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Artikel 30. Dezember 2009
Rußland will Asteroiden angreifen, der praktisch keine Gefahr darstellt
Russische Verantwortliche sehen in Asteroid Apophis eine Gefahr für die Erde - aber Wissenschaftler sehen nur noch sehr geringe Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag

Apophis' Entdeckung
Oben: Auf diesem Photo wurde Apophis am 19. Juni 2004 entdeckt. Er soll am 13. April 2036 in knapp 30.000 km Entfernung an der Erde vorbeifliegen. (Photo: UH/IA)
Rußland überlegt ein Raumfahrzeug zu starten, daß in der Lage ist, einen großen Asteroiden zu bewegen, in der Absicht die Erde vor einem Einschlag zu schützen. Aber Experten sagen, daß dieser Weltraumfelsen praktisch keine Gefahr mehr für unseren Planeten darstellt und ihn zu bewegen die Sache eher schlimmer machen könnte.

Der amerikanische Astronom Paul Chodas vom Büro des NASA-Programms für Erdnahe Objekte (NEO) erklärte am Mittwoch, 30. Dezember 2009, daß die Behauptung eines hochrangigen Verantwortlichen der russischen Raumfahrt, daß der Asteroid Apophis definitiv im Jahr 2036 auf die Erde stürzen werde, unzutreffend ist.

"Das ist falsch", sagte Chodas gegenüber Space.com. "Die Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag sinkt."

Anatoly Perminow, der Chef der russischen Bundesraumfahrtbehörde, gab nach Angaben von russischen Nachrichtenmedien heute bekannt, daß seine Behörde heute eine Sondersitzung abhalten werde, um die potentielle Mission zu Apophis zu diskutieren. Perminow sprach mit dem Radiosender "Stimme Rußlands" und meinte, daß Experten aus den Vereinigten Staaten und anderen Nationen und Raumfahrtagenturen sich dem Projekt anschließen könnten, sobald die Details ausgearbeitet seien.

Perminow sagte, er habe von einem Wissenschaftler bezüglich der Gefahr, die von Apophis ausgehe, gehört, der berechnet hatte, daß der Asteroid der Erde näher kommen und "sicher in den 2030er mit der Erde kollidieren" werde, wie die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtet.

Tatsächlich geht man inzwischen davon aus, daß Apophis am 13. April 2036 harmlos an der Erde vorbeifliegen wird und dabei der Erde bis auf 29.540 km nahe kommen wird.

Im Oktober erst hatten Chodas und seine Kollegen vom Strahlantriebslabor (JPL) der NASA im kalifornischen Pasadena bekanntgegeben, daß die Chancen, daß Apophis bei seinem Vorbeiflug die Erde rammen könnte, bei 1:250.000 lägen. Diese Wahrscheinlichkeit habe sich gegenüber früheren Studien, die noch eine 1:45.000-Chance gesehen hatten deutlich verbessert.

Der zweite nahe Vorbeiflug des Asteroiden kommt im Jahr 2068, bei der dem Asteroid eine 1:333.000-Chance gegeben wird, den Planeten zu gefährden.

Chodas meinte gegenüber Space.com, daß Apophis auf lange Sicht ein hohes Einschlagrisiko darstellen werden, so im Zeitraum der nächsten paar Millionen Jahre. Aber ein Raumfahrzeug mit der Absicht auszuschicken, die Umlaufbahn des Asteroiden um die Sonne in naher Zukunft ein wenig zu ändern, wenn er nur ein geringes Risiko darstellt, birgt seine eigenen Gefahren.

"Es gibt die Möglichkeit, daß sich das Einschlagrisiko noch erhöht, wenn während der Mission Fehler auftreten", erläuterte Chodas. "Man könnte die Lage noch verschlimmern."

Eine Erkundungsmission zum Studium Apophis' und um vielleicht auch eine Probe zurückzubringen, könnte eine wichtige Grunjdlage für alle zukünftigen Abwehrmaßnahmen sein, fügte er hinzu. Die Zusammensetzung eines Asteroiden zu kennen könnte eine wichtige Rolle dabei spielen zu entscheiden, wie genau man versuchen will, seinen Kurs abzulenken.

