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Artikel 15./20./22. Juli 2010
Senatsausschuss befürwortet NASA-Pläne für bemannte Flüge zu Asteroiden und den Mars
Auch die Möglichkeit einer weitereren Shuttle-Mission darunter - Repräsentantenhaus will dagegen anderen Weg gehen

Start von STS-132
Oben: Beide US-Kongresshäuser haben der Durchführung einer weiteren Shuttle-Mission im Sommer 2011 zugestimmt. (Photo: NASA)
Ein wichtiger US-Senatsausschuß hat am 15. Juli 2010 eine Authorisierungsvorlage genehmigt, die es der NASA erlauben würde, eine weitere Space-Shuttle-Mission durchzuführen, bevor die Flotte außer Dienst gestellt wird, und mit den ehrgeizigen Plänen fortzufahren, Astronauten zu einem Asteroiden und zum Mars zu schicken.

Nach Monaten von Debatten und Kritik hatte der Senatsausschuß für Handel, Wissenschaft und Verkehr die NASA-Authorisierungsvorlage einstimming verabschiedet. Die Vorlage wird nun dem gesamten Senat zur Diskussion vorgelegt.

"Die NASA ist eine Behörde im Übergang. Wir mußten einen harten klaren Blick auf das werfen, was wir von unserer Raumfahrtbehörde in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erwarten", meinte Senator John D. Rockefeller IV von den Demokraten aus dem US-Bundesstaat West Virginia, der dem Senatsausschuß vorsitzt in einer Presseerklärung. "Ich habe meine Ansichten in dieser Sache sehr deutlich gemacht: Die Rolle der NASA kann keine statische sein. Sie muss innovativ sein und in eine neue Richtung gehen."

Die zusätzliche Shuttle-Mission würde in 2011 starten, nachdem zwei weitere derzeit für November 2010 und Februar 2011 geplante Shuttle-Flüge absolviert wurden.

Weiterhin weist diese Authorisierungsvorlage die NASA an, sofort mit der Entwicklung einer riesigen Schwerlastträgerrakete zu beginnen, die unbedingt benötigt würde, um bemannte Missionen zu einem Asteroiden oder zum Mars durchzuführen, anstatt bis 2015 damit zu warten, wie es US-Präsident Obama Anfang des Jahres vorgeschlagen hatte.

Die Vorlage würde auch die Entwicklung von Raumfahrzeugen für Missionen in's tiefe All ab 2016 statt ab 2025, wie es Obama vorgesehen hatte, fördern.

Sie erlaubt zusätzlich, den Betrieb der Internationalen Raumstation mindestens bis zum Jahr 2020 hinaus fortzusetzen, wie bereits von Obama vorgeschlagen.

Weiterer Shuttle-Flug, neue Raumfahrzeuge

Die neue Ausrichtung der NASA war das Thema vieler Debatten, wobei einige Kritik laut wurde, die eine Verlängerung des Space-Shuttle-Programms forderte. Das Programm soll im nächsten Jahr beendet werden. Ursprünglichsollte es vom Constellation-Programm der NASA ersetzt werden, mit dem man zum Mond zurückkehren wollte, aber Obama's neuer Plan sieht eine Beendigung von Constellation vor, oder es mit einer stärker vom Shuttle abgeleiteten Alternativen zu ersetzen.

"Für viele Monate hat dieser Ausschuß auf einer von beiden Parteien getragenen Basis gearbeitet, um eine starke und nach vorne gerichtete Reauthorisierungsvorlage für die NASA zu entwickeln", erklärte Rockefeller. "Während dieses Prozesses haben wir, denke ich, einen sensiblen Mittelweg gefunden. Die Vorlage bietet der NASA einen, wie ich ihn nenne, 'dritten Weg'."

Die Vorlage sei mehr oder weniger ein Kompromiß zwischen den Plänen Obamas und seiner Kritiker, erläuterte der Ausschuß weiter.

"Es war ein langer Weg, um bis zu diesem Punkt zu gelangen", meinte Ausschußmitglied Kay Bailey Hutchison, Senatorin der Republikaner aus Texas, die diese Vorlage mit unterstützte, in einer Mitteilung. "Wir haben vor vier Monaten mit dem neuen Vorschlag des Präsidenten für die NASA begonnen, von dem ich glaube, daß er die Ära der US-Dominanz in der Exploration des Weltraums beendet, die Nutzung der Internationalen Raumstation gefährdet und die bemannte Raumfahrt auf's Spiel gesetzt hätte. Die Gesetzesvorlage, die wir heute bewilligt haben, repräsentiert ein starkes Gleichgewicht zwischen der Notwendigkeit, in neue Technologien zu investieren, und der fortgesetzten Weiterentwicklung des kommerziellen Marktes, der eine wachsende Rolle in der Unterstützung unserer Anstrengungen in der niedrigen Erdumlaufbahn übernehmen will."

