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Artikel 10. Juni 2010
Südkoreanische Rakete offenbar nach dem Start explodiert
Bereits zweiter Fehlstart von koreanischer Trägerrakete KSLV - Fehlerursache noch in der Untersuchung

KSLV auf der Startrampe
Oben: Die koreanische Trägerrakete KSLV auf der Startrampe. (Photo: KARI)
Eine halb russische, halb koreanische Rakete ist wahrscheinlich wenige Minuten nach ihrem Start am Donnerstag explodiert und hat Südkoreas €330 Millionen teurem Satellitenträgerraketenprogramm einen zweiten empfindlichen Schlag versetzt.

Die Korea-Weltraumträgerrakete KSLV 1 hatte um 10:01 Uhr MESZ vom Raumfahrtzentrum Naro abgehoben. Die Rakete flog eine halbe Minute später durch eine nahezu transparente Wolkendecke.

Echtzeit-Video vom Raumfahrtzentrum zeigte keine Anzeichen für irgendwelche Probleme während der ersten Phase des Starts, aber Verantwortliche vom koreanischen Forschungsinstitut für Luft- und Raumfahrt (KARI) erklärten, sie hätten den Kontakt mit der Rakete 137 Sekunden nach dem Abheben verloren.

Zu diesem Zeitpunkt sollte die Rakete in einer Höhe zwischen 64 und 80 km mit dem Schub einer in Rußland von Chrunitschew, dem Vertragspartner, der auch für das Arbeitspferd Proton verantwortlich ist, gebauten ersten Stufe fliegen.

Einige koreanische Nachrichtenberichte besagen, daß die Rakete explodiert und abgestürzt zu sein scheint, als die Flugleittechniker den Kontakt mit dem Fluggerät verloren.

Nahezu 1670 Kilonewton Schub von dem in Rußland gebauten RD-151 Triebwerk der ersten Stufe sollten die knapp 33 Meter hohe Rakete in weniger als vier Minuten in bis zu 160 km Höhe über der Chinesischen See tragen. Die Nasenkappe der KSLV sollte 215 Sekunden nach dem Start abgesprengt werden.

Chrunitschew hat die mit Kerosin befeuerte erste Stufe gebaut und im Rahmen eines Vertrages mit der KARI von 2004 ihre Erfahrung beim Bau der Startrampe und des Leitzentrums in Naro beigesteuert.

Nachdem sie sich von der ersten Stufe getrennt hatte, sollte die koreanische zweite Stufe zunächst drei Minuten lang treiben, bevor ihr Feststoffmotor für 58 Sekunden feuerte, um die 100 kg schwere Nutzlast in die Erdumlaufbahn einzuschießen.

STSAT
Oben: Der koreanische Satellit STSAT sollte von der KSLV in die Erdumlaufbahn befördert werden. (Abbildung: KARI)
Bei dem Start sollte der Satellit STSAT mit Instrumenten zur Erdbeobachtung und einem Laserreflektor zur Bahnverfolgung des Satelliten in's All getragen werden. Nach Angaben der KARI sollte die Rakete eine Erdumlaufbahn mit einer Höhe zwischen 300 und 1500 km erreichen.

Die Rakete trägt den Spitznamen Naro 1 nach dem Startplatz.

Südkorea hat umgerechnet mehr als €330 Millionen in das Naro Raketenprojekt investiert.

Der Flug war bereits um einen Tag verschoben worden, nachdem beim Countdown am Mittwoch sich das Feuerlöschsystem der Startrampe unerwartet in Betrieb setzte.

Es war der zweite Start einer KSLV von dem neuen Raumfahrtzentrum aus, das sich rund 500 km südlich von der Hauptstadt Seoul in der Province Südjeolla nahe der Südwestspitze der koreanischen Halbinsel befindet.

Der Erstflug der NARO im August 2009 erreichte nicht die Erdumlaufbahn, weil die Hälfte der Nutzlastkappe noch an der Rakete festhing, als sie abfallen sollte. Die Trägerrakete mußte also diese Zusatzmasse mit in's All schleppen, wodurch er den geplanten Orbit nicht erreichen konnte.

Die Ingenieure lösten das Problem und begannen mit den Vorbereitungen für eine zweiten Start in Naro in diesem Frühjahr.

Wenn der Start erfolgreich gewesen wäre, hätte er Südkorea in die kurze Liste der acht Länder plus Europa gebracht, die ihre eigenen Trägerraketen betreiben.

Der Flug war außerdem ein Test für die russische erste Stufe, die ähnlich der ist, die auch die Trägerraketen vom Typ ANGARA ab 2012 von russischen Startrampen antreiben soll.

Rußland entwickelt die ANGARA Trägerraketenfamilie, um die PROTON und kleinere Trägerraketen im Arsenal des Landes zu ersetzen. Die Entwickler planen, bis zu fünf universelle Erststufen zu bündeln, um die ANGARA an die vielfältige Bandbreite der Nutzlasten anzupassen.

NARO 1
Oben: Die NARO 1 wird für den Start auf der Startrampe aufgerichtet. (Photo: Chruinitschew)
Hauptvertragspartner für die Angara ist die Firma Chrunitschew.

Südkorea erklärte, daß es eine noch größere Rakete entwickeln wolle, um bis zu 1500 kg in eine sonnensynchrone Umlaufbahn zu schießen, die bereits gut mit Erdbeobachtungssatelliten bevölkert ist. Verantwortliche wollen auch einheimische Technik einsetzen, um das Ziel bis zum Jahr 2020 zu erreichen.

Die staatliche Nachrichtenagentur von Nordkorea hat bislang noch keine offizielle Stellungnahme zu dem Start herausgegeben. Vor dem Startversuch im letzten Jahr hatte Nordkorea die gedämpfte internationale Reaktion auf den Ausflug des Südens in's All kritisiert.

Wegen eines offenbaren Satellitenstartversuches im Jahr 2009 war Nordkorea von der internationalen Gemeinschaft schwer gerügt worden. Man warf dem Land vor, daß der Start nur ein verdeckter Test einer ballistischen Langstreckenrakete gewesen sei.

Derzeit sind die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel sehr hoch, seit im März ein Schiff der südkoreanischen Marine versenkt wurde, bei dem 46 Seeleute um's Leben kamen. Eine südkoreanische Untersuchungskommission war zu dem Schluß gekommen, daß das Schiff aus dem Norden torpediert worden sei.

Quelle: Spaceflight Now
Bearbeitet von: Matthias Pätzold


letzte Änderung am 12. Juni MMX