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Artikel 30. August 2002
Der nächste große Schritt nach vorne
China bereitet unbemannte Schendschu 4 zum Start vor - erster bemannter Flug im nächsten Jahr erwartet

Schendschu

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Oben: Eine Darstellung von Schendschu 4 in der Umlaufbahn. (Abbildung: Space.com)
Während China den vierten unbemannten Start eines Schendschu Raumkapsel vorbereitet, spekulieren westliche Beobachter weiter über den Zeitplan, die Missionsparameter und die Besatzung des ersten bemannten chinesischen Raumfahrzeuges, dessen Start für nächstes Jahr vorgesehen ist.

Zur Zeit geht man davon aus, daß ein Dutzend, oder mehr, Schendschu-Piloten intensiv für das Vorhaben ausgebildet und nach ihrer Eignung beurteilt werden.

Wärend noch immer über die Details geschwiegen wird, legen chinesische Raumfahrtverantwortliche dennoch bereits die Grundzüge einer ausgedehnten bemannten Raumfahrtkampagne dar, die sogar den Aufbau einer eigenen Raumstation beinhaltet.

Der jetzt anstehende Testflug wird es China ermöglichen, die dritte Nation zu werden, die die Kapazität zum Start bemannter Raumfahrzeuge besitzt. Die frühere Sowjetunion hatte ihren ersten Kosmonauten 1961 in's All geschossen, gefolgt von den Vereinigten Staaten, die den ersten Astronauten 1962 in die Umlaufbahn gebracht hatten.

Weiter vorwärts

Zur Zeit wird die unbemannte Schendschu 4, zusammen mit ihrer Trägerrakete Langer Marsch 2F, am Satelliten Startzentrum Dschiuquan in der chinesischen Provinz Gansu zum Start vorbereitet. Nach Angaben des staatlichen Nachrichtendienstes könnte der Start in diesem September stattfinden.

Schang Kingwei, Präsident der chinesischen Gesellschaft für Raumfahrtwissenschft und -technologie (CASC) erklärte dazu, "daß wir die Entwicklung der Schendschu 4 und ihrer Trägerrakete, die wir in den verbleibenden Monaten des Jahres zu starten gedenken, intensiviert haben." Die Firma mit Sitz in Peking ist in hohem Maße an den chinesischen Raumfahrtanstrengungen beteiligt.

CASC hat etwa 230.000 Angestellte, wovon etwa 30% Techniker, Ingenieure und Wissenschaftler sind; 40.000 sind Professoren und leitende Ingenieure, laut des Zentrums für Studien zur Nichtverbreitung von Atomwaffen am Monterey Institut für internationale Studien, Kalifornien.

Andere Quellen von innerhalb des chinesischen Raumfahrtprogramms hatten allerdings auch ausgesagt, daß die nächste Schendschu Mission nicht vor Anfang nächsten Jahres durchgeführt werden soll. Chinas Nachrichtenagentur Xinhua, zum Beispiel, bemerkte am 22. August, daß ein Termin für den Start von Schendschu 4 festgesetzt worden sei. Die Nachrichtenorganisation zitierte einen nicht genannten "Experten", der meinte, daß das Fahrzeug spätestens am 10. Januar fliegen solle.

Xinhua berichtete auch, daß CASC's Schang gesagt habe, China würde die Entwicklung in den Bereichen Andockmanöver von Raumfahrzeugen, Raumlabore und Weltraumerkundung weiter vorantreibe.

Und weiter erklärte Schang, daß seine Organisation die Entwicklung einer neuen Familie von Startfahrzeugen beschleunige, die noch vor 2005 erstmals starten solle.

Zwei- oder dreiköpfige Besatzung?

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Oben: Schendschu 4 im Abfertigungsgebäude zur Vorbereitung von chinesischen Raumflügen. (Photo: Space.com)
Abhängig vom Erfolg der Schendschu 4 ist es wahrscheinlich, daß China schon im nächsten Jahr seine erste Besatzung in die Umlaufbahn starten wird.

"Wann immer Schendschu 4 starten sollte, von einem größeren Fehlschlag mal abgesehen, erwarte ich, daß Schendschu 5 die erste chinesische Besatzung transportieren wird," berichtet der Raumfahrtexperte Phillip Clark, Vorsitzender der Molnija Raumfahrtberatung aus Großbritannien.

"Die einzig wirklich bedeutsame Frage ist, ob nun zwei oder drei Personen an Bord sein werden," meint Clark.

Die erste von Piloten gesteuerte Mission wird voraussichtlich in den ersten sechs Monaten des nächsten Jahres durchgeführt werden, denkt er. Die Chinesen haben bereits angekündigt, daß die Namen der ersten Raumfahrer kurz vor dem Start der Schendschu 5 bekannt gegeben werden, vorausgesetzt, daß sie dann an Bord gehen werden.

Zukunftsaussichten

Ein Rätsel ist noch, was nun mit dem Orbitalmodul von Schendschu 3 ist, das noch immer die Erde umkreist.

Das Raumfahrzeugsegment bewegt sich nun seit mehreren Monaten in der Umlaufbahn und hat zu verschiedenen Gelegenheiten Bahnmanöver ausgeführt. Während das Wiedereintrittsmodul am 1. April am Fallschirm zur Erde zurückkehrte, hatte man es im All zurückgelassen.