Die Authorisierungsvorlage macht den Weg frei für eine weitere Raumfährenmission, die es der NASA ermöglichte, mit den Vorbereitungen mehr lebenswichtige Versorgungsgüter und Ersatzteile zur Internationalen Raumstation zu starten, um die Lager für die kommenden Jahre ohne die Raumflugzeugflotte zu füllen.

Die nächsten beiden Raumfährenflüge werden ebenfalls beim Abschluß des Aufbaus der ISS helfen. Der zusätzliche Shuttle-Flug, wahrscheinlich mit der Raumfähre ATLANTIS, würde von einer vierköpfigen Astronautenbesatzung im Sommer 2011 durchgeführt werden können, wie Verantwortliche der NASA erklärt hatten.

Die Raumfähren der NASA sind die einzigen Raumfahrzeuge, die derzeit in der Lage sind, große Experimente und Ersatzteile zur Raumstation zu transportieren. Sobald sie außer Dienst gestellt werden, plant die Raumfahrtbehörde, russische Raumfahrzeuge für den Transport von Besatzungen und Fracht zum Orbitallabor einzusetzen, bis die amerikanischen kommerziellen Raumfahrzeuge zur Verfügung stehen.

ARES 5
Oben: Eine neue Schwerlastrakete der NASA, die nach dem Willen des US-Kongresses noch in diesem Jahrzehnt entwickelt werden soll, könnte auf der ursprünglich geplanten ARES 5 aufbauen. Die ARES 5 sollte in hohem Maße Shuttle-Technologie wie den Außentank und die Startraketen nutzen. (Abbildung: NASA)
Obama hat auch die Beendigung des Constellation- Programms der NASA gefordert, das neue Trägerraketen und Raumfahrzeuge für die Rückkehr von Astronaten zum Mond entwickeln sollte. Stattdessen schlug er das ehrgeizige Ziel vor, Astronauten um 2025 herum zu einem Asteroiden zu schicken und später, in den 2030ern auch zum Mars. Der Schlüssel dafür sei, sich auf die Entwicklung neuer Raumfahrttechnologien zu konzentrieren, betonte er.

"Kurz: diese Vorlage stellt eine Entwurf dar, wie das Raumfahrtprogramm unserer Nation in einer klugen und haushaltsmäßig verantwortungsvollen Weise vorangebracht werden kann, und auch in einer Weise, die Amerikas Führung im Bereich Raumfahrt, Exploration, Wissenschaft und Aeronautik beibehält", meinte Rockefeller.

Förderung der kommerziellen Raumfahrt

Die NASA-Authorisierungsvorlage stimmt im Großen und Ganzen mit dem Explorationsplan von US-Präsident Obama vom Februar überein, weicht aber in einigen Punkten davon ab.

Obamas Raumfahrtvision sieht einen NASA-Haushalt von $19 Milliarden für das Jahr 2011 vor (eine leichte Erhöhung gegenüber 2010). Sie sieht auch eine Förderung von $6 Milliarden im Zeitraum von fünf Jahren (mit $3,3 Milliarden in den ersten drei Jahren) für die Entwicklung kommerzieller Raumfahrzeuge vor, die in der Lage sind, Astronauten in's All zu befördern, nachdem die Raumfährenflotte im nächsten Jahr außer Dienst gestellt wird.

Laut einer Mitteilung von Ausschußmitglied Senator Bill Nelson aus Florida sei am Donnerstag beschlossen worden, daß die NASA-Authorisierungsvorlage $1,6 Milliarden für die Förderung kommerzieller Raumfahrzeuge über die nächsten drei Jahre vorsehen würde. Der Demokrat Nelson, der dem Senatsunterausschuß für Raumfahrt vorsitzt, repräsentiert den Staat, der die Heimat der Starteinrichtung für die Raumfähren der NASA ist.

"Das Ziel war, die US-Führungsrolle in der Exploration des Weltraums zu erhalten und so viel Talent der Raketenindustrie wie möglich in Arbeitsverhältnissen zu halten", erklärte Nelson.

Fürsprecher der kommerziellen Raumfahrt, wie die Space-Frontier-Stiftung, habendie neue Vorlage kritisiert, weil sie die Förderung für die Entwicklung privater Raumfahrzeuge verringert.

