Zurück zur Startseite Astrobiologie
Zurück zur Startseite Zurück zur Astrobiologie-Indexseite
Artikel 9. September 2010
Wie Mikroben dabei helfen könnten, den Mars zu besiedeln
Von der Treibstoffgewinnung bis zur Veränderung der Umwelt vieles denkbar - Wissenschaftler dämpfen jedoch Hoffnung, dass dies sehr schnell realisiert werden könnte

Winzige, felsenfressende Mikroben könnten auf dem Mars wertvolle außerirdische Ressourcen abbauen und den Weg für die ersten menschlichen Siedler ebnen. Man darf nur nicht erwarten, dass sie dazu imstande wären, die Oberfläche des Roten Planeten in kurzer Zeit in eine neue Erde zu verwandeln, sagen Wissenschaftler.

Unter den planetarischen Besiedlern sind die Zyanobakterien mit am Vielversprechendsten. Die uralten Bakterien haben vor mindestens 2,5 Milliarden Jahren geholfen eine bewohnbare Erde mit Sauerstoff herzustellen. Seitdem haben sie praktisch jede mögliche Umgebung besiedelt und sich dabei auf die Photosynthese verlassen, um Sonnenlicht in nutzbare Energie umzuwandeln.

Die Zyanobakterien und andere Mikroben, die Felsen bewohnen, haben ebenfalls bewiesen, dass sie das Hochvakuum des Weltraums an Bord von Einrichtungen wie zum Beispiel der europäischen Plattform BIOPAN und der Plattform EXPOSE der Internationalen Raumstation überleben können. Für die robusten Organismen stellt nur die harsche Weltraumstrahlung in der erdnahen Umlaufbahn ein lebensbedrohendes Problem dar.

Zyanobakterien-Fossilien
Oben: Zyanobakterien-Fossilien, die ca. 850 Millionen Jahre alt sind und aus Bitter Springs in Zentralaustralien stammen. (Photo: J. William Schopf)
"Sie sind ziemlich gut darin, mit extremen Bedingungen klarzukommen", äußerte Charles Cockel, ein Geomikrobiologe an der Universität The Open University in Großbritannien. "Von ihrer Fähigkeit, mit manchen Bedingungen wie zum Beispiel dem Vakuum zurechtzukommen, waren wir allerdings überrascht.

Zum Glück werden Zyanobakterien auf dem Mars nicht ganz so harte Bedingungen ertragen müssen.

Außerirdisches Felsgestein abbauen

Wir bedienen uns bereits der Mikroben, um uns auf der Erde bei der Gewinnung bestimmter Materialien behilflich zu sein, so zum Beispiel über 25 Prozent der weltweiten Kupferversorgung. Die Mikroben könnten auf anderen Planeten einen ähnlichen Zweck erfüllen, um Ressourcen abzubauen, sie könnten dabei helfen Raketentreibstoff einzusparen, der gebraucht wird, um solche Ressourcen von der Erde aus zu starten, und sie könnten möglicherweise dabei helfen, dass eine menschliche Basis stärker selbstversorgend sein könnte, führte Cockel weiter aus.

Er und seine Kollegin, Karen Olsson-Francis, wollten zuerst herausfinden, wie gut die Zyanobakterien mit Gestein umgehen können, wie es auf dem Mond und dem Mars vorkommt. Für eine Studie, die in der August-Ausgabe des englischsprachigen Journals "Planetary and Space Science" genau dargelegt wird, testeten sie verschiedene Arten von Zyanobakterien.

Die Mikrobenart Anabaena Cylindrica trat bei allen verschiedenen Felstypen als klarer Gewinner hervor, auch bei denen mit sowohl hohem als auch niedrigem Kieselerdegehalt. Sie überlebte es sogar bis zu 28 Tage lang den trockenen Bedingungen unter dem Marsszenario ausgesetzt zu sein.

Der Kieselerdegehalt in den Felsen machte bei der Wachstumsrate aller Zyanobakterienarten jedoch einen großen Unterschied. Das Rhyolit-Felsgestein mit seinem höheren Kieselerdegehalt verlangsamte das Wachstum beträchtlich. Der hohe Kieselerdegehalt hemmte auch die Fähigkeit der Mikroben den Felsen abzubauen und nützliche Elemente oder Nährstoffe zu lösen.

Dennoch waren die Mikroben gut darin, Basaltgestein abzubauen, das Vulkangestein auf dem Mond und dem Mars ähnlich ist. Sie waren ebenfalls gut darin, das Mineral Anorthosit (oder auch Plagioklasit) abzubauen, was dem Regolithgestein vom Mond ähnelt. Das lässt darauf schließen, dass Zyanobakterien bei der Ressourcenverwertung auf außerirdischen Oberflächen gut mit Pflanzen zusammenarbeiten könnten.

"Die Menscheit ist so stark mit der mikrobiologischen Welt verwoben, dass es nur logisch ist, dass wir diese Beziehung mit den Mikroben fortführen sollten wenn wir uns in den Weltraum aufmachen", erklärte Cockel. Die Frage ist nur, wie wir sie für den Weltraum am besten optimieren können.

