergleich des bekannten Planetensystems von Gliese 581 mit unserem Sonnensystem. Gliese 581 hat nur etwa 30 % der Masse unserer Sonne und der äußerste bekannte Planet (Gliese 581f) liegt näher an seinem Heimatstern als die Erde an der Sonne. Der vierte Planet, Gliese 581g, ist ein Planet, der möglicherweise Leben beherbergen könnte. (Abbildung: Zina Deretsky, NSF)
Gliese 581g ist eine von zwei neuentdeckten Welten, die das Team in der Umlaufbahn des roten Zwergsterns aufgespürt hat. Dadurch steigt die Anzahl der Planetenfamilie von Gliese 581 auf sechs. Der andere neuentdeckte Planet, Gliese 581f befindet sich nach Angaben der Forscher außerhalb der Lebenszone.

Der Stern befindet sich in 20 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Waage. Ein Lichtjahr sind rund 10 Billionen Kilometer.

Rote Zwerge sind rund 50 mal Lichtschwächer als unsere eigene Sonne. Weil nun diese Sterne so viel kühler sind, können ihre Planeten sie wesentlich näher umkreisen und dennoch in der Lebenszone liegen.

Schätzungen besagen, daß Gliese 581g nur rund 0,15 Astronomische Einheiten von seinem Stern entfernt ist, wo er eine Umrundung in nur 37 Tagen absolviert. Eine Astronomische Einheit ist die Entfernung Erde-Sonne, die rund 150 Millionen Kilometer beträgt.

Das Planetensystem Gliese 581 könnte in etwa unserem eigenen ähnlich sein, mit immerhin sechs bekannten Welten, die den Stern auf nahezu kreisförmigen Bahnen umrunden.

Mit der Unterstützung von der Nationalen Forschungsstiftung (NSF) und der NASA haben die Wissenschaftler, die Mitglieder des Lick-Carnegie Exoplaneten-Suchprogramms sind, elf Jahre lang Radialgeschwindigkeitsdaten des Sterns gesammelt. Diese Methode analysiert die winzigen Bewegungen des Sterns in unsere Richtung aufgrund der Schwereanziehung von umlaufenden Himmelskörpern. Diese Bewegungen können über den Dopplereffekt, den sie im Licht des Sterns verursachen, nachgewiesen und mit hoher Genauigkeit gemessen werden.

Diese feinen Anziehungskräfte ermöglichen es den Forschern, die Masse des Planeten und seine Umlaufzeit abzuschätzen.

Gliese 581g hat nach den Schätzungen der Forscher eine Masse, die drei- bis viermal der der Erde entspricht. Anhand der Masse und der geschätzten Größe handelt es sich wahrscheinlich um einen felsigen Planeten mit genügend Schwerkraft, um eine Atmosphäre zu halten.

Die Forscher nehmen an, daß der Planet zu seinem Stern rotationsgebunden ist, so daß auf der einen Seite ständig Tageslicht und auf der anderen ewige Nacht herrscht. Diese gebundene Rotation helfe dabei, das Klima auf der Oberfläche zu stabilisieren, meinte Vogt.

"Jede aufstrebende Lebensform hätte abhängig vom Längengrad eine breite Pallette an stabilen Klimen, aus denen sie auswählen und wo sie sich weiterentwickeln kann", erläuterte Vogt weiter und bemerkte, daß Lebensformen, die es heiß mögen, eher zur hellen Seite tendierten, während Lebensformen mit Eisbärmentalität eher die dunkle Seite bevorzugten.

Zwischen glühender Hitze auf der dem Stern zugewandten und Eiseskälte auf der abgewandten Seite könnte die durchschnittliche Temperatur zwischen -31°C und -12 °C liegen, meinten die Forscher.

Sicher?

Welten, von denen man dachte, daß sie lebensfreundlich sind, wurden bereits zuvor entdeckt und später wieder verworfen. Also was macht diesen zu einem Durchbruch?

Es gibt weiterhin die Möglichkeit, daß weitere Beobachtungen auch diesen Planeten verwerfen werden. Aber über die Jahre ist die Methode der Radialgeschwindigkeit viel präziser geworden, wie die Forscher in ihrem Bericht hervorheben.

Weiterhin haben die Forscher weniger der eher unrealistischen Annahmen über den Planeten getroffen, wie ihre Kollegen in der Vergangenheit, meint Seager.

So wurde zum Beispiel bereits von einem anderer Planeten des Systems (Gliese 581c), ebenfalls angenommen, daß er Temperaturen auf seiner Oberfläche habe, die für Leben günstig sein könnten, aber bei den Berechnungen hätten die Forscher eine unrealistische Schätzung über die reflektierte Energiemenge getroffen, meinte Seager. Diese Art von Schätzung sei hier nicht gemacht worden.

Wir sehen diesen hier in erster Linie als die Spitze des Eisbergs an und erwarten noch mehr zu finden", erklärte Seager.

Eine Möglichkeit, um dies Wirklichkeit werden zu lassen, wäre nach Aussage der Forscher der Studie der Bau eines automatisierten Planetensuchteleskops mit einem sechs bis acht Meter durchmessenden Spiegel in jeder Hemisphäre", schrieben sie.

Die Teleskope, oder "Lichteimer", wie sie Seager nennt, wären ausschließlich dazu da, die nahegelegenen Sterne, von denen man glaubt, daß dort erdähnliche Planeten in der lebensfördernde Zone existieren könnten, danach abzusuchen. Als recht günstig erworbenes Ergebnis könnten noch viele weitere möglicherweise lebensfreundliche Planeten aufgespürt werden.

Jenseits der rund 100 erdnächsten Sterne gibt es Milliarden und Abermilliarden von Sternen in der Milchstraße, und damit im Hinterkopf gehen die Wissenschaftler davon aus, daß es Zigmilliarden von möglicherweise lebensfreundlichen Planeten geben muß, die nur darauf warten, entdeckt zu werden.

Rotationsgebundene Planeten wie Gliese 581g, die sich auch noch in der lebensfreundlichen Zone von roten Zwergplaneten befinden, haben eine hohe Wahrscheinlichkeit, Leben zu tragen, nehmen die Forscher an.

Auf der Erde herrschten auch einmal harte klimatische Bedingungen, hoben die Forscher hervor. Und da rote Zwergsterne relativ "unsterblich" sind und Hunderte von Milliarden Jahren existieren können (ein Vielfaches des derzeitigen Alters des Universums), kombiniert mit der Tatsache, daß die Bedingungen auf einem rotationsgebundenen Planet so stabil bleiben, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, daß das Leben Fuß fassen kann und es sich anschließend an diese Bedingungen anpaßt und ausbreitet.

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 5. Oktober MMX