Die Stiftung sucht nun dringend um Unterstützung für einen Änderungsantrag, der von Senator Mark Warner aus Virginia vorgelegt wurde. Dieser sieht zusätzliche $2,1 Milliarden über die nächsten drei Jahre für die Förderung kommerzieller bemannter Raumfahrt vor um sicherzustellen, daß diese in der Weise gefördert wird, wie es von Obama beantragt wurde.

Repräsentantenhaus geht eigenen Weg

Derweil wird im Wissenschaftsausschuß des US-Repräsentantenhauses ein anderer Entwurf vorbereitet, der keine weitere Space-Shuttle-Mission vorsieht und so den Kompromiß zwischen dem Senat und dem Weißen Haus unterminiert.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, daß die NASA ihr Explorationsprogramm restrukturiert und bis Ende 2015 ein regierungseigenes Transportsystem für US-Astronauten entwickelt.

Der Ausschuß veröffentlichte eine frühe Version seiner NASA-Authorisierungsverordnung von 2010 am späten Abend des 19. Juli im Internet. Der Wissenschaftsausschuß des US-Repräsentantenhauses hatte am 22. Juli eine Änderungsanhörung zur Gesetzesvorlage abgehalten.

Der Ausschuß, der vom Abgeordneten Bart Gordon aus Tennessee geleitet wird, will die NASA anweisen, auf den $9 Milliarden, die bereits in das Constellation-Programm investiert wurden, aufzubauen.

"In einer Umgebung beschnittener Haushälter macht es der verantwortungsvolle Umgang mit Steuergeldern erforderlich, daß das Explorationsprogramm der NASA auf eine Weise ausgeführt wird, die auf den Investitionen, die in ORION, ARES 1 und dem Schwerlastträgerprojekt getätigt wurden, aufbauen", erläutert der Vorlagenentwurf.

Der Entwurf sieht auch vor, daß die NASA noch bis zum Ende des Jahrzehnts eine Schwerlastträgerrakete entwickelt.

Die politischen Richtlinien von Weißem Haus, Senat und Repräsentantenhaus sehen alle ein NASA-Budget von rund $19 Milliarden für das Haushaltsjahr 2011 vor, aber da enden die Ähnlichkeiten auch schon.

Der Gesetzesentwurf des Repräsentantenhauses geht weiter als die Authorisierungsvorlage des Senats, die von der Obama-Regierung vorgeschlagene Überholung des bemannten Raumfahrtprogramms der NASA abzuändern.

Die Senatsvorlage war als Kompromiß mit dem Weißen Haus angesetzt. Ein Sprecher der US-Regierung erklärte, daß die Senatsvorlage einen "wichtigen ersten Schritt" im Haushaltsgenehmigungsprozess für die NASA darstellt.

Während der Kompromiß der Senatsvorlage die vom Weißen Haus vorgeschlagenen $3,3 Millarden Dollar für die Förderung der Entwicklung bemannter kommerzieller Raumfahrtkonzepte in den nächsten drei Jahren auf zumindest $1,6 Milliarden reduzieren will, sieht die Vorlage des Repräsentantenhauses eine Reduzierung auf nurmehr $150 Millionen für den selben Zeitraum vor.

Auch anders als die Senatsvorlage authorisiert der Entwurf des Hauses auch keine weitere Space-Shuttle-Mission, um die ISS mit Vorräten aufzustocken.

Die Authorisationsvorlagen des US-Kongresses sind nur ein erster Schritt im Haushaltsgenehmigungsprozess. Die Genehmigungsausschüsse von jedem Verfassungsorgan müssen Vorlagen verfassen, die die Finanzierung der Regierungsbehörden bereitstellen.

Die Differenzen in den Vorlagen des Senats und des Repräsentantenhauses müssen nun zunächst ausgeräumt werden, bevor sie auf den Schreibtisch des US-Präsidenten landen.

Ein erster Schritt wurde mit der Annahme eines Änderungsantrages durch die Abgeordnete Suzanne Kosmas aus Florida am 22. Juli im Wissenschaftsausschuß des Repräsentantenhauses gemacht, der wie die Senatsvorlage die Durchführung eines weiteren Shuttle-Fluges im Sommer 2011 fordert.

Ein weiterer Änderungsantrag von Kosmas, die Förderung der Entwicklung kommerzieller bemannter Raumfahrzeuge zu erhöhen, wurde dagegen nicht angenommen.

Quelle: Space.com, 15. Juli 2010
Quelle: Spaceflight Now, 22. Juli 2010

Quelle: Spaceflight Now, 20. Juli 2010
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 27. Juli MMX