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Artikel 10. Juli 2010
ROSETTA triumphiert am Asteroiden Lutetia
Spektakuläre Bilder vom Vorbeiflug - Asteroid stammt vermutlich noch aus der Anfangszeit des Sonnensystems

Lutetia bei größter Annäherung
Oben: Der Asteroid (21) Lutetia, aufgenommen von der Raumsonde ROSETTA bei der größten Annäherung aus knapp 3200 km Entfernung. (Photo: ESA/Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)
Der Asteroid (21) Lutetia ist eine mißgestaltete Welt mit vielen Kratern, wie am 10. Juli 2010 herausgefunden wurde. Die Mission ROSETTA der europäischen Raumfahrtagentur ESA hatte am Abend die ersten Nahaufnahmen des Asteroiden veröffentlicht, die zeigen, daß es sich bei ihm um einen primitiven Überlebenden der turbulenten Geburt des Sonnensystems handelt.

Der Vorbeiflug der einwandfrei funktionierenden Raumsonde war ein spektakulärer Erfolg. Die kürzeste Entfernung war um 18:10 Uhr MESZ (Signalankunftszeit auf der Erde - Ereigniszeit war 17:45 Uhr MESZ) bei einer Entfernung von 3162 km erreicht.

Die Aufnahmen zeigen, daß Lutetia mit vielen Kratern übersät ist und während seiner 4,5 Milliarden Jahre dauernden Existenz viele Einschläge erlebt hat. Als sich ROSETTA näherte, drehte sich eine schüsselförmige Vertiefung, die sich über einen großen Teil des Asteroiden erstreckt, in das Blickfeld. Die Bilder bestätigen, daß es sich bei Lutetia um einen länglichen Himmelskörper mit einer größten Ausdehnung von 130 km handelt.

Die Bilder wurden mit dem OSIRIS-Instrument ROSETTAs gemacht, das aus einer Weitwinkelkamera und einer Kamera mit Teleobjektiv besteht. Bei der größten Annäherung konnten Details mit einer Größe von 60m auf der gesamten Oberfläche von Lutetia aufgelöst werden.

"Ich denke, es ist ein sehr altes Objekt", meinte Holger Sierks vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau, der hauptverantwortliche Wissenschaftler für OSIRIS. "Heute abend haben wir ein Überbleibsel von der Entstehung des Sonnensystems gesehen."

Annäherung
Oben: Eine Sequenz von Aufnahmen, die nacheinander während der Annäherung von ROSETTA an Lutetia geschossen wurden. (Photos: ESA/Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)

Die letzte Sequenz
Oben: Die letzte Sequenz an Photos vor der größten Annäherung. (Photos: ESA/Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)
Vorbeischießen an einem Asteroiden

Bei einer Geschwindigkeit von 15 km/s dauerte der Vorbeiflug von ROSETTA nur eine Minute. Aber die Kameras und anderen Instrumente waren schon seit Stunden in Betrieb, manche sogar schon Tage vor dem Ereignis, und werden auch hinterher weiter Informationen sammeln. Kurz nach dem Vorbeiflug begann ROSETTA mit der Übertragung der Daten zur Erde, wo sie ausgewertet wurden.

Lutetia ist schon seit vielen Jahren ein Rätsel. Bodengebundene Teleskope hatten gezeigt, daß er verwirrende Eigenschaften aufweist. In mancher Hinsicht ähnelt er einem Asteroiden vom Typ C, einem primitiven Körper, der bei der Bildung des Sonnensystems übriggeblieben ist. In anderer erscheint er eher wir ein Typ-M-Asteroid. Diese werden überwiegend mit Eisenmeteoriten in Zusammenhang gebracht, sind für gewöhnlich rötlich und man nimmt an, daß es sich bei ihnen um Bruchstücke viel größerer Objekte handelt.

Die neuen Bilder und die Daten von ROSETTAs anderen Instrumenten werden dabei helfen, ihn einzuordnen, aber noch nicht gleich. Dafür werden kombinierte Informationen benötigt.

Sensoren untersuchen Lutetia

ROSETTA hatte bei dem Vorbeiflug ihr gesamtes Instrumentenpaket im Einsatz, darunter Fernsensorik und Vor-Ort-Messungen. Einige der Nutzlasten auf dem Lander PHILAE waren ebenfalls eingeschaltet worden. Gemeinsam suchten sie nach Hinweisen für eine extrem dünne Atmosphäre, magnetischen Effekten und studierten die Oberflächenzusammesetzung, wie auch die Dichteverteilung des Asteroiden.

Lutetia mit Saturn
Oben: Eine tolle Aufnahme von Lutetia mit dem Ringplaneten Saturn. (Photo: ESA/Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)
Sie versuchten auch für eine Analyse an Bord einige Staubkörner einzufangen, die sich in der Nähe des Asteroiden aufhalten könnten. Die Ergebnisse dieser Instrumente werden mit der Zeit hereinkommen.

Der Vorbeiflug markiert die Erfüllung eines der wissenschaftlichen Hauptziele der Mission. Die Raumsonde wird nun ihren Weg zu ihrem Primärziel, dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko, fortsetzen, den sie im Jahr 2014 erreichen soll. Sie wird dann den Kometen neun Monate lang begleiten, von einem Punkt nahe der Jupiterbahn bis zu seinem sonnennächsten Punkt. Im November 2014 wird ROSETTA PHILAE freigeben, damit dieser auf dem Kometenkern landen kann.

"Wunderbar!" meinte David Southwood, der ESA-Direktor für Wissenschaft und Robotische Exploration. "Dies war ein großer Tag für die Erkundung, ein großer Tag für die europäische Wissenschaft. Diese Uhrwerkpräzision ist ein großartiger Tribut an die Wissenschaftler und Ingenieure in unseren Mitgliedsstaaten, in unserer Industrie und nicht zuletzt bei der ESA selbst. Jetzt geht's weiter auf 2014 und unser Kometen-Rendezvous zu!" Für den Augenblick aber ist die Analyse der Daten vom Lutetia das Hauptaugenmerk der Instrumententeams der ROSETTA-Mission. Nur 24 Stunden zuvor war Lutetia ein entfernter Fremder. Dank ROSETTA ist er nun ein enger Freund geworden.

ROSETTA war am 2. März 2004 auf der Spitze einer Ariane 5 Trägerrakete gestartet worden. In den vergangenensechseinhalb Jahren ist die Sonde dreimal an der Erde und einmal am Mars vorbeigeflogen, um für ihre Reise zum Kometen Tschurjumow-Gerasimenko, den sie im November 2014 erreichen soll, genügend Schwung zu holen. Vor zwei Jahren hatte die Sonde einen Vorbeiflug am Asteroiden Steins absoviert. Neben den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die man dort gewonnen hatte, war das für den Ablauf der Messungen als die Generalprobe für den Vorbeiflug am Asteroiden (21) Lutetia genutzt worden.

Auf Wiedersehen Lutetia
Oben: Auf Wiedersehen, Lutetia! Eine letzte Aufnahme von der Sichel des Asteroiden, während sich die Raumsonde schon von ihm entfernt. (Photo: ESA/Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung)


Quelle: ESA Pressebericht
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 12. Juli MMX