Eine Möglichkeit ist, daß die Schendschu 4 ein Rendezvous mit dem Orbitalmodul ihres Vorgängers ausführen soll.

"Es sieht so aus, als ob das Schendschu 3 Orbitalmodul im September genau in der richtigen 31-Umlaufwiederholungshöhe befindet, aber die Frage ist, ob dann auch Schendschu 4 bereit zum Flug ist," erklärt Clark.

Landung

von Schendschu 3
Oben: Das Wiedereintrittsmodul von Schendschu 3 kurz nach der Landung in der Gobi. Mit Schendschu 4 könnte auch die Möglichkeit einer Wasserung im Pazifik erbrobt werden. (Photo: Space.com)
Er fügt hinzu, daß es bereits vorher in diesem Jahr einen Bericht gab, daß die nächste Schendschu Kapsel ihren Flug mit einer Meereswasserung beenden werde, wahrscheinlich im Pazifik. "Dies würde beweisen, daß das Wiedereintrittsmodul als Alternative auch eine Landung im Wasser überstehen könnte, obwohl eine Landung auf Terra firma wohl die bevorzugte Landemethode sein wird."

In die Zukunft blickend denkt Clark, daß es möglich ist, daß mehrere bemannte Schendschu Missionen pro Jahr in den Weltraum aufbrechen könnten. Möglicherweise könnte schon 2004 ein Andocken zwischen Schendschu 7 und 8 auf dem Programm stehen.

Wie es auch sei, ein Punkt, der die Bemühungen bremst, ist die Notwendigkeit einer größere Startrakte. Mit einem Schwerlastträger wäre es möglich, ein kleines Laboratorium zu starten, das dann von von chinesischen Besatzungen besucht werden kann.

Geduldiges Warten

Ein weitere Beobachter der chinesischen Raumfahrt hat eine etwas andere Sicht der Dinge.

Charles Vick, Chef der Abteilung für Weltraumpolitik der Vereinigung amerikanischer Wissenschaftler in Washington, D.C. denkt, daß ein Rendezvous Versuch nicht auf dem Programm des Schendschu 4 Fluges steht.

"Ich denke zwar, daß ein nahes Rendezvous mit dem Schendschu 3 Orbitalmodul durchaus möglich ist, aber die augenblicklichen Anzeichen deuten eher auf das gegenteil hin," meint Vick. Er glaubt, daß China einen eher konservativeren Weg zum ersten bemannten Flugversuch mit der Schendschu 5 im nächsten Jahr einschlagen wird.

"Kleine Schritte zu machen gebietet an dieser Stelle die Regel der Sicherheit," fügt er hinzu, um in größtmöglichem Maße sicherzustellen, daß der erste bemannte Flug ein Erfolg wird.

"Abhängig davon, was sie mit diesem möglicherweise letzten unbemannten Flug anstellen werden, könnte die Schendschu 4 Mission in der Tat das Vorspiel zu Chinas erstem bemannten Flug mit der Schendschu 5 im Frühjahr 2003 sein."

"In der abschließenden Analyse hängt dies aber unbedingt von den Testresultaten des anstehenden Fluges ab, der genauso gut unvorhersehbare Probleme offenlegen könnte, die zu einer Änderung der Flugplanung zwingen. Ich warte daher geduldig diesen Testflug ab, der ja früher oder später kommen muß."

Alles nur wegen des Prestiges

"Chinas bemanntes Weltraumprogramm ist wie Chinas Wunsch, die olympischen Spiele auszurichten - alles nur wegen des Prestiges," mein Phillip Saunders, der Direktor des ostasiatischen Programms zur Nichtverbreitung von Atomwaffen am Zentrum für Studien zur Nichtverbreitung von Atomwaffen. Das Zentrum befindet sich am Institut für internationale Studien in Monterey, Kalifornien.

"Die USA und Rußland sind die einzigen Staaten mit einem unabhängigen bemannten Raumfahrtprogramm. Für China ist der Beitritt in diesem Club, ein Symbol dafür, daß sie nun zur selben Liga gehören. Das ist der Hauptgrund für die chinesische Regierung,in das bemannte Raumfahrtprogramm zu investieren. Es führt auch dazu, daß China das Ausmaß und die Wichtigkeit der russischen Hilfe am chinesischen Raumfahrtprogramm herunterzuspielen.

Saunders meint, daß aus der Sicht des Zentrums China ein besonderes Interesse am Einfluß des bemannten Raumfahrtprogramms auf seine Anstrengungen, sich im strategischen Bereich zu modernisieren und auf die möglichen militärischischen Anwendungen im Weltraum hat.

Obwohl das bemannte Programm mehr Resourcen aus dem gesamten chinesischen Raumfahrtprogramm zieht, zweigt es auch Resourcen und spärliche technische Talente aus bereichen mit direkter militärischer Anwendung ab.

Denn während China sicherlich Können und Technologien aus dem bemannten Raumfahrtprogramm lernen kann, wie z. B. verbesserte Manövrier-, Steuerungs- und Bahnverfolgungsfähigkeiten, kann dies im Gegenzug aber auch die Anstrengungen zur Modernisierung der strategischen Raketen und zur Entwicklung einer möglichen Weltraumkriegsführungsfähigkeit abbremsen.

Quelle: Space.com


letzte Änderung am 1. September MMII