Perminow war nicht auf die jüngsten Einschlagrisikoabschätzungen eingegangen. Ebensowenig führte er aus, wie ein russisches Raumfahrzeug versuchen solle, den Asteroiden zu bewegen. Er bemerkte nur, daß nukleare Waffen dabei keine Rolle spielen würden.

"Keine nuklearen Explosionen [werden gezündet], alles [wird] auf der Basis physikalischer Gesetze [durchgeführt]", zitierte RIA Novosti Perminow. Vergangene Studien haben alles abgewogen, angefangen bei nuklearen Waffen und der Schwerkraft von Raumfahrzeugen, bis hin zu Raketentriebwerken, Robotschwärmen und altmodischer Farbe, um die Erde vor Felsbrocken aus dem All zu schützen.

Don Yeomans, der Leiter des Büros des Programms für Erdnahe Objekte, meinte gegenüber Space.com, daß das Interesse Rußlands in der Abwendung einer möglichen Asteroidenbedrohung allgemein gesprochen ein gutes Zeichen sei.

"Obwohl Apophis ganz sicher kein Problem darstellt, bin ich erfreut darüber, daß die russische Forschergemeinschaft bereit ist, die verschiedenen Methoden der Asteroidenablenkung für den Fall einer zukünftigen Bedrohung der Erde durch einen Asteroiden zu studieren", äußerte Yeomans in einer E-Mail. "Wir haben zwar noch keinen entdeckt, aber es ergibt Sinn Ablenkungsmethoden im voraus zu studieren."

Apophis ist so etwas wie ein Vorzeigekind für das Risiko, das erdnahe Objekte für das Leben auf unserem Planeten darstellen, gerade wegen dem hin und her darüber, wann er uns treffen könnte.

"Seine Umlaufbahn schneidet nahezu die der Erde", erläuterte Chodas.

Am Anfang sahen die Vorausberechnungen eine alarmierende 1:37 Wahrscheinlichkeit, daß er die Erde treffen könnte, was in der Öffentlichkeit sofort Ängste über eine bevorstehende globale Katastrophe schürte. Dies entspricht einer 2,7%-igen Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag irgendwo auf der Erde. Bessere Beobachtungen von Apophis haben es den Astronomen seither ermöglicht, ihre Berechnung der Umlaufbahn zu verbessern und die Hysterie über sein Gefährdungspotential zu dämpfen.

Apophis ist rund 270 Meter lang und insgesamt größer als zwei Fußballfelder. Der Asteroid ist massiv genug, um zu erheblichen Zerstörungen im Einschlaggebiet zu führen, sollte er die Erde treffen. Aber er ist nicht groß genug, um eine globale Katastrophe auszulösen, wie NASA-Wissenschaftler verlauten ließen.

Apophis zu verfolgen wurde zu einer Herausforderung, da seine Umlaufbahn größtenteils innerhalb der der Erde liegt, was es zu manchen Zeiten schwierig macht, ihn aufzufinden. Man erwartet, ihn Ende 2012 bis Anfang 2013 erneut in Beobachtungsreichweite (ca. 14 Millionen km von der Erde) zu sehen.

Die zusätzlichen optischen und Radardaten, die wir dann sammeln, werden fast sicher jede Möglichkeit einer Kollision mit der Erde im April 2036 ausräumen", erklärte Yeomans. "Für mich würde es Sinn ergeben, bis 2013 zu warten, die Umlaufbahn zu verfeinern und erst für den sehr unwahrscheinlichen Fall, daß sich die Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag erhöht, mit der Planung möglicher Ablenkungsmaßnahmen zu beginnen."

Dennoch halten die Verantwortlichen der russischen Raumfahrtbehörde Apophis offenbar für eine erhebliche Bedrohung für das Leben auf der Erde, trotz der niedrigen Wahrscheinlichkeit für einen Einschlag.

RIA Novosti zufolge habe Perminow gesagt: "Die Leben von Menschen stehen auf dem Spiel. Wir sollten besser ein paar hundert Millionen Euro investieren und ein System entwickeln, das eine Kollision verhindert, anstatt einfach nur herumzusitzen und darauf zu warten, daß es passiert und hunderttausende Menschen um's Leben kommen."

Quelle: Space.com
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 6. Januar MMX