Auf der Oberfläche überleben

Cockel erwähnte in einem Bericht für die August-Ausgabe der englischsprachigen Zeitschrift "Trends in Microbiology" auch andere Wege, wie Mikroben dabei helfen könnten, den Weltraum als neue Grenze zu öffnen.

Manche Mikroben können aus Eisenschwamm in Pyriterz Eisenoxid produzieren. Sie können ebenfalls Schwefelsäure erzeugen, das den Felsen weiter abbaut. Einer Studie von Gronstal und Kollegen aus dem Jahr 2009 zufolge könnte eine Mikrobe, die Säure liebt und Eisen oxidiert, möglicherweise Material von einem Murchison-Meteorit benutzen.

Mikroben könnten sogar bei Mondstaub und Staubstürmen auf dem Mars und der Bedrohung, die von ihnen sowohl für Mensch und Maschine ausgeht, eine Hilfe sein. Eine in 2008 von Liu und Kollegen durchgeführte Studie zeigte, wie die künstliche Besiedelung des Wüstensands der Inneren Mongolei mit Zyanobakterien innerhalb von 15 Tagen eine starke Kruste erzeugte. Dererlei Krusten erwiesen sich als dazu imstande, Winden zu widerstehen, die Geschwindigkeiten von beinahe 10 Metern pro Sekunde erreichten.

Wisschenschaftler haben auch damit begonnen, mit mikrobischen Brennstoffzellen zu experimentieren, die eines Tages dabei helfen könnten, auf der Marsoberfläche aus Kohlendioxid und Wasserstoff Methantreibstoff herzustellen.

Aber keine dieser fantastischen mikrobischen Aktivitäten würde wahrscheinlich unter den Oberflächenbedingungen auf dem Mond oder dem Mars stattfinden, denen sie ausgesetzt wären. "Stattdessen würden die Mikroben ihre Arbeit innerhalb geschützter Bioreaktoren oder ähnlichen Einrichtungen verrichten", erläuterte Cockwell.

"Ich halte es für möglich, sie unter Treibhausbedingungen einzusetzen", sagte Cockwell. Er fügte hinzu, dass manche langsam wachsenden Arten von Zyanobakterien sogar unter optimalen Laborbedingungen Schwierigkeiten hatten.

Die Oberfläche verändern

Terraforming auf dem Mars
Oben: Manchen Stimmen zufolge könnten wir den Mars terraformen, um ihn der Erde ähnlicher zu machen. Dann bräuchte man keine Schutzbehausungen für künftige menschliche Siedler mehr. (Photo: NASA/J. Bell, Cornell Universität, und M. Wolff, SSI)
Es sieht so aus, als ob diese Worte der Warnung der Hoffnung einen Dämpfer verpassen könnten, dass Mikroben die Vorreiter werden könnten, den Mars in ein sattes Grün und einen Blauen Planeten zu verwandeln. Die Wissenschaftler können sich jedoch immer noch vorstellen, wie Mikroben dabei helfen könnten, den Roten Planeten zu terraformen.

Die Menschheit müsste vielleicht erst den Mars in einen Zustand bringen, der vom kanadischen Genetiker und Biophysiker Robert Haynes als "Ecopoiesis" (Ökologieaufbau) bezeichnet wurde. Planetarische Umwandlungstechnologie könnte dabei helfen, die Oberflächentemperatur um 60 Grad Celsius anzuheben, so dass flüssiges Wasser einmal mehr auf der Marsoberfläche existieren kann. Sie könnte auch dabei helfen, die Atmosphäre zu verdichten und die Menge der ultravioletten Strahlung und kosmischen Strahlen zu vermindern, die die Oberfläche erreichen.

Cockwell blieb bei der Wahrscheinlichkeit jedoch zurückhaltend, dass Mikroben den Mars in einer relativ kurzen Zeit für Menschen bewohnbar machen könnten.

"Terraforming ist schwieriger, weil man dabei versucht, die planetarischen Bedingungen in kurzer Zeit zu verändern", hob er hervor. "Auf der Erde hat das hunderte von Millionen von Jahren gedauert."

Das heißt aber nicht, dass die Menschen nicht eine Superart von Mikrobe entwickeln könnte, die es am Ende dazu bringen könnte. Sein Interesse bleibt jedoch auf die praktischere Anwendung des Gewinnens von Ressourcen ausgerichtet und auch darauf, damit weiterzumachen zu testen, wie gut verschiedene Mikroben mit der großen Auswahl an außerirdischen Felsen zurechtkommen.

Eine andere aufregende Möglichkeit könnte sich daraus ergeben, wie gut Mikroben dabei miteinander zusammenarbeiten, um ihre Arbeit zu erledigen.

"Eine Sache, die wir wirklich nicht verstehen, ist, ob wir eine Gemeinschaft von Organismen benutzen können, um den Abbau von den Felsen zu verbessern", sagte Cockwell.

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Joachim Dietlicher


letzte Änderung am 13. September MMX